Heizungsgesetz vorerst eingefroren: Bundesverfassungsgericht will mehr Zeit für die Abgeordneten
Eine Verabschiedung des Heizungsgesetzes von Robert Habeck (Grüne) noch vor der Sommerpause ist nicht mehr möglich: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe (BVerfg) hat das Vorhaben am späten Abend des 5. Juli per Eilverfahren vorläufig gestoppt. Als erste Zeitung hatte die „Bild“ darüber berichtet. Das oberste Gericht folgte damit einem Antrag auf einstweilige Anordnung des Berliner CDU-Abgeordneten Thomas Heilmann.
Der hatte moniert, dass den Bundestagsabgeordneten nicht genug Zeit gewährt worden sei, um sich ausreichend mit den Plänen zu beschäftigen. Statt 14 Tage habe man nur „effektiv vier Tage“ zur Auseinandersetzung gehabt, zitiert ihn der „Focus“. Heilmann sehe darin eine Missachtung der Parlamentarierrechte. An den klimapolitischen Zielen habe er nach Informationen des „Focus“ aber grundsätzlich nichts auszusetzen. Eine Reihe von AfD-Abgeordneten hatte sich Heilmanns Eilantrag angeschlossen.
Heilmann sieht sich als Retter des GEG
Das Münchener Nachrichtenmagazin zitiert Heilmann mit der Bemerkung, er habe durch seinen BVerfG-Antrag „womöglich das Vorhaben“ gerettet. Denn Heilmann gehe „davon aus, dass Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz eingelegt werde“. Falls das GEG dann wirklich noch ein Jahr später vor dem BVerfG scheitere, würde dies einem „klimapolitischen Super-GAU“ entsprechen. Und den wolle auch Heilmann verhindern. Die ganze Angelegenheit werde nun „sicher Folgen für den Parlamentarismus haben, die ich so spontan noch nicht ganz übersehen kann“, sagte Heilmann.
Das BVerfG schloss sich dem Standpunkt des Antragstellers an: Es gehe davon aus, dass die Nachteile schwerwiegender seien, wenn das Gesetz verabschiedet würde und man danach in einem späteren Hauptsacheverfahren feststellen müsste, dass dies unter Verstoß gegen die parlamentarischen Rechte der Abgeordneten geschehen sei. Nach Informationen der „Rheinischen Post“ habe das BVerfG allerdings keine 14-tägige Beratungszeit vorgeschrieben, sondern lediglich die laufende Sitzungswoche zur Gesetzesverabschiedung verboten.
Auf der Suche nach einem neuen Termin
Nach den Vorstellungen der Ampelregierung sollte das umstrittene „Gebäudeenergiegesetz“ (GEG) ursprünglich am Donnerstag, 6. Juli, den Bundestag in zweiter und dritter Lesung passieren. Die erste Lesung hatte am 15. Juni stattgefunden. Anfang der laufenden Woche ging es damit in den zuständigen Bundestagsausschuss. Die Regierung hatte es immer wieder als wichtig erachtet, dass das GEG noch vor der Sommerpause, also vor dem 8. Juli, verabschiedet wird. Daraus wird nun nichts.
Nach Informationen der „Bild“ kann die Ampelregierung jetzt zwischen zwei Optionen wählen: Entweder beraume die Regierung Scholz eine Bundestagssondersitzung in der Sommerpause für einen Termin an, der den Abgeordneten genug Zeit lasse, sich mit dem GEG zu beschäftigen oder die Ampel warte bis September, wenn die Sommerpause zu Ende ist. Nach Informationen der „Rheinischen Post“ habe dagegen der Bundestag die Aufgabe, „den Zeitplan neu zu regeln“.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich habe bereits erklärt, dass die Fraktionsvorsitzenden von SPD, FDP und Grünen am heutigen Donnerstag über einen neuen Termin beraten wollten. Die Fraktionsspitzen, so die „Bild“, hätten sich zwar bereits gegen Mitternacht kurzfristig zum „Krisen-Gipfel“ getroffen, dabei aber wohl noch keine Lösung gefunden.
Der nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler (FDP) habe bereits signalisiert, dass er sich für eine Vertagung der Bundestagslesungen für die Zeit nach der Sommerpause einsetzen wolle: „Der Respekt vor dem Verfassungsgericht verbietet es, dass man wegen so eines Gesetzes jetzt in der Sommerpause eine Sondersitzung macht. Dafür gibt es keine Grundlage“, zitiert ihn die „Bild“.
Das sieht sein Ampelkollege Matthias Miersch (SPD) anders: „Ausdrücklich weist das Gericht auf die Möglichkeit einer Sondersitzung hin, über die nun beraten werden muss“, sagte Miersch im Gespräch mit der „Rheinischen Post“. Der Inhalt des Gesetzes sei ohnehin nicht vom Karlsruher Richterspruch betroffen.
FDP und Opposition obenauf
Der Karlsruher Beschluss sorgte nicht nur bei der Opposition, sondern auch in der FDP für Häme. „Es ist ausgesprochen gut, dass das oberste Gericht die Rechte der Opposition im Parlament stärkt und achtet. Denn das macht eine Demokratie aus: Dass die Mehrheit die Rechte der Minderheit achtet“, sagte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) auf Anfrage der „Bild“. Nach Informationen des „Focus“ bezeichnete Kubicki den BVerfG-Richterspruch als „verdiente Quittung für die Grünen, die in dieses Verfahren einen unerklärlichen Druck hineingegeben haben“. Nun erwarte die FDP „von unseren grünen Koalitionspartnern die nötige Demut gegenüber dieser Entscheidung“.
Seine Parteikollegin Linda Teuteberg habe sich ihm angeschlossen: „Das Urteil stärkt den Bundestag als Gesetzgeber. Gut, dass das jenseits von Sonntagsreden über Demokratieförderung und -verteidigung in Bezug auf das GEG auch höchstrichterlich klargestellt wird.“
CDU-Parteichef Friedrich Merz sprach laut „Bild“ von einer „schwere[n] Niederlage für die Bundesregierung von Olaf Scholz“. „Dem unsäglichen Umgang der Bundesregierung mit dem Parlament“ sei „nun ein Riegel vorgeschoben“ worden. „Olaf Scholz und seine Bundesregierung wären gut beraten, das Urteil aus Karlsruhe zum Innehalten zu nutzen. So wie bisher kann es im Deutschen Bundestag nicht weitergehen“, zitiert ihn der „Focus“.
Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) hatte nach Angaben der „Bild“ erklärt, dass „Scholz und Habeck […] dem Klimaschutz mit ihrem Politikstil einen Bärendienst erwiesen“ hätten: „Das Vorgehen der Ampel war eine Farce, das Gesetz voller Mängel“.
Alexander Dobrindt, der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, nannte den Karlsruher Beschluss nach „Bild“-Zitat „eine schwere Klatsche für die Arroganz-Ampel und ihren respektlosen Umgang mit den Parlamentsrechten und der Öffentlichkeit“. Dobrindt habe der Bundesregierung empfohlen, „in sich zu gehen“ und „dieses Murks-Gesetz endlich einstampfen“.
Aiwanger: Heizungsgesetz besser „beerdigen“
Ähnliche Töne waren aus dem Lager der „Freien Wähler“ in Bayern zu vernehmen: Landeswirtschaftsminister Hubert Aiwanger habe sich dafür ausgesprochen, das Heizungsgesetz final zu „beerdigen“. Nach Aiwangers Meinung seien dessen „Auswirkungen auf Eigentum und Staatshaushalt […] unkalkulierbar“. Der „Nutzen für die Umwelt“ sei „mit vernünftigen Maßnahmen besser und günstiger zu erreichen“.
Die AfD-Spitze – in persona die Bundespressesprecher Alice Weidel und Tino Chrupalla – reagierte auf den Beschluss aus Karlsruhe mit Zustimmung: „Das Bundesverfassungsgericht hat die einzig richtige Entscheidung getroffen. Der Versuch der Koalitionsfraktionen, ihr unausgegorenes, stümperhaftes und für die Bürger katastrophales Gesetz mit der Brechstange durchzupeitschen, stellt eine grobe Missachtung des Parlaments und seiner Rechte dar“, hieß es in einer Pressemitteilung. Das „ideologisch motivierte Verarmungsgesetz“ müsse nun „komplett vom Tisch“. Co-Bundessprecherin Weidel wies per Twitter zudem darauf hin, dass die EU eine „noch rigidere Version des Heizungsgesetzes einführen“ wolle. Der CDU-Abgeordnete Heilmann wolle das GEG auch nicht „nicht stoppen, sondern nur ‚verbessern‘“, betonte Weidel.
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