Zinsentwicklung macht Wohneigentum teurer – Mieten steigen weiter
Mehrere Faktoren sprechen dafür, dass 2023 sowohl für Eigenheim-Interessenten als auch für Mieter ein schwieriges Jahr werden könnte. Zwar gehen die Preise für Immobilien selbst in gefragten Städten zurück. Gleichzeitig verteuern die steigenden Zinsen aber deren Finanzierung. Dies wiederum lässt Mieter vom Kauf einer eigenen Immobilie Abstand nehmen und verschärft die Knappheit auf dem Markt für Mietwohnungen.
Erwerb von Immobilien wird attraktiver – für Interessenten mit viel Eigenkapital
Deutschland liegt mit einer Quote von nur etwa 50 Prozent ohnehin im EU-Vergleich auf einem hinteren Rang, was das Wohneigentum anbelangt. Politischer Druck hat in den vergangenen Jahren zusätzlich zur Verunsicherung der Eigenheimbesitzer beigetragen, auch bei denen, die es werden wollen.
In einzelnen Stadtteilen von Hamburg haben die Grünen bereits einen Genehmigungsstopp für den Bau von Einfamilienhäusern durchgesetzt. Andernorts sprechen ihre Funktionäre davon, Eigentümer von Immobilien mit „harten politischen Vorgaben“ zu teuren Sanierungsschritten zu zwingen. Auch die Neuregelungen zu Erbschafts- und Schenkungssteuer mit den Änderungen zur Verkehrswertermittlung belasten Immobilieneigentümer.
Nun kommen Verwerfungen im Bereich der Finanzierung dazu. Sinkende Preise sorgen zwar dafür, dass die Anschaffung von Eigenimmobilien günstiger wird. Voraussetzung dafür ist jedoch ein hoher Eigenkapitalanteil an der Finanzierung. Wo Interessenten diesen nicht aufbringen können, schlägt die Zinsentwicklung voll durch und verteuert die Kredite.
Deutliche Entkopplung von Preisen und Mieten
Wie stark der sich abzeichnende Preisrückgang auf dem Immobilienmarkt ausfallen wird, ist ebenfalls noch unklar. Mirjam Mohr vom Kreditvermittler Interhyp äußert:
Wir sehen auf dem Immobilienmarkt aktuell mehr Angebote und größeren Spielraum für Preisverhandlungen.“
Bereits im dritten Vorjahresquartal hatte es einen Rückgang der Preise für Wohnimmobilien zwischen 0,4 Prozent (laut Statistischem Bundesamt) und 0,7 Prozent (laut Hypothekenverband VDP) gegeben. Es war das erste Mal seit 2010, dass überhaupt ein Rückgang in diesem Bereich zu verzeichnen war.
Experten gehen von einer weiteren Korrektur aus, da sich insbesondere in gefragten Großstadtlagen Übertreibungen verfestigt hätten. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hält im Jahr 2023 sogar einen Rückgang der Immobilienpreise um bis zu zehn Prozent für möglich. Ihr Argument: Einer Studie in 97 Städten zufolge haben sich die Preise für Immobilien innerhalb von zehn Jahren in etwa verdoppelt.
Das sei eine drastische Entkopplung von der Mietentwicklung gewesen – und spreche für „spekulative Übertreibungen“. Eine Immobilie habe in Großstädten zuletzt so viel wie 28 Jahresmieten gekostet – ein Rekord seit Mitte der 1990er. Aus Sicht des DIW ist eine Preiskorrektur in einer solchen Situation nur noch eine Frage der Zeit.
Stabile Preise nur im ohnehin schon teuren Segment
Die DZ Bank geht auch von einer weiteren Korrektur aus – allerdings in geringerem Ausmaß von vier bis sechs Prozent im Jahr 2023. Die „Deutsche Presse-Agentur“ zitiert den Analysten Thorsten Lange mit der Prognose:
Bei Wohneigentum dürfte der Rückgang etwas schwächer, bei Mehrfamilienhäusern etwas ausgeprägter ausfallen.“
VDP-Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt weist zudem darauf hin, dass selbst ein 20-prozentiger Rückgang das Preisniveau immer noch auf dem hohen Level von 2020 halten würde.
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) weist zudem darauf hin, dass Makler schnelle Verkäufe infolge hoher Transaktionskosten scheuten. Es gebe vor allem einen Preisabsturz bei Immobilien in schlechter Lage und bei solchen – meist älteren – mit unzureichender Energieeffizienz. Mögliche Kaufinteressenten müssen bei solchen Objekten häufig handwerkliche Fähigkeiten mitbringen und häufig auch Reserven in der Hinterhand haben. Grund dafür sind bereits geltende oder noch für die Zukunft zu erwartende energetische Sanierungsauflagen.
Immobilien mit hoher Energieeffizienz bleiben im Preis stabil. Dieser ist allerdings dann von vornherein empfindlich höher.
Unsicherheit über Folgekosten eigener Immobilien lässt Bürger in Mietwohnungen bleiben
Immerhin droht den Analysten zufolge kein Platzen einer Immobilienblase, wie es am Anfang der Weltfinanzkrise im Jahr 2008 geheißen hatte. Viele Kreditnehmer hatten sich die niedrigen Zinsen der vergangenen Jahre durch Bindungszeiträume von zehn bis 15 Jahren gesichert.
Anders, so das IW, sehe dies in Ländern wie Spanien oder dem Vereinigten Königreich aus. Dort schlügen die steigenden Zinsen aufgrund der weitverbreiteten variablen Finanzierungen unmittelbar auf den Immobilienmarkt durch.
Die Unsicherheit bezüglich der möglichen längerfristigen Folgekosten eines Immobilienerwerbs lässt viele Interessenten am Ende doch lieber in der Mietwohnung verharren. Dies trägt jedoch dazu bei, dass eine steigende Nachfrage nach Mietwohnungen infolge von verstärktem Zuzug vor allem in stark frequentierten Städten die Mieten anziehen lässt.
Der Umstand, dass die Bundesregierung deutlich hinter ihrem Ziel nachhinkt, pro Jahr für 400.000 neu gebaute Wohneinheiten zu sorgen, trägt nicht zur Entlastung bei. Schon im Jahr 2021 seien es dem Gesamtverband der Wohnungswirtschaft (GdW) zufolge nur 293.000 gewesen.
Der Bauverband ZDB erwartet 245.000 neue Wohnungen im neuen Jahr. Der GdW hingegen spricht von „vielleicht noch 200.000“. Tatsächlich erlebt der Wohnungsbau dem ifo-Institut zufolge eine Stornierungswelle. Auch die Nachfragen nach Baufinanzierungen und Baugenehmigungen sind eingebrochen. Seit Jahresbeginn haben sich die Zinsen für zehnjährige Kredite mehr als verdreifacht. Zusammen mit hohen Baupreisen ist die Belastung für viele Menschen zu groß.
(Mit Material der dpa)
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