Worte, die verloren gegangen sind

Rund 2.000 altdeutsche Wörter sollen durch eine alliierte psychologische Kriegsführungsoperation „verloren“ gegangen sein. Ein Projekt will sie wieder ins Bewusstsein bringen.
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Handgeschriebener Text.Foto: iStock
Von 30. Juli 2022

Was haben die Worte „Feinsliebchen“, „Freudenblütenkranz“ und „Laubgesäusel“ miteinander gemeinsam? Sie alle sind Teil des deutschen Sprachschatzes, der im Rahmen des Projektes „Die verlorenen Worte“ der amerikanischen Familie Toel und ihren Unterstützern aus Deutschland wiederbelebt wird. Ziel ist es dem deutschen Volk wichtige, gezielt „gelöschte“ Worte wieder ins Bewusstsein zu bringen.

„Die Wörter, die der deutschen Sprache und den Menschen gestohlen wurden, müssen zurückgebracht werden, damit Ihr wieder ganz sein könnt. Der Verlust dieser Wörter ist ein Unrecht, das dem deutschen Volk angetan wurde“, so eine der Grundaussagen von William Toel auf seiner deutschsprachigen Website.

Dabei bezieht sich Toel auf das Ziel einer psychologischen Kriegsführungsoperation, die wohl den wenigsten überhaupt bekannt sein dürfte. Sie wurde von den englischsprachigen Alliierten gegen Deutschland während des Zweiten Weltkriegs und in der Zeit danach durchgeführt. Die Auswirkung ist bis heute spürbar.

Die sieben Ungerechtigkeiten

Im Mittelpunkt dieser Operation stand der Special Intelligence Service (SIS), der am Broadway in London und in Bletchley Park (Grafschaft Buckinghamshire) stationiert war. Dort planten und entschieden geheime Agenten über das Schicksal Deutschlands nach der Kapitulation am 8. Mai 1945.

Eine intellektuelle Elite traf sich dort, um eine Agenda mit dem Ziel zu erstellen, das deutsche Volk und seine Kultur gezielt zu schwächen, „damit es keinen Ärger mehr macht“, um eigene Interessen zu schützen. Bei der Analyse des deutschen Volkes und seiner außerordentlichen Widerstandsfähigkeit fand man in Bletchley Park sieben Stärken bei den Deutschen:

1. Eine starke Verbindung zu vorherigen Generationen durch die Weitergabe von Glauben und Lebenszweck.

2. Die beste Sprache der Welt für nuancierte Präzision im Ausdruck und ein tiefgreifendes Verständnis.

3. Eine beispielhafte Bildungsgrundlage.

4. Hingabe an die Familie als Rückgrat der Gesellschaft.

5. Tiefes Eintauchen in die höchste Form der eigenen Kultur.

6. Persönliche Charakterstärke, Mut und Fleiß.

7. Eine lange Geschichte wissenschaftlicher und intellektueller Errungenschaften.

Toel nennt diese sieben Punkte, „Die sieben Ungerechtigkeiten“, die man dem deutschen Volk angetan hat. Sein Bestreben ist, sie rückgängig zu machen.

Angriff auf die deutsche Sprache

Ein Ziel der psychologischen Kriegsführungsoperation von Bletchley Park war die deutsche Sprache. Durch ihre Agenda wurden viele deutsche Wörter gezielt in ihrer Bedeutung verzerrt, viele bedeutungsvolle Wörter gingen verloren oder wurden verboten.

Um darzustellen wie akribisch und mit welcher Haltung man in Bletchley Park an der Agenda für das Nachkriegsdeutschland arbeitete, zitiert William Toel den in Berlin aufgewachsenen australisch-britischen Journalisten Sefton Delmer. Delmer sprach perfekt deutsch und hat im Zweiten Weltkrieg getarnte Rundfunkpropaganda nach Deutschland gesendet:

„Mit Gräuelpropaganda haben wir den Krieg gewonnen. Und wir fangen gerade erst an. Wir werden diese Gräuelpropaganda fortsetzen. Wir werden sie so lange steigern, bis niemand mehr auch nur ein gutes Wort von den Deutschen annehmen wird. Bis alle Sympathie, die es noch im Ausland geben mag, zerstört sein wird. Und die Deutschen selbst so verwirrt sein werden, dass sie nicht länger wissen, was sie tun. Wenn dies erreicht sein wird, wenn sie anfangen werden, ihr eigenes Land und ihre eigenen Leute schlechtzumachen – nicht zögerlich, sondern im Eifer, den Siegern zu gefallen. Erst dann wird unser Sieg vollständig sein. Aber er wird niemals abgeschlossen sein. Die Umerziehung braucht sorgfältige Pflege wie englischer Rasen. Nur ein Moment der Unachtsamkeit, und das Unkraut sprießt wieder hervor. Jenes unausrottbare Unkraut historischer Wahrheit.”

Delmer war Gründervater des „Deutscher Pressedienst (dpd)” – eine von der britischen Besatzungsmacht in ihrer Besatzungszone nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten Nachrichtenagentur. Der dpd wurde 1949 mit der von den USA geschaffenen Nachrichtenagentur (DENA) und der französischen Presseagentur (SÜDENA) in den Besatzungszonen zur noch heute existierenden Deutsche Presse-Agentur (dpa) zusammengeschlossen.

Das Projekt „Die verlorenen Worte“

Williams Frau Lisa Toel schlug Anfang 2021 ihrem Mann vor, das Projekt „Die verlorenen Worte“ ins Leben zu rufen. Es sollte den Deutschen helfen, ihre Sprache wiederzuerlangen und die „verlorenen Worte“ zurückzubringen.

Ein Team aus sechs Ehrenamtlichen entstand. Sie erstellen einmal pro Woche immer freitags einen Rundbrief mit „verlorenen Worten“ samt Hintergrundinformationen. Er geht aktuell an 3.000 Abonnenten.

Zusätzlich richteten sie eine Datenbank ein, in der diese von ihnen gefundenen Wörter gesammelt werden und zu der außerdem jeder ein Wort beitragen kann, von dem er glaubt, dass es in der deutschen Sprache verloren gegangen ist. Es wird nach entsprechender Recherche und Überprüfung Teil der frei zugänglichen Datenbank. Die Wörter können als PDF-Datei samt Bedeutung heruntergeladen werden.

Einige davon: abgefeimt, arg, baß, der Born, die Bubenfreude, dicktuerisch, dörrsommerig, dumper, ehern, eisch, erkiesen, feinhörig, freudehell, gemach, geuden, das Glimpfwort, der Händel, herzensleise, klüffelwitzig, der Laffe, der Märzhase, prangen, das Quentchen, die Ruschelei, der Schmetterlingsglaube, sonnenschwer, verbaseln, wohlbeherzigt, wunderfitzig.

Sprache berührt das Herz

Epoch Times sprach mit zwei Ehrenamtlichen, die das Projekt unterstützen. Zu denjenigen, die sich gemeinsam auf die Suche nach den altdeutschen Worten machen, die eine „Herzensverbindung zwischen den Deutschen schaffen“, gehören Eva und Mandy.

Gefragt, warum sie bei dem Projekt mitmachen, erklärt Eva: „Bei unserer Arbeit stellen wir immer wieder fest, wie gefühlstief und auch wie bildlich die deutsche Sprache ist. Wirklich alle Höhen und Tiefen können mit unseren Worten beschrieben werden.“ Das ursprüngliche deutsche Sprachbild mache einen sehr friedfertigen Eindruck, sei sehr auf Harmonie ausgelegt und erschaffe untereinander eine Verbundenheit, so Eva weiter.

Für Mandy ist die deutsche Sprache eine Sprache, die nicht nur den Verstand, sondern auch das Herz berührt. „Bei unserer Recherche sind wir immer wieder darauf gestoßen, dass bestimmte Worte einfach keiner Erklärung bedürfen. Deren Bedeutung ist in dem Moment, wo man sie ausspricht oder sie hört, spürbar.“

Worte, die das Herz berühren, würden uns helfen, mit uns selbst tiefgründig in Verbindung zu kommen. „Wenn diese Verbindung zu sich selbst fehlt, dann können wir auch nicht mit den Menschen um uns herum richtig verbunden sein“, berichtet Mandy weiter. Man habe unheimlich viele Dialekte im deutschsprachigen Raum. „Trotzdem eint uns die deutsche Sprache.“

„Andere Worte – andere Wirkung“

Sprache hat eine bestimmte Wirkung, Gedanken ebenso. „Wenn wir die falschen Worte oder Worte, die nicht wirklich eine Herzensgüte beinhalten, nutzen, um etwas auszudrücken, erreichen wir entweder gar keine Wirkung oder vielleicht sogar eine vollkommen gegensätzliche Wirkung“, führt Mandy weiter aus.

Auch wenn man betrachte, wie viele Gedichte oder literarische Werke es in der deutschen Sprache gebe und wie wenig davon in der Schule vermittelt würde, berichtet Eva. „Viele haben durch den Einfluss von Bletchley Park nicht mehr die Kenntnis, was eigentlich an kulturellem Erbe als Herzstück existiert und welche Stärke die Deutschen in der Dichtkunst und der Schriftstellerei haben. So wurden die Deutschen von innen heraus, von ihrer Identität getrennt.“

Jetzt schäme man sich als Deutscher möglicherweise für den Stolz, der sich in den alten Werken widerspiegelt, so die zweifache Mutter. „Es herrscht daher eine große Unsicherheit unter uns Deutschen. Wir leugnen eine Verbindung mit unserer eigenen Kultur.“ Das alles scheint man gezielt von Bletchley Park aus geplant zu haben.

Zudem gibt es jetzt eine Unterteilung in veraltete und moderne Ausdrucksweise beziehungsweise gehobenem und einfachem Deutsch. Damit schafft man auch künstlich eine Trennung der Deutschen von ihrer alten Sprache. Die alten Begriffe werden abgewertet.

„Von Herz zu Herz mit anderen kommunizieren“

Lisa Toel ergänzt im Gespräch mit der Epoch Times, dass man insbesondere Worte suche, die auf der Herzensebene lägen. „Wenn man diesen Teil der Sprache verliert, verlieren die Deutschen die Fähigkeit von Herz zu Herz mit anderen zu kommunizieren. Gleichzeitig entsteht das Gefühl im Inneren, dass man die Verbindung zu sich selbst verloren hat.“

Gemeinsam habe man bereits etwa 400 Wörter wiedergefunden und recherchiert. „Indem wir den alten Sprachschatz wiederherstellen, stellen wir diese uralte Verbindung zwischen Sprache und Nation wieder her. Und es entsteht eine Einheit zwischen den Menschen und ein Gefühl der Verbundenheit, die wir bereits in unserem eigenen kleinen Projektteam erfahren“, so Lisa.

Man lerne alte Wörter neu kennen und lehre diese wieder den Kindern, sodass sie das ganze Spektrum an deutscher Literatur und großartigen Werten, die die deutsche Sprache beinhaltet, entdecken. „Dann haben wir diese wunderbare Ganzheit, die das deutsche Volk zusammenhält.“

Zu den Methoden von Bletchley Park gehörte, dass einige Wörter verboten oder mit einer sehr negativen Konnotation versehen wurden, die vorher nie negativ war, erklärt sie weiter.

Damit sei bei den Deutschen die Angst davor geschürt worden, stolz auf ihre Sprache und Kultur zu sein und davor, sich als Deutscher gut zu fühlen. „Es ist schrecklich für junge Menschen, mit dem Gefühl aufzuwachsen, dass ihre Sprache vielleicht weniger wert ist als eine andere Sprache, zum Beispiel Englisch, die überall dominiert.“

Denn: „Sich selbst gut zu fühlen, bedeutet auch, sich mit seiner Sprache gut zu fühlen. Und das ist etwas, das wir mit unserem Projekt erreichen wollen.“

Sie erinnert sich an eine E-Mail einer alten Dame, die ihr erzählte, dass sie den Wortfinder-Rundbrief ausdruckt und dann jeden Morgen beim Frühstück einen Teil davon liest. Während des Tages denkt sie dann über das jeweilige Wort nach. „Dadurch habe ich verstanden, wie Menschen von unserer Gruppenarbeit, verlorene Wörter zurückzubringen, tatsächlich berührt sind.“

Den Menschen Gehör schenken

Das Projekt komme an. „Mein Wunsch ist, dass dieses Gefühl und dieses Gespür, das wir für die deutsche Sprache bekommen haben, ansteckend auf andere wirkt. Dass Menschen sich wieder vermehrt mit der deutschen Literatur und deutschem Liedgut auseinandersetzen. Wir lassen es bei uns jedenfalls wieder mit einfließen, wenn wir miteinander reden oder schreiben. Es wäre schön, wenn viele Menschen dies uns nachtun“, äußert Mandy.

Und natürlich könnte man Unterstützung bei dem Projekt gebrauchen, fügt Eva hinzu. Jeder sei herzlich dazu eingeladen.

Für William Toel kämpfen die Deutschen seit 75 Jahren mit ihrem Selbstbild. Viele würden sich in ihrer eigenen Haut unwohl fühlen. Jedoch habe man die deutsche Gesellschaft sorgfältig darauf trainiert, nicht darüber zu sprechen – nicht die Art von Fragen zu stellen, die Deutsche stellen würden, wenn sie wahrhaft Deutsche wären.

„Wir leben in einer Zeit großen historischen Wandels und immer mehr Menschen spüren das. Es ist wichtig, den Deutschen Gehör zu schenken und dass sie geliebt werden, so wie sie wirklich sind.“

„Die Deutschen wurden erschaffen, um eine besondere Rolle in der Welt zu erfüllen. Wenn die Deutschen wieder Deutsche sind, wird die Welt geheilt sein. Liebe ist die einzige Antwort“, so Toel auf seiner Website.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 55, vom 30. Juli 2022.



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