Rechnungshof rügt Regierung: „Bund muss mit Geld ordentlicher haushalten“

Die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg und die Energiekrise sind „ein Stresstest für den Bundeshaushalt“. Trotz der Herausforderungen kritisiert der Rechnungshof in seinen jährlichen „Bemerkungen“ die Regierung für unnötige Mehrausgaben und Fehltritte. Der finanzielle Spielraum werde immer enger.
Titelbild
Finanzminister Christian Lindner mit dem Minister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck. Foto von Adam Berry/Getty Images
Epoch Times7. Dezember 2022


Verlostes Fördergeld, verschuldete Datensicherheit, verlorene Steuereinnahmen: Der Bundesrechnungshof wirft der Bundesregierung in seinem Jahresbericht zahlreiche Verfehlungen vor. Auch grundsätzliche Kritik äußert die Behörde in den am 6. Dezember veröffentlichten „Bemerkungen 2022“ – durch die hohe Staatsverschuldung werde der „fiskalische Spielraum für zentrale Projekte künftiger Parlamente und Regierungen“ immer geringer.

Krisen sind „Stresstest für den Bundeshaushalt“

Besorgt zeigt sich der Bundesrechnungshof über die Haushaltsführung des Bundes insgesamt. Drei kurz aufeinanderfolgende Krisen – nämlich die Corona-Pandemie, der russische Angriff auf die Ukraine und die Energiekrise – seien „ein Stresstest für den Bundeshaushalt“. Zusammen mit weiteren finanzwirtschaftlichen Herausforderungen wie dem demografischen Wandel, der Bekämpfung des Klimawandels und der Modernisierung der Infrastruktur gefährdeten sie „die langfristige Tragfähigkeit der Staatsfinanzen“.

„Vor der Pandemie hatte der Bund in 70 Jahren eine Verschuldung von rund 1,3 Billionen Euro angehäuft. Infolge der Notlagen der letzten drei Jahre wird sich der Schuldenstand um etwa 800 Milliarden Euro erheblich erhöhen“, führen die Prüfer aus. „In absehbarer Zeit wird also ein Wert von zwei Billionen Euro überschritten werden“, entsprechend würden auch die Zinszahlungen steigen. Für das Jahr 2021 zahlte der Bund vier Milliarden Euro Zinsen, für 2023 seien bereits über 40 Milliarden Euro eingeplant – Tendenz steigend.

„Die finanziellen Handlungsspielräume des Bundes schrumpfen immer weiter. Es kommt künftig mehr denn je darauf an, dass der Bund mit seinem Geld ordentlich haushaltet“, mahnte der Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller.

In den „Bemerkungen“ werden die Fälle vorgestellt, mit denen sich der Bundesrechnungshof ausführlicher befasst hat. In den kommenden Monaten soll sich der Bundestag damit beschäftigen. Nachfolgend einige Auszüge:

Eine halbe Million Förderausgaben verlost

Kritisiert wird unter anderem das Bundeswirtschaftsministerium: In einem 500 Millionen Euro schweren Programm namens „Digital jetzt“ würden Fördermittel zur Digitalisierung von Unternehmen verlost. Die geförderten Firmen würden „nach dem Zufallsprinzip“ bestimmt, „wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ und die „Rentabilität der Investition“ spielten praktisch keine Rolle.

„Der Bundesrechnungshof nimmt hohe Mitnahmeeffekte an.“ Laut Meinung des Bundesrechnungshofes sollte das Bundeswirtschaftsministerium im „Einzelfall prüfen, ob und inwieweit ein finanzieller Anreiz“ notwendig sei.

400 Millionen Euro Verwaltungskosten bei Grundrente

Gerügt wird auch das Bundesarbeitsministerium, und zwar wegen der Grundrente. „Schon im Gesetzgebungsverfahren hatten Fachleute vor überbordender Bürokratie und hohen Verwaltungskosten gewarnt“, erklärt der Bundesrechnungshof – „eine überschlägige Bestandsaufnahme bestätigt dieses Bild.“

Im ersten Jahr der 2021 eingeführten Leistung seien 1,3 Milliarden Euro Grundrente ausgezahlt worden, wobei fast 0,4 Milliarden Euro an Verwaltungskosten verursacht worden seien.

Bund verzichtet auf mehr als eine Milliarde Euro wegen veralteter Kfz-Steuervergünstigungen

Mehr als eine Milliarde Euro jährlich entgeht dem Staat nach Auffassung des Bundesrechnungshofes durch überholte Vergünstigungen bei der Kfz-Steuer. Steuervergünstigungen für bestimmte Kraftfahrzeuge würden bereits seit Einführung der Kraftfahrzeugsteuer im Jahr 1922 bestehen.

Viele Regelungen seien nicht mehr effizient oder veraltet. Ein vom Bundesfinanzministerium in Auftrag gegebenes Gutachten habe hier bereits 2017 große Defizite festgestellt. „Trotz der eindeutigen Ergebnisse des Gutachtens hat das BMF bisher keine Initiative zum Abbau von Steuervergünstigungen ergriffen“, beklagen die Prüfer. Dies widerspreche auch dem Klimaschutz-Sofortprogramm der Bundesregierung.

Sensible Daten ausreichend absichern

In dem Bericht wird außerdem vielen Bundesbehörden vorgeworfen, dass sie sensible Daten – sogenannte Verschlusssachen – nicht ausreichend absichern würden. „Das Bundesinnenministerium sollte dringend auf alle Bundesbehörden einwirken, dass diese ihre Behördennetze endlich absichern und für die Verarbeitung von Verschlusssachen freigeben“, fordert der Rechnungshof.

Unnötige Mehrausgaben für überholtes U-Boot-Konzept

Manche Punkte in den „Bemerkungen“ seien geradezu kurios: So habe die Bundeswehr „trotz unzureichender Entwicklungsfortschritte der Industrie“ 19 Jahre lang an dem „Vorhaben einer Kommunikationsboje für U-Boote“ festgehalten.  Und das, „obwohl ein vorzeitiger Ausstieg vertraglich möglich gewesen wäre“.

Die Boje sollte demnach „tief getauchten U-Booten ermöglichen, ihre Anwesenheit zu verbergen und trotzdem zu funken“. Inzwischen sei das Konzept aber überholt, da U-Boote auch im Bojenbetrieb durch neue Ortungsmethoden leicht entdeckt werden könnten. „Der zu späte Abbruch des Projekts ist nun mit unnötigen Mehrausgaben verbunden.“ (afp/il)



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