Wochenrückblick: Das Verbrenner-Aus ist „arrogant“, „Zeug*innen“ und Spaghetti auf Insektenbasis

Die STIKO hat ihre COVID-Impfempfehlung aktualisiert. Dann gibt es eine Empfehlung für Heizungsinstallateure. Und es wird überlegt, das Deutschlandticket für Familien zu verbessern. Ein unvollständiger Rückblick auf Meldungen der vergangenen Woche.
Gut besucht: Das sommerliche Wetter in Großbritannien hat viele Menschen an den Strand in Bournemouth gezogen.
Gut besucht: Das sommerliche Wetter in Großbritannien hat viele Menschen an den Strand in Bournemouth gezogen.Foto: Andrew Matthews/PA Wire/dpa
Von 3. Juni 2023

Staatliche Anordnung zum Fleisch?

Die Mehrheit der Bundesbürger (57 Prozent) lehnt staatliche Maßnahmen zur Reduktion des Fleischkonsums der Bevölkerung ab. Das ist das Ergebnis einer Umfrage von Insa. Ein Viertel (25 Prozent) würde Maßnahmen hingegen begrüßen und weiteren zwölf Prozent wäre es egal. Fünf Prozent wissen es nicht oder möchten dazu keine Auskunft tätigen. Für Aufsehen gesorgt hatte zuletzt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, die Bürgern nur noch 10 Gramm Fleisch pro Tag empfiehlt. Auf die Frage nach einer freiwilligen Ernährungsumstellung gaben 59 Prozent der Befragten an, sie hätten nicht vor, ihren Fleischkonsum demnächst zu verändern. Der Anteil derer, die gar kein Fleisch essen, ist bei Wählern der Linken am höchsten (13 Prozent), der tägliche Fleischkonsum bei Grünen-Wählern mit zwei Prozent am geringsten. Für die Erhebung wurden 1.002 Bürger zwischen dem 26. und dem 30. Mai befragt.

Spaghetti auf Insektenbasis

Ein Pulver aus gelben Mehlwürmern könnte bald als neues Lebensmittel auf Insektenbasis in EU-Supermärkten erhältlich sein. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat das UV-behandelte Produkt als sicher eingestuft, wie das Nachrichtenportal „Euractiv“ berichtet. Das Pulver wird aus Larven der Insektenart Tenebrio molitor hergestellt und kann in verschiedenen Lebensmitteln wie Kuchen, Brot, Nudeln und Käse verwendet werden. Obwohl allergische Reaktionen möglich sind, sieht die EFSA keine Sicherheitsbedenken, solange die Larven getrennt von den ausgewachsenen Tieren aufgezogen werden. Das EFSA-Gutachten wird nun den EU-Mitgliedstaaten vorgelegt, die über die Zulassung und Vermarktungsbedingungen entscheiden werden.

STIKO aktualisiert COVID-Impfempfehlung

Am 25. Mai hat die Ständige Impfkommission die COVID-Impfung in die allgemeinen Impfempfehlungen aufgenommen. Unter 60-Jährigen und Schwangeren wird derzeit „keine weitere Auffrischungsimpfung“ empfohlen. Bei Babys, Kindern und Jugendlichen ohne Grunderkrankungen geht die STIKO noch einen Schritt weiter. Für diese Personengruppe wird aufgrund überwiegend milder Verläufe und geringer Hospitalisierungsrate derzeit keine COVID-19-Grundimmunisierung oder Auffrischungsimpfung empfohlen. Allen Erwachsenen wird zu einer Basisimmunität aus drei Antigenkontakten geraten, davon mindestens zwei COVID-Impfungen. Zukünftige weitere Auffrischungsimpfungen im Abstand von 12 Monaten rät die STIKO Kindern ab 6 Monaten mit Vorerkrankungen; über 60-Jährigen; denjenigen, die in der medizinischen oder pflegenden Versorgung mit direktem Patienten- oder Bewohnerkontakt arbeiten und einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind, sowie Angehörigen und engen Kontaktpersonen von Menschen, bei denen durch die COVID-Impfung „vermutlich keine schützende Immunantwort erzielt werden kann“.

Insolvent: Reno-Schuhe

Rund 150 der insgesamt 180 Filialen der Reno-Schuhgeschäfte in Deutschland sollen abgewickelt werden, 900 Mitarbeiter sind betroffen. Das teilte Insolvenzverwalter Dr. Immo Hamer von Valtier dem Personal Ende Mai mit. Er berichtete von katastrophalen Zuständen. Demnach sei das Unternehmen „so dermaßen runtergewirtschaftet worden“, dass eine Übernahme für mehrere Filialen durch andere Investoren nicht infrage komme. Zum Zeitpunkt des Insolvenzantrags war die Hälfte der Filialen wegen säumiger Rechnungen ohne Strom. Der Warenbestand lag bei lediglich 20 Prozent, wobei Neuwaren schon seit Monaten nicht mehr geliefert worden waren. In Österreich stehen 29 Reno-Filialen mit 106 Beschäftigten auf dem Spiel, in der Schweiz 16. Als Gründe für die Insolvenz wurden die Auswirkungen der Corona-Pandemie und damit verbundene Umsatzeinbrüche genannt.

Ein chinesischer Kampfjet startet vom Flugzeugträger Shandong. (Symbolbild)

Ein chinesischer Kampfjet startet vom Flugzeugträger Shandong. (Symbolbild) Foto: Uncredited/CCTV/Xinhua/AP/dpa

Wer zahlt?

Gelingt es Heizungsinstallateuren nicht, bei ihren Kunden einen reinen Gas- oder Ölkessel bis Ende 2023 in Betrieb zu nehmen, könnten sie auf den Kosten sitzen bleiben. Derzeit gibt es Lieferschwierigkeiten bei den Geräten, es werden bereits Aufträge für 2024 vergeben. Kommt das neue Heizungsgesetz, dann müsste ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Der Fachverband Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Hessen warnt daher: Man solle nur einen Auftrag zur Installation einer ausschließlich fossil betriebenen Heizungsanlage annehmen, wenn man „absolut sicher“ sei, dass diese bis zum Jahresende installiert werden kann. Wenn der Heizungsinstallateur seinen Auftrag gegenüber dem Kunden nicht erbringen kann, ist zwar der Kunde von einer Zahlung befreit, aber der Handwerker muss die bestellte Ware trotzdem beim Lieferanten bezahlen.

Größte Luftübung der NATO

Ab Mitte Juni ist ein großes Luftwaffenmanöver der NATO-Staaten und Partnerländer mit dem Namen „Air Defender“ unter deutscher Federführung geplant. Es sei die größte Luftübung seit Bestehen der NATO, wie der Inspekteur der deutschen Luftwaffe, Ingo Gerhartz, betonte. „Nur vereinzelt“ würden Luftbewegungen nahe der Grenze zu Russland stattfinden, es wären jedoch ausschließlich „defensive Szenarien“, sagte er dem „Tagesspiegel“. „Es wäre sicherlich eine Provokation, wenn wir simulieren würden, wie wir Missionen etwa in Richtung Kaliningrad fliegen. Das tun wir aber nicht“, versicherte er. Es können mögliche Einschränkungen im zivilen Luftverkehr auftreten.

Teurer Ausstieg

Die EU hat neue Vereinbarungen mit Pfizer und BioNTech über die Lieferung von Corona-Impfstoffen getroffen. Laut Reuters wird die ausstehende Menge um ein Drittel reduziert und die Abnahmefrist bis 2026 verlängert. Ursprünglich sollte die EU bis Ende dieses Jahres 900 Millionen Impfdosen kaufen, von denen jedoch mindestens die Hälfte noch nicht geliefert wurde. Ein Teil musste auch wegen der geringen Nachfrage entsorgt werden. Gemäß der neuen Vereinbarung muss Deutschland 50 Prozent der vereinbarten Menge abnehmen und dafür etwa 1,6 Milliarden Euro bezahlen. „Reitschuster.de“ berichtet zudem von einer  „Stornogebühr“ in Höhe von etwa 550 Millionen Euro, die die Bundesregierung zahlen müsste. Eine Bestätigung vom Bundesgesundheitsministerium liegt noch nicht vor.

Anklage im Rahmen der Maskengeschäfte

Die Staatsanwaltschaft München I hat Anklage gegen die in der bayerischen Maskenaffäre beschuldigte Unternehmerin Andrea Tandler und Geschäftspartner Darius N. erhoben. Wie die Behörde am Dienstag mitteilte, geht es um Steuerhinterziehungsdelikte in einer Gesamthöhe von 23,5 Millionen Euro im Zusammenhang mit Maskengeschäften. Tandler soll dem Finanzamt unter anderem hohe Provisionen verschwiegen haben, die sie durch Vermittlung bekam. Zudem wurden sie wegen weiterer Steuerdelikte und eines unrechtmäßigen Antrags auf Corona-Soforthilfe im Zusammenhang mit den Maskengeschäften angeklagt. Beide sitzen seit Januar in Untersuchungshaft. Beide sind Schlüsselfiguren der bayerischen Maskenaffäre, mit der sich auch ein Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags befasst.

So sieht der Canal Grande von Venedig normalerweise nicht aus.

So sieht der Canal Grande von Venedig normalerweise nicht aus. Foto: Luigi Costantini/AP/dpa

Grüner Canal Grande

Es war wohl ein Mittel, was zur Wasserinspektionen oder in der Höhlenforschung eingesetzt werde, das den berühmten Canal Grande am Morgen des Pfingstsonntags plötzlich grün leuchten lies. Das färbende organische Mittel wurde wohl bewusst in den Kanal gekippt, teilte Luca Zaia, der Präsident der Region Venetien, via Twitter mit. Zaia befürchtete Nachahmer und rief zu „angemessenen und starken Antworten“ auf. Was genau er damit meinte, sagte er nicht. Zuletzt waren in Italien vermehrt Aktivisten mit Farbaktionen aufgefallen, unter anderem beim berühmten Trevi-Brunnen in Rom oder auch vor dem Palazzo Vecchio von Florenz. Ob der grüne Kanal ebenso auf dieses Konto geht, war zunächst unklar. Am Pfingstsonntag fand in Venedig zudem die traditionelle Regatta Vogalonga statt, an der Ruderboote, Kanus und Gondeln teilnehmen.

Computer-Gehirn-Schnittstelle

Tesla-CEO Elon Musk hat einen wichtigen Erfolg für sein Neurotech-Start-up Neuralink bekannt gegeben. Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) habe dem Unternehmen die Genehmigung zur Durchführung einer ersten klinischen Studie am Menschen erteilt. Damit wäre es Neuralink erlaubt, freiwilligen Testpersonen Computerchips ins Gehirn zu implantieren. Die Rekrutierung sei jedoch dem Unternehmen zufolge noch nicht eröffnet, die FDA hält sich bedeckt. Musk zufolge ist es das Ziel der von Neuralink hergestellten Implantate, eine direkte Kommunikation mit Computern durch Gedanken zu ermöglichen.

Verbrenner-Aus ist „arrogant“

Ferrari setzt weiterhin auf Verbrennermotoren. Es sei „arrogant“, den Kunden vorzuschreiben, was sie kaufen dürfen, erklärte der Chef des italienischen Autobauers der britischen BBC. „Es ist der Kunde, der entscheiden muss, ob er einen Verbrenner oder ein Hybrid- oder ein Elektroauto möchte.“ Das Unternehmen wird daher weiterhin alle drei Arten von Antrieben bedienen (Verbrennungsmotor, Hybrid und Elektro), um weltweit allen Vorschriften gerecht werden zu können. Mit seinen 14 Marken verkaufte der Autobauer via Peugeot, Citroën, DS, Opel, Vauxhall, Fiat, Lancia, Alfa Romeo, Abarth, Maserati, Chrysler, Dodge, Ram und Jeep weltweit fast sechs Millionen Fahrzeuge. 

Deutschlandticket 2.0

Familien sind mit dem Deutschlandticket unzufrieden. Sie müssen für jedes Kind, welches älter als sechs Jahre ist, ein eigenes Ticket abonnieren. Das bedeutet für Familien mit zwei Kindern monatliche Kosten von fast 200 Euro. Im Fernverkehr der Deutschen Bahn sind Kinder bis 14 Jahren kostenlos, sofern sie auf dem Fahrschein eingetragen wurden. Nun soll das Ticket weiterentwickelt werden, im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel soll es eine „familienfreundlichere Regelung“ für die Mitnahme von Kindern und Jugendlichen geben. Details sind noch nicht bekannt. Auch für Studenten soll sich am 49-Euro-Ticket noch etwas ändern.

„Zeug*innen“ und „Zürcher*innen“

Schweizweit steht der erste Volksentscheid über Gendersprache an, die am 23. Mai von einer Volksinitiative mit dem Namen „Tschüss Genderstern!“ bei der Stadt Zürich eingereicht wurde. Die überparteiliche Initiative reagiert damit auf Sprachvorschriften des rot-grünen Zürcher Stadtrats. Die Stadtverwaltung arbeitet mit dem Gendersternchen, die Stadtpolizei sucht in ihren Meldungen beispielsweise „Zeug*innen“; Stadtpräsidentin Corine Mauch wendet sich an die lieben „Zürcher*innen“.

Luke Gimenez (9) am Strand während des Memorial-Day-Wochenendes am 28. Mai 2023 in Wildwood, New Jersey. Mit dem Memorial-Day-Wochenende beginnt die Strandsaison an der Ostküste. Foto: Hannah Beier/Getty Images

Geld und Überweisungen

Eine Echtzeitüberweisung soll künftig in allen 27 EU-Staaten kostenlos sein – falls es nach dem Europaparlament geht. Wer binnen Sekunden Geld auf ein anderes Konto überweisen will, dem sollten keine zusätzlichen Kosten berechnet werden. Dem Vorschlag muss durch die Staaten noch zugestimmt werden. Jährlich fallen allein in Deutschland über 7 Milliarden Überweisungen an. Bisher dauert es in der Regel einen Arbeitstag, bis das Geld ankommt. Soll es schneller gehen, muss gezahlt werden: bei der Commerzbank derzeit 1,50 Euro, bei den Sparkassen zwischen 25 und 55 Cent.

Deutlich mehr Pannen

Der ADAC berichtet von einer besorgniserregenden Zunahme von Fahrzeugausfällen bei E-Autos. Verglichen mit dem Vorjahr verdoppelte sich die Anzahl der Pannen von liegengebliebenen E- und Hybrid-Fahrzeugen auf 52.000 Einsätze. Über die Hälfte hatte dabei das gleiche Problem: eine defekte Starterbatterie. Theoretisch sollten E-Autos aufgrund ihrer geringeren Anzahl von Bauteilen pannenfreier sein als andere Autos. Mit Stand Ende 2022 sind laut dem Kraftfahrt-Bundesamt über eine Million vollelektrische Autos und 865.000 Plug-in-Hybride in Deutschland unterwegs. Insgesamt hatte die Pannenhilfe im Jahr 2022 gut 3,41 Millionen Einsätze. Am häufigsten sind defekte Batterien, gefolgt von Schäden im Motor oder Motormanagement.

PKW-Maut

Das International Transport Forum, eine an die OECD angegliederte Organisation, spricht sich für eine PKW-Maut aus. „Wer mehr fährt und dadurch die Straßen mehr nutzt und der Allgemeinheit Kosten aufbürdet, der zahlt auch mehr“, heißt es in einem Report, den die Organisation vor dem Weltgipfel der Verkehrsminister veröffentlichte. Dahinter steht: Wenn mehr Menschen auf emissionsarme Autos umsteigen, dann sinken die Einnahmen aus der Mineralölsteuer. Daher solle eine PKW-Maut erhoben werden.

Große vs. pragmatische Ziele

Michael Vassiliadis schätzt, dass rund 30 Prozent der Arbeitsplätze in in Branchen wie der Chemieindustrie, Keramik-, Glas- und Zementproduktion durch die Energiewende gefährdet sein könnten. Vassiliadis ist Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie IGBCE. Bedeutsam sei eine umfassende industriepolitische Strategie, ähnlich wie im Inflation Reduction Act in den USA, zitiert ihn die FAZ. „Es geht darum, dass wir uns in Deutschland nicht immer nur ganz weit in der Zukunft liegende, große Ziele setzen dürfen. Wir müssen uns ganz pragmatisch handhabbare Ziele setzen.“



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