Vollbelegung: Luxusherberge in Premiumlage wird zur Unterkunft für Flüchtlinge
Innerhalb von einer Woche war das beste Haus am Marktplatz mit ukrainischen Flüchtlingen voll belegt. Ab dem 28. September waren die ersten 50 Personen eingezogen, innerhalb der darauffolgenden Woche kamen dann weitere 60 Menschen – ausschließlich aus der Ukraine.
Neues Flüchtlingsheim mit vier Sternen und in Exklusivlage
Das neue Flüchtlingsheim in Garmisch-Partenkirchen erhitzt die Gemüter. Grund dafür ist die exponierte Lage der Unterkunft. Die Geflüchteten kommen nicht in normalen Unterkünften oder einer Sporthalle unter – das ATLAS Posthotel mit vier Sternen liegt mitten im Stadtzentrum des bayerischen Touristenortes.
Über insgesamt 44 Zimmer verfügt das Traditionshaus, das auf über 300 Jahre Geschichte zurückblicken kann und schon zur Zeit des Dreißigjährigen Kriegs als Taverne ein „Ort der Einkehr und Gastfreundschaft“ gewesen sein soll.
Katastrophe für Tourismus?
Die Nachricht, dass das ATLAS Posthotel Geflüchteten als Unterkunft dienen soll, sorgte im Vorfeld für viele Bedenken und für Widerspruch. Daniel Schimmer, Regionalleiter des Hotel- und Gaststättenverbandes, spricht über diese Entscheidung von einer „Katastrophe“. Bei allem Verständnis für das Thema Flüchtlingsunterbringung halte er den Standort für ungeeignet, denn bei diesem handle es sich um einen touristischen Hotspot. Auch Landrat Anton Speer (Freie Wähler), dessen Landratsamt das komplette Grundstück am Marienplatz zunächst für ein Jahr angemietet hatte, findet dies nach eigener Aussage auch nicht förderlich für den Tourismus.
Speers oberste Prämisse bleibe aber, das Schließen von Turnhallen für den allgemeinen Gebrauch unbedingt zu verhindern. „In Corona ist schon so viel zulasten unserer Kinder gegangen, das darf nicht wieder passieren“, sagt Speer und verweist auf den Nachbarlandkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, in dem bereits drei Sporthallen geschlossen werden mussten, um als Flüchtlingsunterkünfte umfunktioniert zu werden.
Nobelhotel statt Sporthalle
Das Gebäude in exklusiver Lage, das zum Immobilienimperium der Münchner Kavun-Gruppe gehört, wurde von dieser mehrfach als Flüchtlingsunterkunft angeboten. Das Unternehmen des Baulöwen Ibrahim Kavun ist in Garmisch-Partenkirchen mit vier touristischen Betrieben gut aufgestellt. Das Sporthotel der Kavun Gruppe ist ebenfalls ans Landratsamt zur Unterbringung von Migranten vermietet.
Landrat Speer betont, dass er das ATLAS Posthotel vor der aktuellen Zusage bereits „zwei-, dreimal schon abgelehnt“ habe. Weil für die verbleibenden Monate des Jahres ein verstärkter Zustrom von Flüchtlingen erwartet wird, habe er diesmal zugestimmt. Um nun allerdings eine Belegung von Sporthallen zu vermeiden, sei man schließlich darauf eingegangen, erklärte Speer.
Landrat und Bürgermeisterin einig
Nach Einholung des Einverständnisses der CSU-Bürgermeisterin Elisabeth Koch – „Ja, was sollen wir auch tun. Wir alle wollen nicht, dass Turnhallen belegt werden“ – warnt diese aber vor den Auswirkungen: Der Flüchtling an sich sei auch nicht das Problem. „Es sind die Folgen, die uns als Kommune treffen.“ Der Aufwand für das Einwohnermeldeamt sei enorm, zudem müsse die Kinderbetreuung massiv aufgestockt werden.
Im Fall des Garmisch-Partenkirchner Posthotels will das Landratsamt Folgendes garantieren: „Wir haben den Kompromiss gefunden, dass wir nur echte ukrainische Staatsbürger dort unterbringen“, so Peter Berchtenbreiter, Leiter der Abteilung Soziale Angelegenheiten im Landratsamt.
„Dazu stehen wir, und so wie es derzeit aussieht, können wir das auch leisten.“ 110 von 120 möglichen Plätzen sind belegt. „Mehr werden es auch nicht“, stellt der Landrat klar und gibt ein weiteres Versprechen: „Wenn dort jemand auffällig wird, dann wird sofort umverteilt.“
„Das Thema birgt Sprengstoff“
Für viele Anwohner und Betroffene tun sich allerdings andere Problematiken auf. Die zeigen sich als ein Spiegel der Stimmung vor allem in den Kommentarspalten der sozialen Medien. Der „Merkur“ schloss deshalb den Kommentarbereich eines Artikels über die Posthotel-Entscheidung zwei Stunden nach Erscheinen desselben.
Das „Garmisch-Partenkirchner Tagblatt“ postete auf seiner Facebook-Präsenz:
„Das Thema birgt Sprengstoff: Das Landratsamt möchte im traditionsreichen Atlas Posthotel in bester Lage am Garmisch-Partenkirchner Marienplatz geflüchtete Familien aus der Ukraine unterbringen. Der Hotel- und Gaststättenverband ist von dieser Standortwahl nicht begeistert – und befürchtet, dass der Tourismusort Schaden nimmt.“
Bislang wurde der Beitrag über 200-mal kommentiert. Hier eine Auswahl, die das Stimmungsbild der Bevölkerung widerspiegelt:
User Elias Fischbacher:
„Arbeitende Bürger, Rentner usw. suchen verzweifelt nach bezahlbarem Wohnraum und hier wird Platz für 120 Flüchtlinge direkt im Zentrum geschaffen? Absolut unfassbar was hier abgeht!!!“
User Sv Statler:
„Ich verstehe die Aufregung nicht ganz: Die Menschen sind wegen des Kriegs aus der Ukraine geflohen. Viele von ihnen konnten zumindest einen Teil ihrer Wertsachen mitnehmen und fast alle haben Zugriff auf deren Konten, Guthaben und Depots in ihrem Heimatland. Ich gehe also davon aus, daß die in diesem Hotel einquartierten Menschen auch für die Kosten der gehobenen Unterbringung aufkommen. Zumindest so lange sie in irgend einer Form finanzielle Mittel haben. Ich kann mir, gerade die Situation der inländischen Bedürftigen vor Augen, nicht vorstellen, daß die Verwaltung bzw. die Regierung deren Unterbringung auch noch finanzieren.“
User Michi BausGap:
„Erschreckend ist dabei für mich die rein betriebswirtschaftliche Betrachtung, dass man als Hotel Betreiber damit offenkundig mehr erwirtschaftet als mit normalem Hotelbetrieb. Das heißt ja im Ergebnis mit unserer aller Steuergelder“
User Urs Peter Janetz:
„Wenn da jetzt unsere Lokalpolitiker nicht endlich mal für unsere Lebensgrundlage den Tourismus kämpfen, dann wundert es nicht, wenn am Ende die AfD Zulauf bekommt. Unser Landrat hat sein Rückgrat ja schon an der Garderobe abgegeben. Bei Quotenerfüllung von über 130 Prozent braucht man sich dem Druck der Regierung wahrlich nicht beugen. Und BTW, was sagt unsere Ortspolitik dazu? Fremdenverkehrsbeitrag wird ja gerne kassiert, aber jetzt ja nicht mehr von Kavun. Gute Nacht, Garmisch-Partenkirchen.“
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