SPD vor nächster „Zeitenwende“? Klingbeil deutet Bruch mit China an

Sollte das KP-Regime in China „Grenzen überschreiten“, müsse man zu einem Bruch wie mit Russland bereit sein. Dies äußerte SPD-Chef Lars Klingbeil.
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Will notfalls einen Bruch mit China: SPD-Chef Lars Klingbeil.Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Von 13. Januar 2023


Die Ampelkoalition wünscht sich ein Deutschland, das auf internationaler Ebene stärker seine Muskeln spielen lässt. Nach dem Bruch mit Russland kommt das Land zwar durch Inflation und BIP-Rückgang geschwächt, aber ohne existenzielle Nöte durch den Winter. Für SPD-Chef Lars Klingbeil ein Anlass, gleich über die nächste potenzielle „Zeitenwende“ nachzudenken. Deutschland, so Klingbeil, könnte „gezwungen sein, mit China einen ähnlichen Bruch zu vollziehen wie mit Russland“.

Im Fall eines Angriffs auf Taiwan werde sich auch die Beziehung zu China „fundamental ändern, so wie das jetzt mit Russland der Fall ist“. Gegenüber der „Zeit“ äußerte Klingbeil:

Wir müssen uns bewusst machen, dass morgen, übermorgen oder in zehn Jahren der Zeitpunkt kommen kann, an dem China Grenzen überschreitet.“

Klingbeil will Abhängigkeit von China durch „strategisches Denken“ entgegenwirken

Die „große Lehre aus unserem Verhältnis zu Russland“ sei auch, von China unabhängiger zu werden. Dazu müsse man andere Märkte erschließen und andere Partner für den Handel mit Rohstoffen finden.

Generell fehle ihm „strategisches Denken in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik“, so der SPD-Chef. Dies habe die „verfehlte Russland-Politik der vergangenen Jahre“ deutlich gemacht. „Wir müssen unsere außen- und sicherheitspolitische Kompetenz erweitern, wenn wir international eine Rolle spielen wollen“, meint Klingbeil.

Dafür müsse es einen festen Ort geben, ähnlich dem Nationalen Sicherheitsrat in den USA:

Wie man das am Ende nennt, sei dahingestellt.“

Hofreiter bringt mögliche Hungerblockade ins Spiel

Der grüne Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter will demgegenüber gleich „mit dem Colt auf dem Tisch“ verhandeln. Im Dezember brachte er sogar Hungerblockaden als mögliche geopolitische Optionen ins Spiel.

Bei einer Veranstaltung von Berlinlounge und der „Berliner Zeitung“ drängte der Vorsitzende des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union im Bundestag auf eine Aufnahme der Ukraine. Dies würde auch das europäische Druckpotenzial auf internationaler Ebene erhöhen.

Ohne China beim Namen zu nennen, warf er in die Debatte ein:

Wenn uns ein Land Seltene Erden vorenthalten würde, könnten wir entgegnen: ‚Was wollt ihr eigentlich essen?‘“

Die Antwort lieferte er gleich selbst mit: Ohne Seltene Erden käme man ein paar Wochen aus, ohne Nahrung nicht. China sei „einer der größten Exporteure Seltener Erden, die Ukraine einer der größten Weizenexporteure der Welt“.

China ist der weltweit größte Importeur von Agrarrohstoffen. Vor allem den Eigenbedarf an Sojabohnen, Mais und Weizen muss das Land in hohem Maße durch Importe decken. Im Jahr 2021 importierte China landwirtschaftliche Erzeugnisse im Wert von 219,8 Milliarden US-Dollar – ein Plus von 28,7 Prozent gegenüber dem Jahr davor. Ein Faktor dafür war eine schwache Erntesaison.

Die Europäische Union ist derzeit Chinas größter Nahrungsmittellieferant, gefolgt von den Vereinigten Staaten, Neuseeland, Indonesien und Kanada. Allerdings scheint das KP-Regime potenzielle Vorstöße wie jenen von Hofreiter teilweise zu antizipieren. Ende des Jahres 2021 haben die Zollbehörden die Einfuhrbestimmungen für bestimmte Warengruppen verschärft.

Deutsche Konzerne zögerlich beim Deinvestieren

Während Kritiker des chinesischen KP-Regimes Überlegungen begrüßen, Beziehungen zu Peking zu überdenken, bleiben Zweifel. Nicht nur die im internationalen Vergleich hartnäckige Neigung deutscher Großkonzerne, in China investiert zu bleiben, könnte zu Irritationen führen. Beobachter der Entwicklung der vergangenen Jahre zweifeln zudem daran, dass Deutschland die realen Möglichkeiten hätte, China unter Druck zu setzen.

Es spricht vieles dafür, dass gerade die Konfrontationspolitik und der spätere Bruch mit Russland Chinas Position weltweit gestärkt haben. Russland muss seine verlorenen Handelsbeziehungen zum Westen ersetzen – und Chinas KP-Regime bringt sich als neuer Partner ins Spiel.

Gleichzeitig will Europa noch schneller aus fossilen Energieträgern aussteigen, um nicht mehr von Russland abhängig zu sein. Dies liefert die EU-Länder allerdings in noch stärkerem Maße China aus. Immerhin hat das KP-Regime nicht nur die Kontrolle über einen Großteil der Seltenen Erden, China ist auch Weltmarktführer bei Ersatzteilen und Komponenten für Windräder und Solarpanels.

Werteorientierte Außenpolitik „Wir gegen alle“ schwächt nicht China – sondern Europa

Erschwerend kommt dazu, dass das KP-Regime – wie auch einige andere Länder – seinen Einfluss in Zentralasien und Afrika auf Kosten der Europäer ausgebaut hat. Das „Belt-and-Road“-Projekt hat dem KP-Regime über seine Schuldenstrategie den Zugriff auf zahlreiche Häfen und Eisenbahnlinien gesichert.

Mittlerweile deutet sich sogar eine verstärkte militärische Machtprojektion in den neu gewonnenen Einflussbereichen an. In Dschibuti unterhält China bereits offiziell einen Militärstützpunkt im Ausland, mit Kambodscha und Äquatorial-Guinea laufen Gespräche über weitere.

Demgegenüber gehen immer mehr afrikanische, arabische oder asiatische Länder auf Distanz zu Europa. Die Entwicklungen in Mali oder Burkina Faso geben dafür ein sichtbares Beispiel ab. Ein Faktor ist dabei die Kolonialgeschichte, ein anderer der fehlende Wille, sich vom Westen maßregeln zu lassen. Dies macht eine werteorientierte Außenpolitik, die gezielt alle Speere auf sich zieht, zu einem potenziellen Bumerang.

Ein entscheidendes Hemmnis für eine erfolgreiche deutsch-europäische Kanonenbootpolitik, wie Hofreiter sie skizziert, liegt zudem in Deutschland selbst. In Fragen von Energieversorgung und Zukunftstechnologien geht man auf maximale Distanz zu allem, was ein Mindestmaß an Unabhängigkeit sichern würde. Dies betrifft die Kernenergie oder die grüne Gentechnik ebenso wie Fracking oder auch nur den Verbrennermotor.

Halbleiter-Ausfall ähnlich gefährlich wie Mangel an Seltenen Erden

Das US-Portal „Daily Caller“ gab bereits im Vorjahr zu bedenken, dass Projekte wie die „Energiewende“ oder der „Green Deal“ der EU China stärkten. Europa komme nicht an dem Umstand vorbei, dass das Regime in Peking zu den weltweit wesentlichsten Lieferanten dazu erforderlicher Mineralien sei.

So befänden sich 60 Prozent der weltweiten Vorkommen an Seltenen Erden direkt in Chinas Machtbereich. In zahlreichen weiteren Ländern, die über solche verfügten, habe Peking bereits seinen politischen und wirtschaftlichen Einfluss ausgeweitet. Eines der jüngsten Beispiele sei Afghanistan.

Über 90 Prozent der weltweiten Seltenen Erden durchliefen chinesische Raffinerien, bevor sie an westliche Abnehmer zur Verwendung etwa in Elektroauto-Batterien oder Solarzellen reexportiert würden.

Ein weiterer Problembereich wäre die Halbleiter-Produktion. Achim Haug von der Außenwirtschaftsgesellschaft Germany Trade and Invest (GTAI) warnte im August des Vorjahres vor einer Eskalation zwischen KP-China und Taiwan.

Die Auswirkungen von Lieferstopps wären „um ein Vielfaches größer“ als die der Russland-Sanktionen. Die fossilen Brennstoffe von dort seien „deutlich leichter zu ersetzen als das, was wir alles aus China beziehen“.

Als Mittel gegen eine zu starke Abhängigkeit empfiehlt er Diversifizierung, Lagerhaltung und heimische Produktion. Dies setzt jedoch auch ein höheres Problembewusstsein in China investierender deutscher Konzerne voraus.

(Mit Material von dts)



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