Vorschlag der Türkei: Mit der EU Syrer gegen Syrer tauschen

Kern des möglichen Deals: Die Türkei ist bereit, nicht nur sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge, sondern auch Syrer von den griechischen Inseln zurückzunehmen, was die schwierige humanitäre Lage dort entspannen würde. Dafür soll die EU im Gegenzug der Türkei direkt syrische Flüchtlinge abnehmen - eins zu eins.
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Nicht schlecht, aber auch nicht richtig gut, lief der Flüchtlingsgipfel aus Sicht der Kanzlerin. Merkel spricht dennoch von einem «Durchbruch».Foto: Kay Nietfeld/Archiv/dpa
Epoch Times8. März 2016

Es lief nicht richtig gut für Angela Merkel in Brüssel. Fünf Tage vor den wichtigen Landtagswahlen ging der Flüchtlingsgipfel mit der Türkei am Morgen mit einem eher mageren Ergebnis zu Ende – jedenfalls gemessen an den Erwartungen, die viele Beteiligte geweckt hatten.

Ist das Glas nun halb leer oder halb voll, das ist an diesem Morgen die Frage. Die Kanzlerin gibt sich jedenfalls unverdrossen: „Viele waren sich einig, dass das ein Durchbruch ist“, sagt sie. Der echte Durchbruch aber soll erst am 18. März kommen, also nach den Landtagswahlen in drei Bundesländern. Das hätte sich die CDU-Vorsitzende sicher anders gewünscht.

In einer mehr als fünfstündigen Nachtsitzung vor dem Gipfel hatte die Kanzlerin die Weichen für eine Einigung mit der Türkei gestellt – so hoffte sie jedenfalls. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu hatte ihr einen überraschend umfassenden Plan zur Entschärfung der Flüchtlingskrise präsentiert, wenn auch ziemlich kurzfristig.

Kern des möglichen Deals: Die Türkei ist bereit, nicht nur sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge, sondern auch Syrer von den griechischen Inseln zurückzunehmen, was die schwierige humanitäre Lage dort entspannen würde. Dafür soll die EU im Gegenzug der Türkei direkt syrische Flüchtlinge abnehmen – eins zu eins.

Überdies soll die EU insgesamt sechs Milliarden Euro zahlen und Visaerleichterungen für die Türkei gibt es nach dem Wunsch Ankaras nicht erst im Oktober, sondern schon im Juni. 

Davutoglu sagte auch er sei gekommen um „Schulter an Schulter“ mit der EU an der Bewältigung der Krise zu arbeiten. Mit dem bisherigen Ansatz, die Schlepper zu bekämpfen, wurde kein Erfolg erzielt: Alleine im Februar kamen 56.000 neue Flüchtlinge in Griechenland an, das EU-Land ist auch wegen der Schließung der Balkan-Route überlastet.

Dann ging Davutoglu mit seinem Plan in die große Runde der 28 Staats- und Regierungschefs – und der Krisengipfel entwickelte sich zum Thriller. Es gab Widerstand aus Ungarn und von anderen. Der Gesprächsbedarf war groß, die Sitzung wurde verlängert, ein Scheitern drohte. Das geplante Abendessen aller 28 mit Davutoglu fiel am Ende ganz aus. 

Kontroverses Thema waren auch die jüngsten Einschränkungen der Pressefreiheit in der Türkei. Der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi verlangte ultimativ eine Verurteilung in der Schlusserklärung, doch da war am Ende nur noch von einer „Diskussion über die Situation der Medien in der Türkei“ die Rede.

Einen kleinen Sieg konnte die Kanzlerin dann doch noch mit nach Hause nehmen. Im Entwurf der Abschluss-Papiers hieß es über die sogenannte Balkanroute: „Diese Route ist nun geschlossen“. Doch Merkel und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker widersprachen der Formulierung. Die Balkanroute sei ja eben nicht geschlossen, immer noch kämen Menschen auf diesem Weg nach Mitteleuropa. Am Ende fehlte der Satz im Schluss-Dokument.

„Heute ist ein guter Tag gewesen. Aber es bleibt noch Arbeit bis zum 18. März übrig“, sagte die Kanzlerin am Schluss. Am 14. März steht fest, wie die Wahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt ausgegangen sind und ob Merkel beim nächsten Mal gestärkt oder geschwächt nach Brüssel reist. Aber sie weiß schon jetzt: Das Weltgeschehen, die Flüchtlingskrise und die EU nehmen eben „keinerlei Rücksicht auf nationale politische Termine.“ (dpa/so)



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