Wagenknecht-Partei für China-freundlichen Kurs – und Distanz zu den USA

Auch auf internationaler Ebene blickt man mit Interesse auf das in Gründung befindliche BSW von Sahra Wagenknecht. Einen Freund dürfte die Partei bereits gewonnen haben: das kommunistische Regime von Machthaber Xi Jinping in China.
Titelbild
Sahra Wagenknecht.Foto: Andreas Rentz/Getty Images
Von 26. Oktober 2023

Seit der offiziellen Ankündigung der Gründung des „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) steht das neue politische Projekt im Zentrum medialer Aufmerksamkeit. INSA traut der neuen Partei aus dem Stand ein zweistelliges Ergebnis zu. In deutschen Medien erfährt die aus der Linkspartei ausgetretene Politikerin heftigen Gegenwind. Kritisiert wird sie vor allem wegen einer vermeintlichen Nähe zu Russland. Was bislang erst selten zur Sprache kam, ist ihre Position zu China und dem dortigen kommunistischen Regime.

Lob für „entschlossene Industriepolitik“ in China während der Corona-Zeit

Tatsächlich scheint die behauptete Russland-Nähe Wagenknechts überbewertet zu sein. Die in die Russische Föderation übersiedelte frühere Münchner Linke-Stadträtin Dagmar Henn äußerte sich sehr kritisch zur Pressekonferenz vom Montag, dem 23. Oktober. Sie verwies auf die mehrfache Rede vom „russischen Angriffskrieg“ durch die Politikerin. Zudem habe sie den Namen von Präsident Wladimir Putin in einem Zusammenhang mit „zwielichtigen Personen […], mit denen wir nichts zu tun haben“, verwendet.

Als einer der ersten Analysten in der deutschen Medienlandschaft hat sich Finn Mayer-Kuckuck auf „table.media“ mit dem Verhältnis der Wagenknecht-Partei zu China befasst. Vieles von seinen Erkenntnissen deutet darauf hin, dass es dem BSW eher an einer Distanz zu Peking als zu Putin fehlen könnte.

Explizit gelobt hat Wagenknecht selbst China für dessen „entschlossene Industriepolitik und massiven staatlichen Investitionen“ in der Corona-Zeit. Tatsächlich hat Peking durch eine rigide Lockdown-Politik und massive Beschränkungen das eigene Wirtschaftswachstum abgewürgt. Erst unter massivem Leidensdruck hat die Führung in Peking Ende 2022 eine Kehrtwende vollzogen.

Wagenknecht sieht Europa eher als Opfer der USA denn als Täter

Zudem sieht man eine Hinwendung zu China im BSW offenkundig aus einem tiefgreifenden Antiamerikanismus heraus als eine zwingende Notwendigkeit. Durch das Gründungsmanifest der Partei und durch weitere Äußerungen ihrer Spitzenpolitiker zieht sich ein roter Faden. Demnach sieht man die USA als die Hauptverantwortlichen für Kriege und Krisen in der Welt.

Europa ist diesem Narrativ zufolge das Opfer amerikanischer Machtpolitik, und schon im Ukraine-Konflikt habe sich dies offenbart. Dabei war der „Euromaidan“ dem irregulären Machtwechsel in Kiew 2014 vorangegangen, und Auslöser war ein gescheitertes Assoziierungsabkommen mit der EU.

Wagenknecht hingegen strebt ein „eigenständiges Europa souveräner Demokratien in einer multipolaren Welt“ an. Dieses solle nicht zwischen den neuen Machtblöcken zerrieben werden. Anders als Frankreichs Präsident Emmanuel Macron beschwört sie die „europäische Souveränität“ nicht im Kontext der „westlichen Werte“. Im Kern läuft jedoch auch ihre Vision davon auf Distanz zu den USA hinaus – und eine entsprechend größere Abhängigkeit von China.

Willy Brandt: Ein authentisches Vorbild für das BSW?

Das BSW sieht sich selbst als legitimer Sachwalter der Entspannungspolitik des früheren Bundeskanzlers Willy Brandt. Schon dieser hatte ein verhältnismäßig gespanntes Verhältnis zu den USA. Allerdings hatte er diese stets als Führungsmacht der freien Welt anerkannt.

Die Position Wagenknechts, Europas sei mehr oder minder ein willenloses Opfer der „amerikanischen Wirtschaftskriege“, war weder jene Brandts noch in späterer Zeit jene Gerhard Schröders. Mitgründerin Amira Mohamed Ali sieht die Lage etwas differenzierter. Sie räumt ein, dass China kein demokratischer Staat ist und „dort gravierende Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind“.

Allerdings sieht auch sie die deutsche Debatte über China bedingt durch dessen Konkurrenzsituation mit den USA. Entsprechend würde der Einfluss Washingtons dafür sorgen, dass die Menschenrechtslage in China ein zentrales Gesprächsthema bleibe.

Warnung vor Wirtschaftskrieg

BSW-Mitgründer Christian Leye betonte, Deutschland könne sich verstärkte Spannungen und eine handelspolitische Konfrontation mit China nicht leisten. Bereits im Vorjahr äußerte er im Bundestag:

Noch einen Handelskonflikt, diesmal härter und schlimmer als der mit Russland, wird die Bevölkerung nicht mitmachen, das hält sie nicht aus.“

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bescheinigte er, durch einen China-feindlichen Kurs die deutsche Exportwirtschaft zu gefährden. Habeck hatte zuvor auf eine Kleine Anfrage hin erklärt, es gebe nur noch wenige Exportgarantien mit Blick auf das China-Geschäft – und diese umfassten nur kleine Summen.

Zwar bestätigen Ökonomen, dass ein Wirtschaftskrieg mit China aufgrund der hohen Abhängigkeit tatsächlich verheerende Folgen für die deutsche Wirtschaft hätte. Auffällig ist jedoch, dass vonseiten der BSW-Gründer wenig an Impulsen kommt, wenn es um Wege zur Verringerung dieser Abhängigkeit geht. Vor allem kommen regelmäßig konfrontative Äußerungen mit Blick auf alternative Wirtschaftspartner wie die Türkei, Aserbaidschan oder Saudi-Arabien.

China-freundliche Ausrichtung auch in der AfD

Die Wagenknecht-Partei scheint vor diesem Hintergrund in ähnlicher Weise Politik im Interesse Chinas zu betreiben, wie es auch in weiten Teilen der AfD der Fall ist. Dort sind es zum Teil ebenfalls Überlegungen, den Einfluss der USA zurückzudrängen, die eine Peking-freundliche Politik begünstigen.

Dazu kommen in Randbereichen sogar ideologische Erwägungen. Teile der Partei und Führungspersönlichkeiten der parteinahen Stiftung hängen dem Mythos angeblicher „Überbevölkerung“ an. Sie sehen in der Ein-Kind-Politik, mit der Chinas Regierung dem eigenen Land massiv geschadet hatte, als Vorbild für Afrika an. Zudem scheint es aus der islamfeindlichen Ausrichtung der Partei heraus bei einigen AfD-Politikern Sympathien für die Repressionspolitik Pekings gegenüber den Uiguren zu geben.



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