Teure patentgeschützte Medikamente treiben Ausgaben für Arzneimittel in die Höhe

Experten der Bundesärztekammer und der Krankenkasse AOK haben steigende Kosten durch patentgeschützte teure Medikamente für häufig relativ kleine Patientengruppen kritisiert. Der Bundesverband der Pharmafirmen wies die Vorwürfe umgehend zurück.
Von der EU-Arzneimittelbehörde (EMA) zugelassene Medikamente.Foto: JEFF PACHOUD/AFP/Getty Images
Epoch Times20. September 2018

Experten der Bundesärztekammer und der Krankenkasse AOK haben steigende Kosten durch patentgeschützte teure Medikamente für häufig recht kleine Patientengruppen kritisiert. Sie seien hauptsächlich dafür verantwortlich, dass die Arzneiausgaben der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) im vorigen Jahr deutlich um 1,4 Milliarden Euro auf 39,9 Milliarden Euro gestiegen seien, wie am Donnerstag in Berlin unter Verweis auf den sogenannten Arzneiverordnungsreport 2018 mitgeteilt wurde.

Der unter maßgeblicher Mitwirkung des wissenschaftlichen Instituts der AOK erstellte Bericht analysiert jährlich, wie viel Geld die im Rahmen des Systems gesetzlicher Krankenkassen genutzten Medikamente inklusive der Zuzahlungen der Patienten kosten. „Hochpreistherapien für häufig kleinere Patientengruppen“ hätten dabei zuletzt zu einer „Verschiebung“ der Ausgaben geführt, teilten das Institut und die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft mit.

AOK-Bundesverbandschef Martin Litsch warnte vor einer drohenden finanziellen Überlastung der Krankenkassen durch patentgeschützte neuen Wirkstoffe. „Die Pharmaindustrie sollte nicht den Ast absägen, auf dem sie sitzt“, erklärte er. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) wies dies zurück. Die Ausgaben für Arzneimittel seien „kein Risikofaktor für die Finanzierung der GKV“, erklärte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Norbert Gerbsch.

Auf patentgeschützte Medikamente entfielen im vergangenen Jahr laut Report 18,5 Milliarden Euro, ihr Anteil am Arzneimittelumsatz stieg in den vergangenen Jahren von 33 Prozent auf 45 Prozent. Für die Behandlung von Krebs-, Virus- und schweren Autoimmunerkrankungen wurde ein Drittel der gesamten Medikamentenausgaben verwendet, die Arzneien machten ein Prozent der verordneten Tagesdosen aus. Die Kosten für den Therapiebereich verdoppelten sich von 2007 bis 2017.

„Einige Krankheitsgruppen zeichnen sich dadurch aus, dass sie besonders geringe Verordnungsmengen haben, aber sehr teure patentgeschützte Arzneimittel eingesetzt werden“, erklärte der Geschäftsführer des wissenschaftlichen Instituts der AOK und Mitherausgeber des Arzneiverordnungsreport, Jürgen Klauber.

Gerbsch betonte, der Anteil der von der Pharmaindustrie gelieferten Fertigarzneimittel für die ambulante Versorgung liege aktuell wie schon in den Vorjahren bei acht Prozent der GKV-Gesamtausgaben. „Das ist kein hoher Anteil – schon gar nicht gemessen am therapeutischen Stellenwert der Arzneimittel in der Versorgung.“ Darin enthalten seien zudem „Innovationen“, die „notwendigerweise“ teurer seien.

Der BPI-Vertreter verwies darauf, dass die Rücklagen der GKV-Kassen im ersten Halbjahr 2018 auf mehr als 20 Milliarden Euro stiegen, und kritisierte „Preisdumping“ sowie andere Hindernisse für Hersteller. AOK-Bundeschef Litsch erklärte hingegen, die Beitragszahler der GKV seien „nicht dazu da, Pharmafirmen ihre Traummargen zu bezahlen“.

Kritik an der Preisgestaltung der Hersteller übte auch die Linke im Bundestag. Für den schnellen Anstieg der Kosten seien „die völlig überhöhten Preise“ für Krebsmittel, Antirheumatika und Medikamente zur Behandlung von Multipler Sklerose verantwortlich, erklärte die arzneipolitische Sprecherin Sylvia Gabelmann. Behandlungskosten für immer mehr Krankheiten überstiegen 100.000 Euro pro Jahr. Hier müsse Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schnell aktiv werden.

Die Grünen im Bundestag forderten strengere Vorgaben bei der Preisgestaltung und schärfere Wirksamkeitsprüfungen. „Wir müssen darauf achten, dass Mehrausgaben auch wirklich zu einem Mehr an Nutzen für die Patienten führen“, sagte Fraktionsexpertin Kordula Schulz-Asche der Zeitung „Augsburger Allgemeine“ vom Freitag laut Vorabmeldung. (afp)



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