Wirtschaftsweise: Verbot von Gasheizungen „Schuss ins Knie“

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm hat Pläne zum Verbot neuer Öl- und Gasheizungen kritisiert. Auch im Handwerk stoßen sie auf Unverständnis.
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Droht bald das Aus für Öl- und Gasheizungen? Symbolbild.Foto: iStock
Von 8. März 2023

Ein Referentenentwurf aus dem Ministerium von Robert Habeck, der in der Vorwoche den Weg an die Öffentlichkeit fand, sorgt immer noch für Debatten. Am Mittwoch, 8. März, hat nun die Wirtschaftsweise Veronika Grimm ein mögliches Verbot neuer Öl- und Gasheizungen kritisiert. In der „Süddeutschen Zeitung“ spricht sie von „drohenden Ineffizienzen“, sollten etwa Betriebe nicht mit Gas oder später mit Wasserstoff heizen können.

Grimm: „Gasheizungen gar nicht so schnell ersetzbar“

In dem Blatt erklärt die Energieexpertin:

Gasheizungen generell zu verbieten, ist falsch.“

Die Regierung könne sich durch solche Verbote „ins Knie schießen“. Bereits in der Vorwoche gab es von mehreren Seiten Kritik, dass ein solches Vorgehen mit der Brechstange der Akzeptanz der Energiewende schaden könne.

Grimm geht davon aus, dass sich die Regierung Ziele setze und mit Ankündigungen vorpresche, die sich nicht umsetzen ließen. Womöglich ließen sich „gar nicht schnell genug die Häuser sanieren, Wärmepumpen herstellen und einbauen, um die Gasheizungen zu ersetzen“, gibt sie zu bedenken.

Stattdessen könne beispielsweise ein höherer CO₂-Preis im Wärmebereich den Austausch alter Heizungen attraktiv machen. Ein wesentlicher Faktor sei es zudem, erneuerbare Energien wie Wind und Sonne schneller auszubauen. Gerade dort bleibt die Regierung Experten zufolge nach wie vor weit hinter ihren eigenen Etappenzielen zurück.

Erst vor einem Vierteljahr kam eine Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI) im Auftrag des „Handelsblatts“ zu einer ernüchternden Einschätzung. Die Bundesregierung wird demnach ihre selbstgesetzten Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien bis 2030 verfehlen.

Politik verunsichert Verbraucher zusätzlich

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Montag nach der Klausurtagung des Bundeskabinetts im Schloss Meseberg die Größe der Herausforderung skizziert. Demnach sei es erforderlich, bis 2030 pro Tag vier bis fünf neue Windräder und umgerechnet mehr als 40 Fußballfelder voller Solaranlagen aufzustellen.

Auch Grimm hält dies für unrealistisch. Die Regierung müsse das Tempo bei der Planung und Genehmigung von Anlagen steigern:

Das kündigt sie ja auch an. Nur: Vorherige Regierungen haben das auch angekündigt.“

Dem Entwurf zufolge soll ab 2024 nur noch die Neuinstallation sogenannter hybrider Heizsysteme gestattet sein. Diese sind wesentlich teurer als herkömmliche Öl- oder Gasheizungen. Zudem sollen neue Heizungen künftig Wärme „aus mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien“ erzeugen.

De facto erfüllen derzeit nur Fernwärmeanlagen, Biomassekessel und Wärmepumpen diese Vorgaben. Gerade die Nachfrage nach Wärmepumpen könnte jedoch an weiteren Verunsicherungen der Verbraucher durch die Politik leiden.

So sollen diese zum einen bei Stromknappheit der sogenannten Spitzenglättung unterliegen – also einer Leistungsverringerung durch die Netzbetreiber. Zum anderen ist kürzlich auch das EU-Parlament mit einem Vorstoß zum Verbot fluorierter Gase vorgeprescht – diese spielen aber gerade beim Betrieb von Wärmepumpen eine tragende Rolle.

Umrüstung von Gasheizungen auf Hybrid fordert fünfstellige Summe

Doch selbst wenn es dem Kabinett von Bundeskanzler Olaf Scholz gelingen sollte, das Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren zu erhöhen, bedeutet das noch keine effiziente Umsetzung von Energiezielen.

Für viele Haushalte sei eine Erneuerung oder Umrüstung der bestehenden Heizung finanziell nicht machbar. Jochen Brückmann, Präsident des Verbands deutscher Grundstückbesitzer, hält zwar den Entwurf für „gut und richtig“, wenn es um Neubauten gehe.

Die Umstellung bestehender Öl- und Gasheizungen auf Hybrid sei jedoch im Schnitt 50 Prozent teurer als ein Ersetzen der alten Gasheizkörper. In der „Sächsische Zeitung“ heißt es, die Mehrkosten bei einem klassischen Einfamilienhaus lägen bei mindestens 10.000 Euro:

Das haben viele Haushalte einfach nicht.“

Versäumnisse mehrerer Jahrzehnte in zwei Jahren nachholen?

Zudem komme das Handwerk mit dem Einbau neuer oder der Umrüstung bestehender Systeme schlichtweg nicht hinterher. Ein Schornsteinfeger aus Salzwedel erklärt gegenüber der „Mitteldeutschen Zeitung“, weder Industrie noch Handwerk seien „auf einen solchen Prozess in dieser Größenordnung eingerichtet“.

Schon jetzt betrage die Wartezeit auf eine neue Luftwärmepumpe mindestens ein halbes Jahr. Bei einer Pelletanlage gehe es schon in Richtung eines Jahres. Darüber hinaus fehle es am Nachwuchs. Gerade das Handwerk sei in besonderem Maße vom Facharbeitermangel betroffen. Es fehlten Schätzungen aus Verbänden zufolge bis zu 60.000 zusätzliche Monteure im Land.

Günter Hoffmann, Inhaber des Sanitärunternehmens S&H, sieht eine erhebliche Verunsicherung bei den Kunden und ein Versagen der Politik:

Was 30 bis 40 Jahre versäumt wurde, soll jetzt in ein bis zwei Jahren nachgeholt werden.“

Dafür seien Wirtschaft und Handwerk jedoch nicht gerüstet.

Handwerkskammer Magdeburg: „Realitätsferne Ankündigungen führen zu Verwerfungen“

Mittlerweile ist Minister Habeck teilweise zurückgerudert. Er wolle die Bevölkerung „bei der Umstellung nicht alleinlassen“. Wörtlich äußerte er in der „Wirtschaftswoche“:

Wenn die alte Gasheizung noch funktioniert, kann sie drinbleiben. Wenn sie kaputt ist, kann man sie reparieren. Und wenn sie nicht mehr reparabel ist, gibt es praktikable Übergangslösungen.“

In der Koalition hat die FDP bereits Widerstand gegen ein mögliches Verbot von Gasheizungen angekündigt. Sie wirft den Koalitionspartnern seit Bekanntwerden der Pläne vor, damit weit über die getroffenen Vereinbarungen hinauszugehen, und will sie stoppen.

Deutliche Worte findet auch die Handwerkskammer in Magdeburg. Hauptgeschäftsführer Burghard Grupe erklärt in einer Pressemitteilung:

Es kann nicht sein, dass politische Ziele vorgegeben werden, ohne die Auswirkungen in der Praxis zu bedenken.“

Realitätsferne Ankündigungen der Politik führten zu Verwerfungen in der Gesellschaft. Die Umsetzung der Energiewende solle besser über Anreize und Förderprogramme als über Verbote erfolgen.

(Mit Material von AFP und dts)



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