Strafanzeige gegen Reinhardt – Ärzte warnen vor „Medikamenten-Flohmarkt“
Der Vorschlag des Präsidenten der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt, schlägt weiterhin hohe Wellen. In einem Interview mit dem „Tagesspiegel“ hatte er die Idee von „Flohmärkten für Medikamente“ ins Rollen gebracht. „Wer gesund ist, muss vorrätige Arznei an Kranke abgeben“, so Reinhardt.
Nun hat sich der Medizinische Behandlungsverbund (MBV), ein Zusammenschluss von Ärzten und Therapeuten, eingeschaltet und eine Strafanzeige bei der Berliner Staatsanwaltschaft gegen den Chef der Bundesärztekammer gestellt.
Der Verbund kritisiert die pauschale „Empfehlung“; Reinhardt habe keinerlei Beschränkungen bezüglich des Alters und der Art der Medikamente verlauten lassen, geschweige denn Hinweise auf mögliche Risiken.
Wer dem Aufruf von Dr. Reinhardt folge, könne sich gemäß § 95 Arzneimittelgesetz, das einen Handel mit Medikamenten streng untersagt, strafbar machen. Die gut gemeinte Weitergabe von Medikamenten könne sogar einen gegenteiligen Effekt erzielen und die Gesundheit der Menschen gefährden, schlimmstenfalls zum Tod führen, warnt der Verbund.
Weiter stellt der Medizinische Behandlungsverbund in den Raum, dass die flächendeckende Verbreitung von Reinhardts Aussage in den Medien als Aufruf zur Begehung von Straftaten im Sinne des § 95 StGB betrachtet werden könne. „Die Anzahl der Betroffenen bzw. Angestifteten ist nicht ermittelbar.“ Betroffen sei die Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland, einschließlich zugewanderter Personen ohne dauerhaften Aufenthaltsstatus. Geschädigte, die sich aus den angestifteten Taten ergeben könnten, seien nicht ermittelbar. Ebenso wenig könne etwas über eine Schadenshöhe ausgesagt werden.
„Der Schaden könnte, abgesehen von den Personenschäden, vermögensmäßig in die Milliarden Euro gehen“, heißt es vom MBV. Wenn der Ärztepräsident zu derartigen Maßnahmen greife, „ist unser System ganz offensichtlich am Rand des Zusammenbruchs“.
Medikamentenproduktion vor Ort schon seit Jahren gefordert
Um hier eine Kehrtwende zu erreichen, müssten alle wichtigen Medikamente im Inland – mindestens jedoch in der Europäischen Union produziert und die entsprechenden Versorgungsketten wesentlich robuster gestaltet werden, fordert der Medizinische Behandlungsverbund. Die Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten müsste auf legalem Weg sichergestellt werden.
Wie die „Wirtschaftswoche“ berichtete, stammen über 60 Prozent der in Deutschland verwendeten Arznei-Wirkstoffe aus China und Indien.
Im ZDF-Magazin „Zoom“ erklärte die inzwischen emeritierte Pharmazieprofessorin Dr. Ulrike Holzgrabe von der Universität Würzburg Anfang März 2020: „Die Chinesen brauchen gar keine Atombombe. Sie liefern einfach keine Antibiotika […], dann erledigt sich Europa von ganz allein.“
„Es gibt auch Preise, die ich nicht mehr verstehe. Was kann an Qualität bei Paracetamol sein, wenn ich 20 Tabletten für einen Euro bekommen kann?“, gab Holzgrabe zu bedenken.
Es sei kein Wunder, wenn regionale Anbieter aus dem Markt aussteigen, warnte zur gleichen Zeit Dr. Kai Joachimsen, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Mit einer Produktion in Deutschland beziehungsweise Europa ließe sich die Wahrscheinlichkeit einer zuverlässigen, verbesserten, kontinuierlichen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln erhöhen, so der Bundesverband. Sinnvoll wäre hier eine verstärkte Förderung seitens der Politik.
Lieferengpässe durch Lauterbach nicht gelöst
In der aktuellen Krise zu den Medikamenten-Engpässen kritisiert der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgestellten Maßnahmen, die hauptsächlich auf Kinderarzneimittel abzielen. Hier sollen Krankenkassen sich mit höheren Beiträgen beteiligen.
Die Probleme der kaputten Preise wurden zwar erkannt, aber die Umsetzung ist zu kurz gesprungen“, schildert der BPI-Vorsitzende Dr. Hans-Georg Feldmeier.
Er kann es nicht nachvollziehen, dass konkrete Maßnahmen gegen den massiven Kostendruck nur bei einer einzelnen Produktgruppe – nämlichen den Medikamenten für Kinder – ergriffen werden.
Laut aktuellen Meldungen (Stand 21.12.) des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte bestehen Lieferengpässe bei 343 Medikamenten. Dass die Preisregeln bei bestimmten Medikamenten wie Kinderarzneimitteln verändert werden sollen, sei ein „Schnellschuss“, so der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie.
Der Bundesverband fordert eine bessere Überwachung und ein besseres Management bei Lieferengpässen. Die derzeit von Lauterbach vorgestellten Maßnahmen würden vor allem sehr viel Bürokratie und zusätzliche Kosten mit sich bringen, das wirkliche Problem aber würde dadurch nicht gelöst.
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