Suu Kyi zum Willy-Brandt-Preis: „Wählen heißt Verantwortung“

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Aung San Suu Kyi, Friedensnobelpreisträgerin aus Birma, erhielt den internationalen Willy-Brandt-Preis der SPD am 11. April in BerlinFoto: Sean Gallup/Getty Images
Von 12. April 2014

„Wählen heißt Verantwortung übernehmen“, mit dieser Botschaft sorgte Aung San Suu Kyi aus Birma bei der Annahme des internationalen Willy-Brandt-Preises für einen wahrnehmbaren Ruck in der Zuhörerschaft. Mit leiser Stimme und anhaltender Konzentration ließ die friedliche Kämpferin für Demokratie ihre Zuhörer im SPD-Haus in Berlin nicht aus dem Bann ihrer Gedanken, als sie am Freitag den Willy-Brandt-Preis der SPD für Verständigung und Frieden annahm.

Vorausgegangen war eine Begrüßung durch Egon Bahr, den langjährigen außenpolitischen Chefdenker Willy Brandts in der Ostpolitik. In gewohnt eindeutigem Engagement für den Frieden und mit strategischer Klarheit nutzte er die Gelegenheit, auch als über 90-Jähriger unter Berufung auf Aussagen von Willy Brandt, ein paar Sätze zu den augenblicklichen Spannungen gegenüber Russland Stellung zu beziehen: „Brandt sagte, dass die Vernunft nach Verständigung verlange, und die Verständigung sei das Gegenteil der Abschreckung.“ Er persönlich glaube nicht, dass die Anspannung bleiben werde.

Sigmar Gabriel, der die Laudatio hielt, erinnerte nicht nur an die Bemühungen von Willy Brandt und den friedlichen Weg der Ostpolitik, die ja auch nie unumstritten war, bis 1989 die Mauer fiel, er erinnerte auch an das Motto von Brandt: „Mehr Demokratie wagen“.  Aung San Suu Kyi hätte durch ihr Beispiel schon die Realitäten in Birma verändert. In 15 Jahren Haft und Hausarrest mit ungewissem Ausgang war sie ihren Überzeugungen treu geblieben. „Sie sind ein Vorbild für Gewaltlosigkeit, es ist uns eine Ehre, dass sie den Preis annehmen.“

[–Dankesrede: Die eigene Angst überwinden–]

An den Anfang ihrer Dankesrede stellte Aung San Suu Kyi eine ihre Rede durchziehende Betrachtung nach der eigenen Verantwortung. „Verständigung muss bei uns zuhause beginnen.“ Zuhause, das ist für Suu Kyi auch das eigene Innere: „Wir müssen unsere eigene Angst und unsere vorgefassten Meinungen erkennen und auflösen.“ Man war an Gandhi oder Nelson Mandela erinnert, als sie wiederholt mahnte, eigene Angst und Vorurteile zu beseitigen als Vorbedingung für ein friedliches Miteinander. Noch längst wäre Birma keine wirklich Demokratie, weil besonders die bisherigen militärischen Machthaber unter dem Deckmantel der Demokratie gern in der Verfassung wieder autokratische Mechanismen einsetzten.

Auch eine Bevölkerung, die keine Erfahrung mit Demokratie habe, brauche Bildung vor allem die Jugend. Die mit dem Preis verbundene Geldsumme von 25.000 Euro werde sie als Spende für Bildungsprojekte in Birma weitergeben. Die Jugend müsse lernen, mit der Verschiedenartigkeit umzugehen und als Individuen friedlich miteinander zu leben.

„Es wird Spannungen geben auf dem Weg in eine wirklich Demokratie“, sagte Suu Kyi mit Blick auf ihr Heimatland, ohne die augenblicklichen ethnischen und religiösen Spannungen zwischen buddhistischen und islamischen Gruppen ausdrücklich zu benennen. Ausführlicher ging sie auf die nötigen Verfassungsänderungen ein, die eine freie Wahl erst ermöglichen könnten. Manche ihrer Worte waren sicherlich auch an ihre Freunde und Feinde in Birma gerichtet, denn 2015 möchte sie für das Präsidentenamt kandidieren, was noch auf einige von ihren Gegnern eingerichtete Hindernisse stößt.

Die geistige Unterstüzung

„Ich bitte nicht um Geld, wenn ich Sie um Hilfe bitte, ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit. Achten Sie genau auf die Vorgänge in Birma. Wir haben jetzt die Chance, eine Demokratie einzurichten. Solche Chancen kommen nicht so leicht wieder.“ Mit Blick auf die immer noch mächtigen Militärs sagte sie: „Wie man für Jahrzehnte gehandelt hat, das kann man nicht so schnell ablegen. Das ist ein gefährlicher Moment.“ Und an das Auditorium gerichtet: „Wir brauchen dringend ihr geistige Unterstützung. In diesem Sinne bedanke ich mich für den internationalen Willy-Brandt-Preis.“    

Aung San Suu Kyi, Trägerin des Friedensnobelpreises und des Sacharow-Preises vom Europäischen Parlament, erschien in zartes Blau und Grau gekleidet, ein weißes Blütengesteck nach Art ihres Heimatlandes im Haar. Die 68-Jährige wurde in diesen Tagen von Bundespräsident Gauck, im Bundestag vom Parlamentspräsidenten Lammert, Außenminister Steinmeier und im Kanzleramt von Bundeskanzlerin Angela Merkel empfangen. Ihre Reise führt sie weiter nach Frankreich.

Aung San Suu Kyi, Friedensnobelpreisträgerin aus Birma, kam zur Verleihung des internationalen Willy-Brandt-Preises der SPD am 11. April nach BerlinAung San Suu Kyi, Friedensnobelpreisträgerin aus Birma, kam zur Verleihung des internationalen Willy-Brandt-Preises der SPD am 11. April nach BerlinFoto: Sean Gallup/Getty Images


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