„Wehe, man legt sich mit dem Dunstkreis um Herrn Höcke an“: Polizist verlässt AfD
Der Fall Lars Herrmann erhitzt derzeit die Gemüter innerhalb und außerhalb der AfD. Der sächsische Bundestagsabgeordnete ist aus seiner Partei und der Fraktion ausgetreten. Nach eigenen Angaben habe man ihn loswerden wollen, weil er dem thüringischen AfD-Vorsitzenden und „Flügel“-Chef Björn Höcke immer kritisch gegenüber stand.
Wie immer, wenn sich zwei Partner trennen, gibt es die eine und die andere Meinung. Dabei ist es schwierig, die wahren Hintergründe zu erkennen. Während Herrmann angab, wegen Kritik am thüringischen AfD-Vorsitzenden Höcke aus der Landesgruppe Sachsen im Bundestag ausgeschlossen worden zu sein, postete die AfD Sachsen am Donnerstag auf ihrer Facebook-Seite die angeblich „wahren Gründe“ für seinen Weggang.
Darin heißt es: „Mit seinem Austritt kam Lars Herrmann einem Parteiordnungsverfahren zuvor. Er schuldet seinem Kreisverband rund 4.500 Euro. Statt seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Partei nachzukommen, spendete er sogar Geld für einen CDU-Direktkandidaten.“
Der sächsische CDU-Landtagsabgeordnete Sven-Gunnar Kirmes hatte im Sommer eine Spende in Höhe von 250 Euro von einem Konto Herrmanns erhalten. Über den Fall hatte die „Leipziger Volkszeitung“ berichtet. Herrmann gab damals an, dass seine Frau das Geld vom gemeinsamen Konto überwiesen habe.
Als Beamter hat man Pflichten, denen man gerecht werden muss
Herrmann, der vor seinem Einzug in den Bundestag als Hauptkommissar bei der Bundespolizei arbeitete, hatte den Austritt am Mittwoch auch mit der Ankündigung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang begründet, Teile der AfD stärker als bisher ins Visier zu nehmen. Als Beamter habe er „auch Pflichten“, denen er gerecht werde, sagte der 42 Jahre alte dreifache Familienvater der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Der rechte „Flügel“ um Björn Höcke ist vom Verfassungsschutz als „Verdachstfall“ eingestuft worden. Beamte müssen durch diese Einstufung zwar noch keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen fürchten, aber ein gewisser Druck lastet trotzdem auf ihnen. Das bestätigte auch der Bundestagsabgeordnete Uwe Witt der „F.A.Z.“, indem er sagte: „Der Druck ist immens bei Parteifreunden, die verbeamtet sind.“ Da Herrmann dem „Flügel“ jedoch nicht angehörte, sondern sich immer als Gegner der Gruppierung gab, halten Kritiker einen Weggang von der Partei aus diesen Gründen für unglaubwürdig.
Herrmann hielt mit seiner Meinung nie hinter dem Berg. Auf dem Parteitag der AfD in Braunschweig Anfang des Monats hatte er Höcke aufgefordert, für den Bundesvorstand zu kandidieren, damit „er sich eine Klatsche abholen kann“. Seine Ablehnung gegenüber dem Thüringer Parteivorsitzenden brachte er auch schon im Sommer zum Ausdruck, als er den „Appell der 100“ unterschrieb. Darin wurde der Personenkult um Höcke und die Einflussnahme des „Flügels“ in westdeutschen AfD-Landesverbänden kritisiert.
Herrmann begründete seinen Schritt auch damit, dass der sächsische Landesverband und sein Kreisverband Leipzig-Land mit Vertretern des rechtsnationalen „Flügels“ besetzt seien.
„Wehe, man legt sich mit dem Dunstkreis um Herrn Höcke an“
Man dürfe sich in der AfD fast alles erlauben, „aber wehe, man legt sich mit dem Dunstkreis um Herrn Höcke an“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme an die beiden AfD-Fraktionschefs Alice Weidel und Alexander Gauland, die der „Welt“ vorliegt. Hier begründet Herrmann seinen Austritt aus Partei und Fraktion auch unter anderem damit, dass er das Gefühl hatte, „auf die Abschussliste gesetzt“ worden zu sein.
Ihm sei klar, dass auch er Fehler gemacht habe, schreibt Herrmann weiter. Zumindest in Sachsen scheine jedoch „die Loyalität zum Flügel und zu Herrn Höcke einen höheren Stellenwert zu haben als die Ziele der AfD insgesamt“.
Herrmann gilt in der Partei als Anhänger von Frauke Petry, die 2017 die Partei verließ. Seit ihrem Weggehen hätten all diejenigen, die ihr nahegestanden haben, einen sehr schweren Stand, erklärt er in einem Interview mit „Welt“. Petry habe „verbrannte Erde hinterlassen“, so Herrmann.
Auf die Frage, ob er mit den Ex-AfD-Abgeordneten Petry, Mieruch und Kamann nunmehr im Bundestag zusammenarbeiten werde, sagte Herrmann dem „Spiegel“: „Ich kann nur für mich sprechen, aber ich glaube nicht, dass wir vier Ehemaligen politisch einen Neuanfang im Parlament starten werden.“ Laut der Sitzordnung werde er mit den drei Ex-Kollegen hinter der AfD-Fraktion Platz nehmen.
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