Trotz Bundeswehr-Misere: CSU-Chef Söder will Hubschrauberträger – um „Handelswege zu sichern“

Nachdem CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer im März des Jahres mit ihrer Forderung nach einem von Deutschland und Frankreich gebauten „europäischen Flugzeugträger“ im In- und Ausland überwiegend Kopfschütteln geerntet hatte, hat CSU-Vorsitzender Markus Söder nun einen Hubschrauberträger ins Spiel gebracht. Damit wolle er dem Zwei-Prozent-Ziel der NATO näherkommen.
Titelbild
Hubschrauberlandeplatz auf einem Kriegsschiff.Foto: istock
Von 18. September 2019

Bislang schien es die deutsche Bundesregierung nicht sonderlich eilig zu haben, wenn es darum geht, den 2014 gefällten Beschluss der NATO umzusetzen, innerhalb von zehn Jahre solle jedes Mitgliedsland den eigenen Verteidigungsetat auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anheben.

In der „Bild am Sonntag“ nannte nun der CSU-Vorsitzende Markus Söder einen potenziellen Schritt, mit dem die Bundesregierung sich diesem Ziel zumindest annähern könnte.

CSU-Chef Markus Söder hat in der Publikation eine bessere Ausstattung der Bundeswehr gefordert und dabei auch einen Hubschrauberträger ins Gespräch gebracht.

Für die Sicherheit müssen wir ein deutliches Signal setzen und das Zwei-Prozent-Ziel im Verteidigungshaushalt anstreben. Nicht nur wegen den USA, sondern es geht um den Schutz unseres Landes“, zitiert die Deutsche Presse-Agentur aus dem Interview.

Die Bundeswehr hat nach Schätzung vieler Experten nur für einen Tag Munition“,

monierte der bayerische Ministerpräsident weiter. „Wir sollten eine Reserve von mindestens einem Monat haben und endlich genügend Ersatzteile für Flugzeuge und andere Geräte.“

Außerdem brauche die Marine mehr funktionsfähige Schiffe. In diesem Zusammenhang schlug Söder vor, einen Hubschrauberträger anzuschaffen, um die Handelsseewege zu sichern. „Damit könnten wir vom leider bald eisfreien Nordmeer bis zum Südchinesischen Meer unseren Bündnisverpflichtungen nachkommen“, macht Söder sich umstrittene Prognosen auf Grund von Computermodellen einiger „Klimaforscher“ zu eigen.

Atomkraft und Diesel als Antriebe

Mit seinem Vorstoß bleibt Söder hinter dem Vorschlag der Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer zurück, die – damals noch lediglich als CDU-Bundesvorsitzende – im März des Jahres gefordert hatte, gemeinsam mit Frankreich einen „europäischen Flugzeugträger“ zu bauen.

Die Reaktionen auf dieses Ansinnen blieben verhalten, denn nicht einmal Frankreichs Präsident Emmanuel Macron selbst hatte von einer möglichen deutschen Beteiligung gesprochen. Im November des Vorjahres hatte er während eines Besuchs auf dem französischen Flugzeugträger „Charles de Gaulle“ lediglich gesagt, dass er sich den Bau eines Nachfolgemodells bis 2040 wünsche.

Auch Verteidigungsexperten sahen weder Sinn noch Erfolgsaussichten angesichts des Fehlens einer gemeinsamen europäischen Kommandostruktur oder auch nur Verteidigungspolitik. Ein Projekt dieser Art könnte bereits an der ideologischen deutschen Klima- und Energiepolitik scheitern, meint die „Berliner Morgenpost“, da moderne Flugzeugträger wie schon der „Charles de Gaulle“ nuklear betrieben werden. Selbst eine Version, die am spanischen Flugzeugträger „Juan Carlos I“ orientiert wäre, könnte daran scheitern – mittlerweile gehört ja auch der Diesel, mit dem dieser angetrieben wird, zu den erklärten Feindbildern aller „demokratischen Parteien“ in Deutschland.

Flugzeugträger würde fast die gesamte Marine binden

Ein Flugzeugträger bindet, da er selbst ein leichtes militärisches Ziel darstellt, zudem eine Vielzahl an Kriegsschiffen von der Fregatte über den Zerstörer bis zum U-Boot, die außerdem noch von Kampfflugzeugen ergänzt werden müssen. Die Eurofighter-Flotte der deutschen Luftwaffe ist in jüngster Zeit jedoch vor allem durch nur eingeschränkt einsatzfähiges Gerät in die Schlagzeilen geraten. Die Fregatten der deutschen Marine sind alt und reparaturbedürftig. Der Schutz des Flugzeugträgers würde nach Einschätzung der Berliner Morgenpost fast die gesamte Teilstreitkraft binden.

Dazu kommt noch die Kostenfrage: In Frankreich werden diese Kosten auf rund fünf Milliarden Euro geschätzt. Der Leiter des Brüsseler Think Tanks Carnegie Europe, Tomas Valasek, nannte Kramp-Karrenbauers Vorschlag schon damals eine „verrückte Idee“, da das deutsche Verteidigungsbudget nicht großzügig genug bemessen sei. Für den Verteidigungsetat 2020 kann die amtierende Ministerin mit 2,1 Milliarden Euro mehr rechnen, was aber unter der ursprünglichen Anforderung ihrer Amtsvorgängerin Ursula von der Leyen zu zurückbleibt.

Vom NATO-Ziel ist das Verteidigungsbudget so weit entfernt, dass es auch 2025, also ein Jahr nach dem anvisierten Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels, lediglich bei 1,5 Prozent des BIP liegen wird. Derzeit beträgt der Anteil 1,3 Prozent.

Horst Köhler stolperte einst über „Handelswege“-Äußerung

Der Gedanke, die Bundeswehr aufzurüsten, um die Freiheit von Handelswegen als elementares Interesse zu verteidigen, hatte 2010 zum überraschenden Rücktritt des damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler geführt. Er hatte damals gegenüber dem Deutschlandradio gesagt, dass „ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen“.

In diesem Zusammenhang, so Köhler weiter, müsse man sich auch darauf einstellen, dass es Todesfälle geben könnte, „nicht nur bei Soldaten, möglicherweise auch durch Unfall mal bei zivilen Aufbauhelfern“.

Die damaligen Aussagen hatten einen Sturm der Entrüstung von links zur Folge, Jürgen Trittin, weiland Grünen-Fraktionschef, sprach von „Kanonenbootpolitik“, andere von „extremen“ oder „brandgefährlichen“ Positionen. Auch aus der Union selbst erfuhr Köhler kaum Solidarität. Der Bundespräsident trat am 31. Mai 2010 von seinem Amt zurück, da die Kritik an seinen Äußerungen „den notwendigen Respekt für mein Amt vermissen“ ließen.

(Mit Material von dpa und afp)



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