Italien: Drohnenhersteller heimlich von chinesischen Staatsunternehmen übernommen

Dieser Gastbeitrag ist der Originaltext zum Video: „Italienischer Drohnenhersteller heimlich von chinesischen Staatsunternehmen übernommen“ vom YouTube-Kanal „Leas Einblick“

Intelligente Drohnen gehören längst zum Waffenarsenal vieler Staaten. In Zeiten des digitalen Wandels haben sich die Schauplätze des Wettrüstens längst auf Kampfroboter und Drohnen erweitert. 

Derzeit gelten die USA, Israel, China und die Türkei als führende Drohnenmächte. Mit dem Begriff „Drohnenmächte“ sind Staaten gemeint, die Kampfdrohnen besitzen, einsetzen, produzieren und exportieren. 

China hat sich zum Ziel gesetzt, eine führende Position beim Wettlauf um die Militärdrohnen zu erobern.

Die italienische Polizei hat festgestellt, dass drei Viertel der Geschäftsanteile eines Drohnenherstellers aus Norditalien, der auch die italienische Luftwaffe beliefert, bereits vor drei Jahren von zwei chinesischen Staatsunternehmen gekauft wurden – und zwar durch eine Hintertür.

Die italienische Polizei hat am 2. September eine Razzia bei einem Drohnenhersteller durchgeführt, der offenbar von chinesischen Staatsunternehmen gekauft wurde.  

Sechs Manager, drei Italiener und drei Chinesen der Firma Alpi Aviation sind angeklagt worden, wegen Verstoßes gegen das Gesetz über den Umgang mit Waffenmaterial.

Alpi Aviation wurde vor 22 Jahren in einer Kleinstadt im Nordosten Italiens, nur wenige Kilometer von Venedig entfernt, gegründet. Die Firma ist spezialisiert auf den Bau von Flugzeugen, Hubschraubern und Mini-Millitärdrohnen. Da Alpi Aviation Lieferverträge mit dem Verteidigungsministerium in Rom abgeschlossen hat und die italienischen Streitkräfte beliefert, unterliegt das Unternehmen daher besonderen Kontrollen und Aufsichten.

Laut Berichten der italienischen Medien, fand die italienische Staatsanwaltschaft bei der Untersuchung heraus, dass eine in Hongkong ansässige Firma 75 Prozent der Anteile von Alpi Aviation zu einem deutlich überhöhten Preis erwarb. Im Jahr 2018 lag der Nominalwert dieser Anteile bei 45.000 Euro. Die Hongkonger Firma hat diese Anteile zu einem 90-fachen Preis in Höhe von knapp 4 Millionen Euro erworben.

Hinter der privaten  Hongkonger Firma stehen zwei chinesische Staatsunternehmen. Ein komplexer Plan für die Unternehmensbeteiligung wurde gestrickt, um die richtige Identität der tatsächlichen neuen Aktionäre, nämlich der zwei chinesischen Staatsunternehmen, zu verstecken. 

Der Kauf hatte keine Investitionszwecke, sagt die italienische Staatsanwaltschaft. Es geht rein um den Erwerb von technologischem und militärischem Know-how. Die italienischen Behörden wurden nicht wie vorgeschrieben über den Verkauf der Unternehmensanteile informiert. 

Warum diese Firma erst nach 3 Jahren untersucht wurde, bleibt für mich ein Rätsel.

Immerhin unterliegt Alpi Aviation als geprüfter Lieferant für die italienische Luftwaffe strengen Kontrollen und Aufsichten. 

Informationen, die durch die komplexe Beteiligungsstruktur vor italienischen Behörden verheimlicht worden sind, waren ganz leicht auf den chinesischen Websites zu finden.

Im Februar 2019 berichtet die Dentons Anwaltskanzlei in Shanghai auf dem Nachrichtenportal Sohu darüber, dass ein Projektteam der Kanzlei den Erwerb der Geschäftsanteile von dem italienischen Unternehmen Alpi Aviation durch chinesische Staatsunternehmen erfolgreich begleitet hat. In diesem eher als Eigenwerbung dienenden Bericht hat Dentons Anwaltskanzlei genau beschrieben, dass sie den Investitionsplan für den Erwerb der Anteile von Alpi Aviation aufgestellt hat.

Dafür wurde zuerst ein Fonds eingerichtet. Das Kapital für den Fonds kommt von zwei chinesischen Staatsunternehmen. Eins davon ist CCUI, China Corporate United Investment Holding Co.,Ltd. Dieses Investitionsunternehmen wurde im Jahr 2016 gegründet. Die Umsetzung der „Neuen Seidenstraße-Initiative“ der chinesischen Regierung gehört zu seinen Aufgaben mit höchster Priorität. Ein paar Monate nach der Gründung hat CCUI schon ein Büro in Rom eröffnet. Dieses Büro dient als die europäische Niederlassung.

Im März 2019 hat sich Italien – als der erste G7-Staat – der Belt-and-Road-Initiativ (auf Deutsch: Neue-Seidenstraße-Initiative) angeschlossen. 

Ein halbes Jahr später erschienen schon die Produkte von Alpi Aviation auf der Internationalen Import-Ausstellung in Shanghai, darunter die Militärdrohne Strix. Sie ist eine Mini-Drohne, die für Überwachung und Aufklärung aus der Luft eingesetzt wird. 

Der Export von Militärdrohnen unterliegt strenger Kontrolle. Um die Kontrolle der italienischen Behörden zu umgehen, hat Alpi Aviation die Militärdrohne Strix einfach als „funkgesteuertes Modellflugzeug“ beschrieben.   

In einem Interview erzählte die Direktorin von CCUI schon im Oktober 2019 gegenüber den Medien, dass es geplant ist, einen Teil der Produktion von Alpi Aviation in die chinesische Stadt Wu Xi zu verlegen. Wu Xi ist 140 Kilometer von Shanghai entfernt.

Warum sollte die Produktion von Alpi Aviation teilweise nach China verlegt werden? Auf diese Frage hat die Direktorin von CCUI eine direkte Antwort gegeben: Weil die Produktionskapazität von Alpi Aviation aufgrund der eher kleinen Unternehmensgröße beschränkt ist. 

Die große Produktionskapazität, über die China verfügt, sowie der riesige Markt – diese Argumente haben wohl den Chef von Alpi Aviation verlockt.

Es ist verständlich, dass ein Unternehmer immer nach einem größeren Absatzmarkt sucht, damit das Unternehmen stärker wächst.  

Nun stellt sich aber eine grundsätzliche Frage: 

Sollte ein Unternehmer darüber nachdenken, wer seine Produkte kauft, insbesondere, wenn es sich um ein Militärprodukt handelt? Sollte es die Aufgabe eines Herstellers sein, sich zu fragen, wo diese Militärprodukte und gegen wen sie eingesetzt werden?

China ist inzwischen das drittgrößte Exportland von Militärdrohnen.

Im Falle der Firma Alpi Aviation:

Was denkt ihr? Sollte sich der Chef dieses italienischen Drohnenherstellers Gedanken darüber machen, dass China viele Militärdrohnen in den Nahen Osten und Afrika verkauft, darunter Saudi-Arabien, Irak, Jordanien, Ägypten, die Arabischen Emirate und Algerien? 

Gerade durch die Unruhen in diesen Gebieten leidet Italien schon jahrelang unter Flüchtlingswellen, die anscheinend nicht aufzuhalten sind.

Eure Meinungen zu diesen Fragen würden mich sehr interessieren.

Nun zurück zum Ermittlungsverfahren gegen Alpi Aviation in Italien.

Alle Berichte über die Zusammenarbeit zwischen Alpi Aviation und den chinesischen Staatsunternehmen sind leicht im Internet zu finden. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die italienische Handelskammer in China diese Informationen nicht bekommen hat.

Europas Wirtschaft soll vor Übernahmen und einem zu großen Einfluss aus dem Ausland, vor allem China, geschützt werden, so heißt es in einem Strategiepapier der EU-Kommission.

Der Fall Alpi Aviation aus Italien zeigt, wie schwierig es ist, das Ziel zu erreichen.

Wenn das Ermittlungsverfahren in Italien irgendwann abgeschlossen ist, könnte es sein, dass es schon zu spät ist, den Technologietransfer nach China zu stoppen.

Was könnte man gegen solchen Verlust unternehmen?

Mit mehr Wachsamkeit und ausreichenden chinesischen Sprachkenntnissen für die Recherche im chinesischen Internet, gäbe es vielleicht die Möglichkeit, zumindest die Ermittlungen zu beschleunigen.



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