Streit um Bundeshaushalt 2024: Heftiger Briefwechsel zwischen Habeck und Lindner

Habeck und Lindner streiten um den Haushalt – per giftigen Briefen. Bundeskanzler Scholz möchte sich heraushalten, betont aber, dass die Schuldenbremse nicht angetastet wird.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) und sein Kabinettskollege, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), im Deutschen Bundestag.
Ein Briefwechsel zeigt ein schwieriges Verhältnis zwischen Finanzminister Lindner und Wirtschaftsminister Habeck.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 18. Februar 2023

In der Ampelkoalition gibt es Unstimmigkeiten. Auslöser ist die Aufstellung des Bundeshaushalts 2024. Verschiedene Medien, so beispielsweise die „Tagesschau“, berichten in diesem Zusammenhang über einen Briefwechsel zwischen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), der es in sich hat.

Es geht um die Aufstellung des Haushalts für das Jahr 2024. Wirtschaftsminister Habeck schreibt an Finanzminister Lindner:

Wir bitten Sie, keine weiteren öffentlichen oder internen Vorfestlegungen zu treffen, die einseitig weitere Ausgaben priorisieren.“

Ausdrücklich nannte er dabei „stellvertretend für die von den Grünen geführten Ministerien“ die Bereiche Aktienrente, Bundeswehr und Umsatzsteuerermäßigung für die Gastronomie.

Habeck schlug zudem vor, darüber zu beraten, wie umweltschädliche Subventionen abgebaut und Einnahmen verbessert werden können. Übersetzt könnte das bedeuten: Die Pendlerpauschale auf den Prüfstand zu stellen und Steuern zu erhöhen.

Pendlerpauschale schon länger rotes Tuch für Grüne

Die Pendlerpauschale ist den Grünen schon lange ein Dorn im Auge. Im Januar hatte der Fraktionsvorstand der Bundestagsfraktion der Grünen ein Papier geschrieben, in dem sie Vorschläge unterbreiten, wie Deutschland seine Klimaziele erreichen könnte.

In diesem Papier wird unter anderem vorgeschlagen, Subventionen abzubauen, die aus grüner Sicht „umweltschädlich“ sind. Die Internetplattform „Business Insider“, zitierte damals aus dem Papier:

Der Fraktionsvorstand der Grünen will Subventionen, die ihrer Meinung nach ‚umweltschädlich‘ sind, abbauen. Dazu zählen für sie die häufig erwähnten ‚Luxus-Dienstwagen‘. Künftig sollen also nur noch solche Autoneukäufe mit Geld vom Staat bezuschusst werden, die wenig Kohlendioxid ausstoßen. Für Firmen soll es schwerer werden, Dienstwagen, die Diesel oder Benzin tanken, steuerlich abzusetzen. Auch an die Pendlerpauschale wollen die Grünen wieder ran. Ökologischer Verkehr soll stärker bezuschusst werden, als wenn man mit dem Auto fährt.“

Auf diese Aussagen bezieht sich nun offenbar auch Robert Habeck in seinem Brief an Christian Lindner. Wie die „Tagesschau“ aus Koalitionskreisen gehört haben will, wundern sich dort viele nicht nur über den Inhalt des Schreibens. Im Brief redet Habeck Lindner mit „sehr geehrter Kollege“ an. Eigentlich würden sich die Minister duzen.

Ideen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sind gefragt

Christian Lindner antwortet seinem Kabinettskollegen in einem sehr scharf gehaltenen Brief. Zunächst schreibt Lindner, er habe mit Erleichterung aufgenommen, dass die grün geführten Ministerien das Grundgesetz nicht infrage stellten. Eine Anspielung auf Habecks Anerkennung der Schuldenbremse.

Die politischen Vorhaben des Koalitionsvertrages seien verfassungsrechtlich nachrangig gegenüber der Einhaltung des Grundgesetzes. Die dort verankerte Schuldenbremse sei für den Staat zudem ökonomisch weise. Auch Habecks Wunsch nach Beratungen über „Einnahmeverbesserungen“ weist Lindner zurück.

Vielmehr macht der Finanzminister deutlich, dass er für die FDP-geführten Ministerien feststellt, dass Steuererhöhungen oder andere Mehrbelastungen ausgeschlossen werden. Geboten erscheinen dem FDP-Chef hingegen „Ideen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands“. Auch in seiner Grußformel am Schluss geht Lindner noch einmal auf das Schreiben Habecks ein. Er grüße „freundlich als Ihr Kollege“ – eine Anspielung auf Habecks „sehr geehrter Kollege“, am Anfang seines Briefes.

Die Grünen, so schreibt es die Onlineplattform „t-online“, ärgerten sich schon länger über die Art und Weise von Lindner, wie dieser versucht, beim Haushalt eine Faktenlage zu seinen Gunsten zu schaffen. Er kündige Herzensprojekte der FDP öffentlich an und verschaffe sich durch den entstehenden Druck einen Vorteil in den Verhandlungen.

Eckpunkte müssen überarbeitet werden

Im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung sogenannte Eckpunkte beschlossen, die aufzeigen, wie der Etat im kommenden Jahr ungefähr aussehen könnte. Diese Eckpunkte werden nun noch einmal überarbeitet. Für Herausforderungen, die aus Regierungssicht nun dazugekommen sind, muss neues Geld eingeplant werden. Daher sollen die Punkte aktualisiert werden. Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat beispielsweise gerade erst angekündigt, dass die Bundeswehr künftig mehr Geld benötige.

Im Streit zwischen Lindner und Habeck hat auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai eingegriffen. „Solide Finanzen und das Einhalten der Schuldenbremse sind keine Nebensachen, auf die man leichtfertig verzichten kann“, sagt der FDP-Generalsekretär in der „Rheinischen Post“. Sie seien „gebotene Notwendigkeiten“, damit man ökonomisch wieder auf Kurs komme, den Wirtschaftsstandort Deutschland attraktiv halte und künftigen Generationen keine „horrenden Steuerlasten“ aufbürden müsse. „Wir müssen im Rahmen der verfassungsrechtlich verankerten Schuldenbremse bei den Ausgaben stark priorisieren, um den gestiegenen Anforderungen beispielsweise im Verteidigungs- oder im Bildungsbereich Rechnung tragen zu können.“

Neuer Mehrbedarf wird eine große Herausforderung

Auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr hat sich zu dem Streit um den Bundeshaushalt geäußert. Er nannte die im März vereinbarten Eckpunkte für den Haushalt „eine vernünftige Basis für unseren Staatshaushalt“ und sagte – laut der Nachrichtenagentur dpa  – den Zeitungen der Funke Mediengruppe, er sei „überrascht, dass die Grünen sie nun, knapp ein Jahr nach der Einigung, hinterfragen“.

„Die Ampel hat im Koalitionsvertrag gemeinsame Projekte verabredet, die wir in dieser Legislatur umsetzen wollen. Der Koalitionsvertrag bildet für uns auch weiterhin die Grundlage für die weitere Haushaltsaufstellung“, sagte der SPD-Chefhaushälter Dennis Rohde der „Rheinischen Post“: „Gleichzeitig müssen wir natürlich sicherstellen, dass die Mittel bei der Etatplanung berücksichtigt werden, die zur Finanzierung der aktuellen Herausforderungen notwendig sind“, sagte er.

Angesichts zusätzlicher Etatbelastungen etwa durch erheblichen Mehrbedarf bei den Zinsausgaben werde die Haushaltsaufstellung 2024 „eine große Herausforderung“. Er sei dennoch sicher, „dass die Bundesregierung mit dem Eckwertebeschluss im März eine gute Grundlage für die weiteren Haushaltsberatungen legen wird“.

Knistern in der „Ampelliebesaffäre“ vorbei?

Die Bundesregierung möchte am 15. März die Eckwerte im Kabinett beschließen. Anschließend werden Details dann noch bis in den Sommer verhandelt. Im Herbst dann geht der Entwurf in den Bundestag. Dort werden sich die zuständigen Fachausschüsse und die Haushaltspolitiker der Fraktionen mit dem Entwurf beschäftigen.

Chefhaushaltspolitiker der Union, Christian Haase, hat jedenfalls schon jetzt in der „Rheinischen Post“ die Regierungskoalition vor einem „Ampelwunschkonzert“ gewarnt. „Nach mehr als einem Jahr scheint das erste Knistern in der Ampelliebesaffäre vorbei zu sein. Die Temperatur in der Koalition steigt wohl, wenn es ums Geld geht“, so Haase. „Die Zeiten weiterer Schuldentöpfe sind vorbei und damit schwindet der Kitt, der das rot-gelb-grüne Bündnis bislang zusammengehalten hat.“ Die Bürgerinnen und Bürger könnten von der Bundesregierung erwarten, dass „ihre Steuergelder für echte Bundesaufgaben genutzt werden und nicht bei einem Ampelwunschkonzert hinausgeblasen werden“.

Bundeskanzler Scholz gibt sich zurückhaltend

Bundeskanzler Scholz (SPD) hält sich öffentlich aus dem Streit zwischen seinen Ministern heraus. Laut dem Fernsehsender „ntv“ wolle er das nicht weiter bewerten. Das sagte am Freitag der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner in Berlin auf eine Frage nach dem teils scharfen Ton des Briefwechsels zwischen dem Grünen-Politiker Habeck und FDP-Chef Lindner.

Büchner betonte aber die Einigkeit in der Bundesregierung, die Schuldenbremse nicht antasten zu wollen. Diese erlaubt dem Bund nur in geringem Maße die Aufnahme neuer Kredite. „Innerhalb der Bundesregierung besteht Konsens, dass die finanziellen Spielräume in den kommenden Haushaltsjahren sehr begrenzt sein werden und dass die Schuldenregel eingehalten werden muss. Und auf dieser Grundlage werden jetzt diese Haushaltsberatungen geführt.“



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