Wärmepumpe und E-Auto sind die Zukunft – bis Netzbetreiber die Versorgung drosseln

Im Zeichen der Energiewende sollen Wärmepumpe und E-Auto künftig Wärme und Mobilität gewährleisten. Wird der Strom knapp, drohen jedoch Einschränkungen.
Eine Mitarbeiterin der Firma Vaillant montiert eine Wärmepumpe im Stammwerk des Unternehmens in Remscheid.
Eine Mitarbeiterin der Firma Vaillant montiert eine Wärmepumpe im Stammwerk des Unternehmens in Remscheid.Foto: Roberto Pfeil/dpa
Von 2. März 2023


Erst jüngst hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit seinem Vorstoß zum Aus für Öl- und Gasheizungen Aufsehen erregt. Nun droht ihm eine weitere unvorteilhafte Debatte im Kontext der „Energiewende“-Pläne des Bundes. Es geht um die sogenannte Spitzenglättung durch Netzbetreiber im Bereich der Stromversorgung. Diese könnte insbesondere die Nutzer von Wärmepumpen und E-Autos treffen – und damit von Entwicklungen, zu deren Verwendung die Regierung Menschen aus Klimaschutzgründen gezielt motivieren will.

Mehr Wärmepumpen verkauft – aber deutlich weniger als politisch gewollt

Ab 2035 sollen nach dem Willen der EU keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr eine Zulassung für den Straßenverkehr erhalten. Dies soll dem E-Auto flächendeckend zum Durchbruch verhelfen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) unternimmt derzeit noch einen Versuch, die umstrittene Maßnahme zugunsten mit E-Fuels betriebener Verbrennungsmodelle zu relativieren. Unabhängig vom Erfolg dieser Bemühungen wird der Strombedarf im Bereich der Mobilität aber in jedem Fall erheblich steigen.

Nach den Vorstellungen Habecks sollen zudem schon ab 2024 nur noch Heizungen eingebaut werden dürfen, die Wärme aus mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien erzeugen. Dies würde neben Fernwärmeanlagen und Biomassekesseln vor allem Wärmepumpen begünstigen.

Im vergangenen Jahr war die Nachfrage nach Wärmepumpen um nicht weniger als 53 Prozent auf 236.000 Geräte gestiegen. Die Politik würde sich das Doppelte an Absatz wünschen. Ob die Nachfrage weiter wachsen wird, hängt jedoch auch von der Politik selbst ab. Neben dem Fachkräftemangel, der dazu führt, dass die Wartezeit für neue Geräte wächst, ist nun die Versorgungssicherheit eine zentrale Herausforderung.

Knappheitsmanagement statt Zielerreichung

Ein wesentlicher Faktor, der viele Menschen davor zurückschrecken lässt, sich ein E-Auto oder eine Wärmepumpe zuzulegen, sind halbgar anmutende Pläne der Politik. Diese beschwört ambitionierte Energiewendeziele; real bleibt deren Umsetzung jedoch deutlich hinter den Ankündigungen zurück.

Dies gilt nicht zuletzt im Hinblick auf den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Schaffung einer Infrastruktur, die Versorgungsengpässe ausgleichen könnte. Gleichzeitig sorgen diverse Ausstiegspläne aus traditionellen Energiequellen für eine zusätzliche Angebotsverknappung und Importabhängigkeit.

Zwar ist ein größerer Blackout bei der Stromversorgung in diesem Winter bislang ausgeblieben, dennoch diskutierten Politik, Energieversorger und Netzbetreiber schon im Vorjahr Reaktionen auf eine mögliche Nachfragesituation, die die heimischen Netzkapazitäten nicht bewältigen könnten.

Habeck will lokale Netzbetreiber zur Drosselung ermächtigen

In diesem Zusammenhang fiel wiederholt der Begriff der „Spitzenglättung“. Diese Option hatte bereits Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier erwogen. Sie sollte die Antwort auf ein Stromnetz sein, das dem politisch erzeugten Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage nicht mehr gewachsen sein könnte. Im Kern geht es darum, Voraussetzungen zu schaffen, um bei drohender Überbelastung der Stromnetze bei sogenannten „steuerbaren Verbrauchseinrichtungen“ die Leistung zu drosseln. Insbesondere wären privat betriebene Ladesäulen für E-Autos – etwa sogenannte Wallboxen – und Besitzer von Wärmepumpen im Eingriffsfall die ersten Leidtragenden.

Während Altmaier infolge von Protesten aus der Autoindustrie vor einer Umsetzung dieses Gedankens zurückschreckte, will Nachfolger Robert Habeck nun Nägel mit Köpfen machen. Auf Grundlage des Paragrafen 14a des Energiewirtschaftsgesetzes will er die Netzbetreiber per Verordnung mit der Aufgabe betrauen, im Bedarfsfall die Stromversorgung zu drosseln.

Bundesregierung streicht Vorteile für Besitzer heraus

Wie die „Welt“ berichtet, soll diese Ermächtigung an die Netzbetreiber sogar zeitlich unbegrenzt sein. Aus Sicht der Bundesregierung sei die sogenannte kurative Steuerung sogar ein Dienst am Verbraucher.

Immerhin setze die Inanspruchnahme dieser Erlaubnis durch die Netzbetreiber die Verpflichtung voraus, Wallboxen und private PV-Anlagen unverzüglich ans Netz anzuschließen. Eine Ablehnung oder Verzögerung unter Verweis auf eine mögliche Überlastung der Leitungen sei damit nicht mehr denkbar.

Zudem sei keine komplette Unterbrechung der Stromzufuhr gestattet. In steuerbaren Verbrauchseinrichtungen dürfe eine Drosselung auf 3,7 kW und mit einem steuerbaren Anschlusspunkt auf 5,0 kW erfolgen.

Intelligente Stromzähler noch kaum vorhanden

Habeck baut zudem auf den Einsatz sogenannter Smart Meter, die helfen sollen, die Inanspruchnahme der Stromversorgung besser auf die Auslastung des lokalen Netzes abzustimmen. Der Minister erklärte in diesem Kontext:

Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der stärkere Einsatz von Elektroautos im Verkehrsbereich und Wärmepumpen in Gebäuden erfordern eine intelligente Verknüpfung von Stromerzeugung und -verbrauch.“

Verbände halten das Vorhaben der Bundesregierung für nicht zumutbar. Dies liege nicht nur daran, dass intelligente, digitale Stromzähler und Steuereinheiten in Deutschland noch kaum verbreitet sind. Von diesen würden jedoch Millionen benötigt, um das Konzept der Bundesregierung nur annähernd realistisch erscheinen zu lassen.

Nachfrage nach Wärmepumpen und E-Autos könnte leiden

Die Verbandspräsidenten der Automobilindustrie (VDA), der Wärmepumpen-Branche (BWP) und der Neuen Energieanbieter (bne) haben sich in einem offenen Brief an den Präsidenten der Bundesnetzagentur Klaus Müller gewandt. Sie bezeichneten die geplante Ermächtigung der lokalen Netzbetreiber als „überzogen und einseitig“. Es seien „erhebliche Einschränkungen für die Verbraucher“ zu befürchten.

Vor allem könnte sich die Maßnahme als Eigentor für die Bundesregierung erweisen, wenn es um das Erreichen von Energiewendezielen gehe. Diese wolle die Zahl der verbauten Wärmepumpen in den nächsten sieben Jahren auf sechs Millionen verfünffachen. Die Zahl der zugelassenen E-Autos solle zeitgleich von einer auf 15 Millionen steigen. Beide Produkte seien jetzt schon erheblich teurer in der Anschaffung als ihre fossilen Vorgängermodelle.

Sollte nun auch noch eine weitere Komforteinschränkung beim Gebrauch zu befürchten sein, könne dies die Kaufzurückhaltung der Verbraucher noch weiter bestärken.

Verbände fordern Netzausbau statt Notfallmanagement

Ramona Pop von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) plädierte dafür, den Notfall zu verhindern, statt Notfallmaßnahmen auszuweiten. Zeitvariable Stromtarife würden einen Anreiz zu angebotsangepasstem Ladeverhalten setzen.

Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft (bne), betont:

Anstatt die Leistung zu drosseln, sollten die Netzbetreiber den Netzausbau vorantreiben und die gefährdeten Netzstränge vorrangig digitalisieren.“

Die Verbände fordern in ihrem Schreiben an die Bundesnetzagentur zudem, die Zulässigkeit der „kurativen Steuerung“ zu beschränken. Die zulässige mögliche Abregelung der Leistung sei zeitlich kumuliert an eine Obergrenze pro Jahr und Tag zu koppeln. Nur so bleibe Verbraucherverhalten planbar.



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