Unternehmer-Initiative appelliert: Raus aus der Angst, rein ins Handeln!

„Die Politik hat uns die Kompetenz gänzlich abgesprochen, obwohl sie selber keinerlei Kompetenz besitzt“, fasst Klaus Götsch, Produzent und Mitinitiator der Initiative UNTERNEHMER_aktiv, in wenigen Worten das immense Ausmaß der Corona-Krise auf den Mittelstand zusammen. „Werdet mutig, vernetzt Euch, lasst Euch das nicht mehr gefallen, was mit dem Mittelstand gemacht wird“, lautet sein Appell.
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Von und 7. April 2021

Die Corona-Krise trifft viele Menschen besonders in wirtschaftlicher Hinsicht. Arbeitnehmer sind vielfach in Kurzarbeit und auch Solo-Selbstständige kämpfen ums Überleben. Doch es gibt Wege aus der Krise.

Im Interview mit der Epoch Times schildern Johannes Scheuffele und Klaus Götsch die aktuellen Herausforderungen an Unternehmer aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Sie berichten über ihre Initiative UNTERNEHMER_aktiv, in der Unternehmer solidarisch zusammenstehen und gemeinsam Lösungen in der Krisenzeit suchen. Scheuffele ist Unternehmensberater für Familienunternehmen, Klaus Götsch Produzent und Inhaber des Werbe- und Tonstudios G-Punkt (der Götsch-Punkt).

Scheuffele: Was wir im Moment erleben, sind Maßnahmen, die wirklich ein Tiefschlag für den Mittelstand sind. Aber wenn wir uns an Krisenzeiten in Deutschland erinnern, war immer der Mittelstand die Rettung. Der Mittelstand ist sehr beweglich, er ist sehr schnell in der Entscheidung und lokal verbunden. Ich glaube, dass unser Mittelstand auf der ganzen Welt beneidet wird, aber wenn wir ihn so gegen die Wand fahren lassen, dann wird es hart.

Götsch: Anfangs konnte man viele Sachen noch mittragen. Dann hat man schnell gemerkt, dass es Umsatzeinbußen gibt, weil Aufträge aus Angst vor fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten wegbrachen. Messen fielen gänzlich weg. Wir haben in unserem Kreis viele Unternehmer, die auf Messen angewiesen sind, zum Beispiel eine Werbeartikel-Herstellerin, die ihre Produkte vornehmlich für Messen verwendet.

Dann haben wir gesehen, dass es doch sehr eklatante Umsatzeinbrüche sein können und dass das System nicht stimmt, dass die Politik uns keine Perspektive vermittelt. Deswegen mussten wir ins Handeln kommen. Wir mussten etwas tun, weil wir das nicht auf dem Rücken der Mitarbeiter austragen wollten. Es sind aber schon einige Kündigungen ausgesprochen worden, weil es finanziell nicht mehr anders ging.

Epoch Times: Haben Sie selbst die Hilfen, die vom Staat angeboten werden, erhalten? Konnten sie das beantragen? Wie kommen eigentlich die staatlichen Hilfen an?

Götsch: Die kommen so gut wie überhaupt nicht an und sind schon vom Ansatz her null durchdacht. Erstens hat man uns mit dem Ausfüllen des Formulars schon vor Hürden gestellt. Es ist nicht jeder Unternehmer gleich ein Steuerberater, der das Steuerdeutsch versteht. Dann waren die Zeiten, um das überhaupt beantragen zu können, viel zu lang.

Also ich spreche mal aus meiner Branche. Als Produzent hat man ziemlich viel mit Künstlern zu tun. Letztes Jahr, Anfang April, hatte unser bayrischer Ministerpräsident Söder großkotzig verkündet: ‚Künstler werden nicht alleine gelassen. Wir helfen sofort.‘ Dann hat es acht Wochen gedauert, bis es ein Formular zur Beantragung der Künstlerhilfe gegeben hat. Da stand der Künstler aber schon drei Monate auf der Straße. Er konnte nicht spielen und hatte kein Geld verdient.

Erst dann konnten die Künstlerhilfen beantragt werden. Bis sie tatsächlich ausbezahlt wurden, hat es zwei weitere Monate gedauert. Ein befreundeter Gitarrist von mir bekam ganze 80 Euro staatliche Hilfe mit der Begründung, dass er mit diesen Hilfen nicht seinen Kühlschrank füllen dürfe, sondern für sein berufliches Fortkommen sorgen muss. Ein Gitarrist braucht Gitarrensaiten, mehr braucht er leider nicht.

Also die Hilfen sind nie angekommen, auch nicht die November-Hilfen in der Gastronomie. Mittlerweile sind wir vor solche Hürden gestellt. Der Steuerberater ist alleinig im Recht, die Hilfen überhaupt erst zu beantragen. Ein Unternehmer, der einfach kein Geld mehr hat, kann den Steuerberater nicht bezahlen, um Hilfen zu beantragen. Es ist also von vorne bis hinten eine Crux.

ET: Was haben Sie in Ihrem Zusammenschluss UNTERNEHMER_aktiv bislang gemacht? Was steckt dahinter?

Scheuffele: Ein Teil ist, dass wir lokal ein starkes Netzwerk bilden, indem wir uns gegenseitig stützen, gegenseitig oder miteinander Aktionen machen, die uns ein normales und gutes Leben ermöglichen. Wir tauschen uns sehr stark darüber aus, wie der eine oder andere mit dieser und jener Thematik umgeht. Alleine das ist schon ein Riesen-Gewinn.

Wir lachen miteinander, wir trinken auch mal zusammen – also einfach soziale Kontakte pflegen. Ich glaube, dass diese Isolation, die im Moment läuft, jeden zum Einzelkämpfer macht. In Wirklichkeit wäre das nicht notwendig. Man kann sehr wohl zusammenkommen, sich miteinander besprechen und neue Ziele und Visionen erschaffen.

Götsch: Wir haben einiges unternommen. Begonnen hat das mit einem offenen Unternehmerbrief in der lokalen Presse. Ein eigens produziertes Video ging viral und aufgrund dessen haben wir wahnsinnig viele Anfragen bekommen. Ziel dahinter ist es, tatsächlich Mut zu machen, weil wir immer wieder feststellen, dass Kollegen im Unternehmerkreis Angst haben, ihre Meinung kundzutun. Sie haben Angst, ihre Kunden zu verlieren und sich gegen die Mitarbeiter zu stellen.

Es ist ganz, ganz, ganz viel von Angst geprägt. Aufgrund unserer durchweg positiven Erfahrungen können wir nur mitteilen, dass es nicht notwendig ist, vor irgendetwas Angst zu haben. Einer unserer Kollegen hat treffend gesagt: „Wenn man unbedingt Angst haben möchte, dann sollte man es eher vor dem haben, was kommen wird, wenn wir jetzt nichts tun.“

ET: Sie sind klein gestartet. Wie groß ist die Initiative „Unternehmer AKTIV“ mittlerweile?

Götsch: Lokal müssten es jetzt gut hundert Unternehmer verschiedener Größen sein, also vom Einzelunternehmer bis zu Konzernen mit 300 bis 500 Mitarbeitern. Aber unser Ziel ist es, nicht nur lokal zu wachsen, sondern deutschlandweit Netzwerke aufzubauen. Es gründen sich lokal immer mehr Netzwerke. Zum Beispiel haben wir einen befreundeten Unternehmerkreis in Augsburg. Da sind es mittlerweile schon 600 Unternehmer.

Wir haben Kontakt zu weiteren Unternehmerkreisen in Süddeutschland, die mit ähnlichen Aktionen auf sich aufmerksam gemacht haben. Da sind es 2.400 Unternehmer-Unterschriften, die sich an den Aktionen beteiligen.

Also wir wachsen rasant und mit jeder Aktion, die wir von uns kommunizieren, kommen wöchentlich so viele E-Mails rein, die wir teilweise gar nicht mehr beantworten können. Unsere Netzwerke wachsen und wachsen und wachsen, immer schneller und immer größer. Nur wenn wir nach außen groß wirken können, können wir etwas erreichen.

Scheuffele: Das andere ist, dass man wirklich auch ganz bewusst aus dieser Ohnmacht herausgeht. Immer, wenn einem irgendetwas ganz groß erscheint, denken wir, wir müssen genauso groß sein. Das verhindert aber das Handeln.

Wenn man aber anfängt und sagt: „Ich muss einfach mal was tun“ – das ist eine ganz andere Möglichkeit. Ich sehe, dass viele Initiativen einfach im Keim ersticken, weil die Menschen perfektionistisch sind und weil sie Angst haben, Fehler zu machen.

Götsch: Was die Regierung betrifft, bin ich tatsächlich ein bisschen härter und stelle genauso den Appell an die Regierung, wie die Regierung den Appell an uns stellt, indem sie sagt: ‚Wir müssen Leben schützen, wir müssen uns gegenseitig schützen vor dem Virus‘.

Vielleicht sollte die Regierung auch mal ihren Mittelstand schützen und sich selbst hinterfragen – ob sie kompetent ist, uns zu erzählen, wie wir unsere Läden führen sollen.

Es ist für uns völlig logisch, dass ein Mitarbeiter, der sich kränklich fühlt, zu Hause bleibt und dass wir uns nicht gegenseitig umarmen. Die Politik hat uns die Kompetenz gänzlich abgesprochen, obwohl sie selber keinerlei Kompetenz besitzt.

Wir können jeden Unternehmer nur dazu anhalten oder bitten, uns bei Interesse zu folgen. Schreibt uns an, kontaktiert uns und wir stellen unser Konzept gerne vor und organisieren ein Treffen. Werdet mutig, vernetzt Euch, lasst Euch das nicht mehr gefallen, was mit dem Mittelstand gemacht wird!

Nur so kommen wir gemeinsam aus dieser Krise raus. Nur so werden wir eine Macht. Wir würden uns wirklich freuen, wenn sich lokal noch mehr Netzwerke bilden würden, um gemeinsam etwas zu erreichen.

Zu erreichen ist die Initiative über die E-Mail: [email protected] und die Website www.unternehmer-aktiv.de.

Das Interview führte Alexander Zwieschowski und wurde zum besseren Verständnis redaktionell bearbeitet.



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