Zufallsfund: Coronavirus im ersten Anlauf unentdeckt – Charité richtet provisorische Meldestelle für Verdachtsfälle ein

Untypische Symptome seien es gewesen, die dazu führten, dass ein 22-jähriger Berliner, der sich mit dem Coronavirus infiziert hatte, vorübergehend von den zuständigen Ärzten der Charité nach Hause geschickt wurde. Erst ein Zufall führte zur korrekten Diagnose.
Von 2. März 2020

Nur durch einen Zufall konnte das Coronavirus bei einem 22-jährigen Berliner festgestellt werden, der sich derzeit stationär in Berlin in der Charité befindet. Der junge Mann, der, wie der „Tagesspiegel“ berichtet, über Symptome eines grippalen Infekts klagte, nachdem er sich am Tag zuvor im Tropenmedizinischen Zentrum in Berlin-Mitte eine Reiseimpfung geholt hatte, war zuvor von Ärzten der Klinik nach Hause geschickt worden.

Der Ärztliche Direktor der Einrichtung, Ulrich Frei, teilte dies am Montag (2.3.) in einer Pressekonferenz der Gesundheitsverwaltung mit. Nach der Impfung sei der Mann erst desorientiert gewesen. Der Rettungsdienst, den Mitbewohner alarmiert hatten, habe ihn ins Virchow-Klinikum gebracht, einen Teil des Charité-Komplexes.

Seit einer Woche testet Charité parallel auch auf Coronavirus

Nachdem sich der eingangs von den Mitarbeitern geäußerte Verdacht auf Hirnhautentzündung nicht bestätigt hatte, sei der 22-Jährige auf Influenza getestet worden.

Der Mann hatte, wie der Tagesspiegel weiter schreibt, typische Symptome eines grippalen Infekts gezeigt – Fieber, Gliederschmerzen und Anzeichen einer Infektion der oberen Atemwege. Diese seien jedoch, so habe er angegeben, bereits zuvor über zwei Wochen hinweg in wechselnder Intensität aufgetreten. Auch ein MRT sei gemacht worden.

Aufgrund dieser Maßnahmen habe sich kein Anlass gezeigt, den Mann stationär in die Klinik aufzunehmen, weshalb er wieder nach Hause geschickt worden sei. Dann habe sich bezahlt gemacht, dass, wie die „Süddeutsche“ berichtet, die Charité mittlerweile standardmäßig mit dem Influenza-Test auch einen auf das Coronavirus verbinde.

Diese Praxis sei eingeführt worden, nachdem sich in Nordrhein-Westfalen in der Vorwoche der erste Infektionsfall mit dem SARS-CoV-2-Virus gezeigt hatte.

Ohne diese interne Regelung, einen Paralleltest laufen zu lassen, wäre der Patient immer noch unerkannt zu Hause“, erklärte Frei.

Erster Verdachtsfall in Berlin

Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci stellte sich auf die Seite des Klinikpersonals. Es hätten viele Verdachtsfälle geklärt werden müssen, auf Corona hätten diese auf den ersten Blick nicht hingewiesen.

Der 22-Jährige habe keine „klassischen Symptome“ für das Virus erkennen lassen. Sobald sich der Befund jedoch gezeigt hätte, habe man die Gesundheitsbehörde informiert, den Amtsarzt zu dem Mann nach Hause geschickt und diesen zur stationären Aufnahme in die Klinik verbracht. Sein Zustand sei mittlerweile stabil.

Allerdings sollte die Angelegenheit nicht gänzlich folgenfrei bleiben. Kalayci zufolge seien bislang 60 Kontaktpersonen des 22-Jährigen identifiziert worden, unter anderem die Eltern, die am vergangenen Wochenende aus NRW nach Berlin gekommen wären. Alle Betroffenen seien häuslich isoliert worden und würden getestet.

Aber auch die Charité selbst musste reagieren. Die Mitarbeiter des Klinikums hatten den 22-Jährigen ohne Schutzausrüstung behandelt. Deshalb, so Ulrich Frei von der Charité, mussten die gesamte Abteilung geschlossen und die Mitarbeiter in Quarantäne geschickt werden. Für die kommenden 14 Tage werde deshalb eine komplette Schicht fehlen.

Weiterer Zufall soll nun ausgeschlossen werden

Dennoch können sich Berliner, die vermuten, am Coronavirus erkrankt zu sein, ab Dienstag im Virchow-Klinikum untersuchen lassen. Dafür ist nach Angaben der Klinikleitung ein separates Gebäude vorbereitet worden.

Frei betonte, dass auch die provisorische Meldestelle für Verdachtsfälle nur dann aufgesucht werden solle, falls wirklich der Verdacht einer Infektion bestehe.

Derzeit spricht das Robert-Koch-Institut von 150 Infizierten in Deutschland. Mehr als die Hälfte davon, nämlich 86, befinden sich in NRW.

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