Spionageabwehr: Stetig steigende Zahl von Industriespionagefällen

China die „Nummer Eins“ - Auslandschinese im Verdacht, Konstruktionspläne von Müller Weingarten gestohlen zu haben
Titelbild
Beim Pressenhersteller Müller Weingarten steht ein ehemaliger chinesischer Mitarbeiter unter dem Verdacht der Industriespionage. (Müller Weingarten)
Von und 13. November 2008

Nach Auskunft des Bundesverfassungsschutzes ist die Zahl der Industriespionagefälle im Steigen begriffen. Eine genaue Zahl wollte die Spionageabwehrabteilung jedoch nicht nennen. In Baden-Württemberg sei China die unrühmliche Nummer Eins, dahinter folgen Russland, Nordkorea, Syrien und Pakistan. Warum gerade Baden-Württemberg für die „gelben Spione“ so interessant sei? China wolle, so der Verfassungsschutz, wegen seines Wirtschaftswachstums die Hochtechnologie haben, die es selbst nicht entwickeln könne. Das deutsche Know-How sei hier wichtig. Das gelte auch für Russland. Nordkorea, Syrien und Pakistan seien dagegen mehr an Waffentechnologien interessiert.

Dass Industriespionage „in“ ist, zeigt sich auch anhand der Aufmerksamkeit, die der Bundesverfassungsschutz diesem Thema widmet. Die Spionageabwehrabteilung hat ein Rund-um-die-Uhr-Telefon eingerichtet, an dem Fälle von möglicher Industriespionage auch anonym übermittelt werden können. Derzeit würden neben der Spionage von Mitarbeitern vor allem Hackerangriffe und Datenklau bei Messe- und Ausstellungen sowie bei Betriebsbesichtigungen hoch im Kurs stehen, so der Verfassungsschutz. „Einer entfernt sich bei einer Besichtigung von der Gruppe und lässt dabei etwas mitgehen“, beschrieb der zuständige Beamte eine dabei oft verwendete Methode.

Staatsanwaltschaft Ravensburg ermittelt wegen Betriebsspionage bei Müller Weingarten

Praktische Erfahrung mit Industriespionage dürfte Tobias Apfel, Pressesprecher der Schuler-Gruppe, erst kürzlich gemacht haben. „Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten bei einem Fahrzeughersteller an einem Kleinwagen und laden ständig Pläne aus der LKW-Sparte herunter. Das fällt auf.“ So beschrieb Apfel die eigenartige Vorgehensweise eines chinesischen Mitarbeiters in der für Pressenherstellung zuständigen Schuler-Tochter Müller Weingarten gegenüber der Epoch Times. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Ravensburg wegen des Verdachts auf Industriespionage.

Auf sein seltsames Verhalten angesprochen, habe der aus China stammende Mitarbeiter keine Auskunft gegeben, sagte Apfel. Daraufhin standen im Oktober seine Kündigung und nun eine Untersuchung der Staatsanwaltschaft ins Haus. Doch es könnte für die Justiz und Müller Weingarten schwierig werden, des vermeintlichen Spions habhaft zu werden. Denn, so Apfel: „Uns ist der derzeitige Aufenthaltsort des betreffenden ehemaligen Mitarbeiters unbekannt.“ Das bedeutet, dass er sich auch wieder in China befinden könnte, was für die Ermittlungsarbeiten und einen eventuellen Prozessbeginn beträchtliche Schwierigkeiten mit sich brächte. Laut „Schwäbischer Zeitung“ glaubt der Leitende Oberstaatsanwalt Heister, dass sich die Ermittlungen noch mindestens bis zum Frühjahr 2009 hinziehen werden.

Kein Einzelfall

Der jüngste Fall sei laut Schuler-Pressesprecher Apfel jedoch nicht der einzige, bei dem Unternehmensinterna der Schuler Group ausspioniert wurden. So etwas komme „immer wieder mal vor“, sagte Apfel, auch mit einem deutschen Subunternehmer habe es einmal Probleme gegeben. Der Pressesprecher vertraut stark auf das hauseigene Sicherheitssystem, das auf dem neuesten Stand gehalten werde und immer weiter ausgebaut werde. Speziell auf chinesische Mitarbeiter, von denen es laut Apfel „maximal 30“ im Unternehmen gebe, seien keine Maßnahmen zugeschnitten worden. „Chinesische Mitarbeiter werden genauso kontrolliert wie alle anderen auch“, sagte Apfel. Welcher Schaden durch den aktuellen Fall entstanden sei, sei derzeit noch nicht quantifizierbar.

Warum die Konstruktionspläne von Müller Weingarten für andere Unternehmen wertvoll sind, beschreibt Apfel wie folgt: „Natürlich könnten sie unsere Maschinen auch kaufen und nachbauen. Das gab es auch schon, dass nachgemachte Maschinen wie unser Original aussehen, aber nicht das Gleiche drinnen ist.“ Das Hochpräzisions-Innenleben mancher Maschinen nachzubauen, sei für andere Unternehmen jedoch recht schwierig. Und, darauf wies Apfel mit einem gewissen Stolz hin, dies „gilt nicht nur für China, sondern auch für den Rest der Welt.“



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