Wie NGOs bei Asylklagen helfen: Verwaltungsgerichte ersticken in Aktenbergen

„Eine derartige Zahl an Verfahren kann die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Dauer nicht aushalten. Irgendwann bricht dann alles zusammen“, erklärt der Vorsitzender des Bundes der Verwaltungsrichter. NGOs wird vorgeworfen, sie würde abgelehnten Asylbewerbern systematisch raten, gegen ihre Bescheide zu klagen.
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Akten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge im Verwaltungsgericht in Schleswig.Foto: Carsten Rehder/Archiv/dpa
Von 21. Juli 2017

Seit der Migrationswelle 2015 sind überproportional viele Klagen gegen Ablehnungsbescheide des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bei den Verwaltungsgerichten eingegangen. Die Belastung der Mitarbeiter sei enorm.

„Eine derartige Zahl an Verfahren kann die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Dauer nicht aushalten. Irgendwann bricht dann alles zusammen“, erklärte Robert Seegmüller, Vorsitzender des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Die Justizverwaltungen sind zwar gewillt, aufzustocken, aber sie finden das dringend benötigte Personal immer schwerer.“

Die Pressesprecherin und Richterin am Verwaltungsgericht Düsseldorf, Yvonne Bach sagte auf „Focus Online“, es gebe einen Zuwachs an Asylklagen um 140 Prozent im Vergleich zu 2015.

2016 sei das Düsseldorfer Gericht vor allem mit Anträgen von Asylbewerbern aus Syrien beschäftigt gewesen. „In diesem Jahr haben wir viele Klagen von Menschen aus Afghanistan“, so die Richterin. Im Düsseldorfer Verwaltungsgericht seien in den ersten 7 Monaten des Jahres 2017 bereits 15.410 neue Klagen eingegangen, fast 12.000 davon seien Asylverfahren.

„Die Lage an den Verwaltungsgerichten ist dramatisch. Wir stoßen derzeit komplett an unsere Grenzen“, fasste es Robert Seegmüller zusammen.

NGOs helfen systematisch

Indes spricht „Journalistenwatch“ von einem Asylklage-Tsunami und wirft der NGO Pro Asyl vor, sie würde abgelehnten Asylbewerbern systematisch raten, gegen ihre Bescheide zu klagen.

Auf der Website von Pro Asyl findet sich tatsächlich ein umfassender Artikel der rät: „Wenn der Asylantrag abgelehnt wird, sollte eine Klage vor das Verwaltungsgericht geprüft werden. Hierzu sollte so schnell wie möglich ein Anwalt/eine Anwältin eingeschaltet werden. Pro Asyl erwartet, dass Klagen vor den Verwaltungsgerichten durchaus in vielen Fällen Erfolg haben…“

Weiter werden die Grundsätze aufgelistet, die man beim Stellen eines Folgeantrages beachten sollte. „Bei dem Abschiebeflug vom 14. Dezember wurden viele Afghanen abgeschoben, die sich schon länger in Deutschland aufhielten. … Pro Asyl geht im Übrigen nicht davon aus, dass besonders schutzbedürftige Flüchtlinge abgeschoben werden. Darunter sind vor allem Familien mit Kleinkindern zu zählen“, so Pro Asyl.

Dann folgt der Ratschlag, Afghanische Staatsangehörige, die trotz abgelehntem Asylantrags seit längerer Zeit in Deutschland geduldet sind, sollten sich an eine Flüchtlingsberatungsstelle oder einen Rechtsanwalt wenden, um ihre rechtliche Situation zu prüfen und zu „klären, ob für sie ein Aufenthaltsrecht aus anderen als asylrechtlichen Gründen in Frage kommt.“ Auch die anderen „Möglichkeiten des Bleibens“, Härtefallantrag, Ausbildung, Arbeit werden gelistet.

Musterklage online

Die  Diakonie  dagegen hat gleich eine Musterklage für Syrer gegen die ablehnende Entscheidung zum Flüchtlingsstatus entwickelt und der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt.

Die Klage ersetze nicht die Unterstützung durch einen Anwalt mit „ausführlicher individueller Begründung“, eigne sich aber „für den ersten Schritt“, so die Organisation. Zu finden ist diese Musterklage seit August 2016 als kostenfreier Download, z.B. auf der Webseite des Berliner Flüchtlingsnetzwerks „Berlin hilft“.

Verfahren, die die Verwaltungsgerichte normalerweise bearbeiten würden, bleiben wegen der Asylklagen liegen. Wie die Fälle, in denen Bürger gegen ihren Führerscheinentzug klagen, oder andere Entscheidungen von Behörden aufgehoben werden sollten. Nicht betroffen sind Klagen gegen Arbeitsamt oder wegen Rentenbescheiden, die vom Sozialgericht bearbeitet werden.

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