Streit um Kindergrundsicherung hält an – Grünen-Chef wiegelt ab

FDP-Vertreter haben ihre Kritik an der Kindergrundsicherung und Familienministerin Lisa Paus (Grüne) bekräftigt. Grünen-Chef Omid Nouripour spielte die Bedeutung des Streits für die Koalition herunter.
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Die Kosten für die Kindergrundsicherung hängen davon ab, wie viele Menschen die Leistungen erhalten. Ursprünglich forderte die Familienministerin vom Finanzministerium dafür zwölf Milliarden Euro.Foto: iStock
Epoch Times20. August 2023

Im Streit um die geplante Kindergrundsicherung haben FDP-Vertreter ihre Kritik an dem Vorhaben von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) bekräftigt. Mehr Geld vom Staat und weniger Arbeitsanreize für Eltern leisteten keinen Beitrag zu Wachstum und Wohlstand, sagte der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Christian Dürr der „Bild am Sonntag“.

FDP-Generalsektretär Bijan Djir-Sarai verwies auf den Zusammenhang von Kinderarmut und Migration. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kritisierte den öffentlich ausgetragenen Streit der Koalitionspartner.

Die Kindergrundsicherung soll bisherige familienpolitische Leistungen zusammenfassen und das Verfahren für deren Bezug erleichtern. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sieht sie kritisch.

Blockade des Wachstumschancengesetzes ist umstritten

Diese Woche eskalierte der Streit, am Mittwoch stoppte Paus im Gegenzug Lindners Gesetzentwurf für das Wachstumschancengesetz, das Steuererleichterungen für Unternehmen vorsieht. Insbesondere FDP-Vertreter kritisierten dies heftig.

Fünf Familienleistungen sollen in die neue Kindergrundsicherung einfließen: das Kindergeld von monatlich 250 Euro, der Kinderzuschlag, das Bürgergeld oder die Sozialhilfe für Kinder sowie die monatlichen 15 Euro für Kultur und Freizeit aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. Als letztes zählt das Geld für Schulbücher (zweimal jährlich) hinzu. Familien sollen dabei auch vom Amt auf die ihnen zustehenden Leistungen aufmerksam gemacht werden.

Das Gesetz sei noch in Arbeit, „insofern freue ich mich nicht darüber, dass es nun schon öffentlich diskutiert worden ist“, sagte Scholz am Sonntag beim Tag der offenen Tür der Bundesregierung in Berlin. Er zeigte sich zuversichtlich, dass der Abschluss des Gesetzes nun „schnell gelingen“ werde.

Auch Paus hatte äußerte sich zuletzt am Freitag „optimistisch, dass wir den Gesetzentwurf auch bald im Kabinett beschließen können, sobald wir die sachpolitische Debatte gemeinsam vorantreiben“.

Führende Liberale bekräftigten indes ihre inhaltliche Kritik an den Plänen. „Ich wundere mich in der Debatte um die Kindergrundsicherung, dass teilweise der Eindruck erweckt wird, dass mehr Geld vom Staat und weniger Arbeitsanreize für Eltern einen Beitrag zu Wachstum und Wohlstand leisten würden“, sagte Fraktionschef Dürr.

Kinder mit Migrationshintergrund

Generalsekretär Djir-Sarai verwies auf die hohe Zahl armutsgefährdeter Kinder mit Migrationshintergrund. „Diesen Eltern einfach nur mehr Geld zu überweisen, verbessert nicht die Chancen und Perspektiven der Kinder“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Besser sei es, in den „Abbau von Sprachdefiziten und die Qualifizierung der Eltern für den Arbeitsmarkt“ zu investieren.

Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) kritisierte die Blockade des Wachstumschancengesetzes. Dies gefährde auch die Forschungsförderung in Deutschland und damit „unsere Zukunft“, sagte sie der „Bild am Sonntag“.

„Das Wachstumschancengesetz wird gebraucht“, sagte auch Grünen-Chef Nouripour der „BamS“. Er sicherte eine baldige Verabschiedung zu. Zugleich spielte Nouripour die Bedeutung des Streits für die Koalition herunter: „Es gibt keine Blockade, sondern ein paar Details zu klären.“

Familienkasse soll zum „Familienservice“ werden

Die „Rheinische Post“ berichtete unter Verweis auf den ihr vorliegenden Entwurf, dass mit dem Gesetz die bisherige Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit (BA) in „Familienservice“ umbenannt werden soll. Außerdem soll die Kindergrundsicherung künftig für zwölf Monate gelten. Bisher gilt beim Kinderzuschlag für einkommensschwache Familien ein Bewilligungszeitraum von sechs Monaten.

Nach Angaben von „Zeit online“ sieht der Entwurf mit 3,5 Milliarden Euro jährlich deutlich niedrigere Kosten für die Kindergrundsicherung vor, als Paus zunächst veranschlagt hatte. Ursprünglich hatte sie zwölf Milliarden Euro gefordert. Die Kosten hängen letztlich davon ab, wie viele Menschen die Leistungen beantragen und erhalten.

Der Deutsche Landkreistag zeigte sich unzufrieden mit den Gesetzesplänen. Es drohten „neue Bürokratie, zusätzliche Wege, mehr beteiligte Behörden, Schnittstellen und Doppelstrukturen“, sagte Verbandspräsident Reinhard Sager der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Montagsausgabe). „Zu denken, man hilft den Familien mit etwas mehr Geld und einer Leistung, die am Ende nur zu mehr bürokratischem Aufwand für alle führt, ist naiv“, kritisierte er.

Sager begründete seine Kritik damit, dass die Auszahlung der neuen Geldleistung auch für Kinder im Bürgergeldbezug über die Familienkassen laufen soll. Da aber die Kindergrundsicherung nicht vollständig das Existenzminimum decken werde, würden weiterhin die Jobcenter ergänzend zuständig sein. (afp)



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