Eine Reise zu alten kulturellen Wurzeln des Abendlandes Teil 1

Titelbild
In Petra aus dem Fels geschlagen: Das Kloster „EI Deir“, eine antike Grabstätte für hochgestellte Persönlichkeiten. (Foto - Hans-Christian Schikore)
Von 11. März 2006
In Petra aus dem Fels geschlagen: Das Kloster „EI Deir“, eine antike Grabstätte für hochgestellte Persönlichkeiten. (Foto - Hans-Christian Schikore)
In Petra aus dem Fels geschlagen: Das Kloster „EI Deir“, eine antike Grabstätte für hochgestellte Persönlichkeiten. (Foto – Hans-Christian Schikore)

Unsere Rundreise durch Jordanien, Syrien und den Libanon beginnt in Amman, der Hauptstadt Jordaniens, des biblischen Ammon, seinerzeit Hauptstadt der mit Israel zwar verwandten aber dennoch oft auch verfeindeten Ammoniter. Später wurde es dann zum griechisch-römischen Philadelphia.

Zählte die Stadt 1952 lediglich 100.000 Einwohner, so sind es heute schon 1,7 Millionen, d.h. fast jeder dritte Jordanier lebt in der Hauptstadt des mit 89.000 qkm etwa ein Viertel der Fläche des wiedervereinten Deutschland bedeckenden Landes.

Als König Abdallah 1948 sein Haschemitisches Königreich Jordanien ausrief, zählte die gesamte Bevölkerung nur 400.000 Untertanen, überwiegend Beduinen. Ungefähr 800.000 politisch nicht völlig gleichberechtigte Flüchtlinge aus Palästina haben zum rasanten Anstieg der Gesamtbevölkerung auf heute 4,7 Millionen Menschen beträchtlich beigetragen.

Heute ist Amman eine zwar durchaus moderne, jedoch touristisch nicht besonders attraktive Stadt, wenn man von der Zitadelle und dem römischen Theater (noch heute benutzt, 4.000 Sitzplätze) im Zentrum absieht. Das Archäologische Nationalmuseum auf dem Zitadellen- Hügel zeigt einige der berühmten 1952 beim Toten Meer gefundenen Qumran-Schriftrollen.

Besuch der Wüstenschlösser und Lawrence of Arabia

Auf guter Teerstraße fahren wir zum 65 km südöstlich von Amman gelegenen Wüstenschloss „Qasr el-Kharana“, einer sehr gut erhaltenen Trutzburg der Omaijaden (7./8. Jahrhundert) mitten in unwirtlicher Wüste.

Das Wüstenschloss Qasr el-Kharana aus dem 8. Jahrhundert. (Foto - Hans-Christian Schikore)Das Wüstenschloss Qasr el-Kharana aus dem 8. Jahrhundert. (Foto – Hans-Christian Schikore)

Ein Juwel unter den jordanischen Wüstenschlössern ist Qasr Amra, nicht weit entfernt: die größten Fresken aus omaijadischer Zeit sind einmalig im Lande und künden – beispielsweise in der Darstellung einer badenden Frau – vom Luxus und den Sinnenfreuden der omaijadischen Palastherren. Sehr gut erhalten sind das Brunnenhaus, das Tepidarium und Caldarium.

Die Festung Qasr el-Azraq

In der Nähe – und ebenfalls mitten in der Wüste – liegt die schwarzdunkle Festung Qasr el- Azraq, aus schwarzen Basaltquadern ursprünglich von Kaiser Septimus Severus im 2. nachchristlichen Jahrhundert zum Schutz gegen allzu räuberische Beduinen-Stämme erbaut. Strategische Bedeutung erlangte es vor allem während der Zeit der Kämpfe gegen die Kreuzritter.

Im Winter 1917/18 diente es dem legendären Lawrence of Arabia und den arabischen Truppen unter Hussein (Ur-Ur-Großvater des jetzigen Königs) als Quartier während der Vorbereitungen zum Sturm auf das damals noch osmanische Damaskus.

Der Jordan und das Tote Meer

Etwa 10 km nördlich vom Toten Meer, am Ostufer des Jordan, ist unser nächster Halt. Archäologen glauben, hier im biblischen Bethanien, wo Johannes der Täufer gelebt und Jesus getauft hatte, zu graben. Die Ausgrabungen belegen, dass diese Stelle bereits in byzantinischer Zeit eine massenhaft besuchte Pilgerstätte gewesen sein muss. Auch der Papst war im Jahre 2000 hier. Der Jordan, Grenzfluss zum Staate Israel, zeigt sich als enttäuschend klein, braun und träge dahinfließend. Weiter südlich, am Ostufer des Toten Meeres, wo eine moderne Hotelanlage Gelegenheit zu einem „selbsttragenden Bad“ im mehr als 30%igen Salzwasser – 400 Meter unter dem Meeresspiegel – bietet, wimmelt es von lärmenden Badeurlaubern und Touristen.

Ungefähr 20 km südöstlich von der Südspitze des Toten Meeres liegt die Kreuzritterburg Kerak, erbaut im 12. Jahrhundert (Baubeginn 1142), zum Schutz des Lateinischen Königreichs von Jerusalem aber auch zur Kontrolle bzw. zum Ausrauben des Handels- und Pilgerverkehrs zwischen Damaskus im Norden und Mekka im tiefen Süden. Dieser äußerste Vorposten der Kreuzritter fiel erst nach achtmonatiger Belagerung im Jahre 1188.

Petra

Im Südwesten Jordaniens, nur 130 km nördlich von Aqaba, liegt Wadi Musa (Moses-Fluss aus der Moses-Quelle), ein Ort mit vielen Hotels für die aus aller Welt einfallenden Touristenscharen mit dem Ziel Petra, der antiken Hauptstadt der Nabatäer, die in ihrer Blütezeit ihr Einflussgebiet von Damaskus im Norden bis zum Sinai im Süden ausweiten konnten, indem sie Karawanenstationen bauten und die Handelswege vom Roten Meer zum Mittelmeer wirksam und zuverlässig schützten. 312 vor Christus sind die Nabatäer erstmals nachgewiesen, letztmalig 328 nach Christus, ab dann verliert sich die Spur dieses Händlervolkes, welches in seinem prachtvollen Hauptort Petra einmalige Zeugnisse einer mehr als 2.000 Jahre alten monumentalen Kultur hinterlassen hat: Tempel, Opferplätze, Kultnischen, Wasserleitungen, ein großes Theater und gewaltige Grabstätten. Eine sehr enge, etwa 1,2 km lange Schlucht bildete in antiker Zeit den einzigen Zugang Petras. „Die Saudis und die Irakis haben Öl, wir aber haben Petra“, dieser stolze Ausspruch unseres örtlichen Führers verweist auf die Wichtigkeit von Petra für die jordanischen Devisen-Einnahmen.

Bis 1812, als der Schweizer Orientalist und Abenteurer Johann Burckhardt Petra entdeckte, war dieses weltweit einmalige Ensemble von aus dem Felsgestein geschlagenen Nekropolen, Versammlungsräumen, Opferstätten und tempelartigen Bauwerken – wie beispielsweise das „das Schatzhaus des Pharao“ genannte – in Europa völlig unbekannt und vergessen.

Berg Nebo und Madaba

Wir wenden uns nun wieder nach Norden und kommen – die gut ausgebaute antike Königstraße nutzend – am Stausee im Wadi Mujib, dem „Grand Canyon Jordaniens“, dessen Felswände schroff ins Tal abfallen, vorbei. Hier wird – quasi mitten in der Wüste! – Fischzucht betrieben, und man bemüht sich um die Aufforstung von größeren Brachflächen. Die großen Anstrengungen beim Bau von Staudämmen und Bewässerungsanlagen haben bewirkt, dass es in Jahren mit normalen Niederschlagsmengen keinen Wassernotstand mehr im Lande gibt. Davon profitiert auch die Landwirtschaft, die zur Zeit nur auf etwa 5 % der Landesfläche möglich ist.

Etwa 10 km von Madaba entfernt liegt der geschichtsträchtige Berg Nebo, Teil eines Hochplateaus. Von einem seiner Gipfel (welcher, das ist umstritten) soll Moses laut Altem Testament den Israeliten das verheißene Land gezeigt haben. Der Blick hinunter auf die Ebene des Jordan-Tales ist in der Tat großartig, und bei besserer Sicht soll sogar Jerusalem zu erkennen sein. Eine moderne Bronzeskulptur erinnert daran, dass im Jahre 2000 auch der Papst diesen Blick ins Tal genossen hatte.

In der 1896 neu- bzw. wiedererrichteten St. Georgs-Kirche zu Madaba kann man eines der berühmtesten Mosaiken bestaunen und bewundern.

Ursprünglich waren es 2,3 Millionen Mosaiksteinchen, welche die Ansicht von Palästina im 6. nachchristlichen Jahrhundert von Tyros im Norden bis nach Ägypten im Süden – mit der Darstellung der Stadt Jerusalem im und als Mittelpunkt – zeigen. Leider ist dieses großartige Kunstwerk nicht mehr ganz vollständig und unversehrt erhalten geblieben. Madaba ist auch heute noch ein Zentrum christlicher Besiedlung. Nach erneuter Übernachtung in Amman fahren wir 40 km nordwärts nach Jerash, das antike römische Gerasa (bzw. das alte biblische Gilead), welches im 2. Jahrhundert nach dem Besuch von Kaiser Hadrian (im Winter 129/130) eine derartige Blütezeit erlebte, dass man sich drei antike Theater (das größte mit 4.000 Sitzplätzen) dauerhaft leisten konnte. Der beeindruckende und noch relativ gut erhaltene Triumphbogen des Hadrian, der riesige Artemis-Tempel und viele andere antike Bauwerke ziehen alljährlich viele Touristen aus aller Welt an.



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