Ultras beim Fußball – Annäherung an eine große Jugendbewegung

Als Fans gehen sie "über das normale Maß hinaus". Da macht nicht nur die Action am Spieltag den Reiz aus, sondern die Ultras können sich auch an spielfreien Tagen nachhaltig für ihren Verein engagieren und sich auf diese oder jene Weise in ihre Gruppe einbringen.
Titelbild
Die Ultras von Porto vor dem UEFA Champions League Group G Fußballspiel RB Leipzig gegen den FC Porto in Leipzig, 17. Oktober 2017.Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP/Getty Images
Von 15. Juni 2019

„Ultra“ einer Fußballmannschaft zu sein ist keine kurzzeitige Modeerscheinung. Für die (meist jungen) Menschen, die sich dieser Art von Freizeitbeschäftigung verschrieben haben, ist es alles. Für sie ist es ein Lebensgefühl, welches weit über ein normales Hobby hinaus geht. Es ist eine Jugendbewegung; eine Massenbewegung. Eine Jugendkultur. Eine Lebenseinstellung. Und diese Ultras stellen mittlerweile in unseren Stadien von all den verschiedensten Fangruppierungen die größte Gruppe, welche man nicht übersehen kann.

Das Wort „Ultra“ stammt ursprünglich aus dem Lateinischen und auf diese Fans bezogen hat es die Bedeutung von: „über das normale Maß hinaus“. Und so sehen sie sich auch selbst: als Fans, die ihre Leidenschaft über das normale Maß hinaus ausleben, erleben und ihr ganzes Leben danach ausrichten. Dabei empfinden sie sich als eine eingeschworene Gemeinschaft. Dies ist die Realität; ihre wirkliche Realität.

In einer wirren Zeit, in der die (Groß-) Familien systematisch kaputt gemacht wurden; in der es kein Vertrauen mehr in die für viele nur noch als verlogen empfundene Politik gibt; in der die Kirche sowieso schon seit langem keinen Halt mehr gibt; in einer Gesellschaft, in der unseren Jugendlichen täglich vorgelebt wird, dass nur noch Geld und rücksichtsloser Machtmissbrauch das Maß aller Dinge ist – in dieser Zeit empfinden viele Ultras ihre Gemeinschaft als einen geschützten Rahmen. Manche sogar als Familienersatz.

Mit Werten und Regeln, die sie sich selbst auferlegt haben und denen sie sich selbst unterwerfen: Ehrlichkeit, Respekt, Hilfsbereitschaft, Loyalität, Zusammenhalt und Freundschaft. Dabei gibt es innerhalb dieser Gruppen klare Hirarchien und Strukturen – genau wie früher in den Großfamilien. Und gerade das ist für viele Jugendliche interessant, weil ihnen diese Gruppierungen ein Zugehörigkeitsgefühl, Halt und Orientierung im Leben geben können.

Dabei macht nicht nur die Action am Spieltag den Reiz aus, sondern die Ultras können sich auch an spielfreien Tagen nachhaltig für ihren Verein engagieren und sich auf diese oder jene Weise in ihre Gruppe einbringen. Dabei spielt es keine große Rolle was für einen Beruf man hat oder wie arm oder wie reich jemand ist. Gehört man dazu – dann gehört man dazu.

Gleichzeitig empfinden sie in unserer streng reglementierten, und von so manchen als unfrei empfundenen, durch und durch kommerzialisierten Welt ihre Gruppenaktivitäten als einen Freiraum, in dem sie selbst entscheiden können, was sie wann und wie machen. Deshalb gehört es zum Grundverständnis eines jeden Ultras, sich nicht von Sponsoren abhängig machen, und sich auch nicht von Funktionären reinreden zu lassen. Es geht ihnen vor allem um Entscheidungsfreiheit und Autonomie. Selbstbestimmt und frei von jeglichem Diktat von außen. Schon gar nicht wollen sie sich vereinnahmen lassen. Von niemandem.

Ein Ultra ist man nicht nur an den Spieltagen

Ultras wollen ihren Lieblingsverein immer und überall bestmöglich unterstützen und ein nicht unwesentlicher Teil ihrer Freizeit wird damit verbracht, riesige, zeit- und kostenintensive „Chroreographien“ in den Kurven zu zeigen. Oft sind diese Choreos wunderschön und atemberaubend. Vorwiegend sind es auch die Ultras die in den Stadien für Stimmung sorgen und mit kreativen Gesängen versuchen, ihren Lieblingsverein zum Sieg zu treiben. Dies alles tun sie aus ihrem tiefsten Bewusstsein heraus, alles für ihre Mannschaft geben zu wollen.

Parallell dazu sehen sie sich als die Hüter der Traditionen und versuchen der derzeit stattfindenden übermäßigen Kommerzialisierung im Fußball entgegen zu wirken. Sie wollen nicht, dass sich ausländische Scheichs, unlautere chinesische Investorengruppen oder reiche Amis ihren über Jahrzehnte gewachsenen, geliebten Verein einverleiben, um ihn dann auf dem Altar der Geldgier zu opfern.

Für den Fußball in unserem Land, der auch gesellschaftliche Funktionen hat, ist es gut, dass die Ultras als kritische Stimme vor diesen Gefahren warnen, denn die Beispiele in England zeigen ganz deutlich, wie sehr sich der Fußball dort schon von der Basis – vom Volk – entfernt und entfremdet hat. Keiner der wahren Ultras wird jemals befürworten, dass sein Verein verhökert wird, nur um dann vielleicht für zwei Jahre einen Christiano Ronaldo spielen zu sehen, der dann sowieso wieder zum nächsten Verein weiterziehen wird.

Grundsätzlich sind dabei die Ultragruppierungen verschiedener Vereine nicht gleich. Sie unterscheiden sich vor allem in der Altersstruktur, den politischen Überzeugungen und der Akzeptanz von Gewalt.

Daher kann dieser Bericht nur ein Versuch sein, sich an diese große Jugendbewegung anzunähern und erhebt auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit – jedoch kann hier ein allgemeines, realistisches Bild wiedergegeben werden.

„Mit Bullen und Reportern redet man nicht!“

Spricht man mit den Ultras und macht sich ein eigenes Bild von ihnen, muss man festellen, dass das, was man in den Gesprächen erfahren hat, sehr oft nicht mit der öffentlichen Meinung überein stimmt. Aber warum hat die Gesellschaft nun ein derart diffuses Bild über die Ultras? Wo kommt das her? Das hat vielfältige Gründe, die in diesem Bericht alle ausgeleuchtet werden. Ein Hauptgrund für die verzerrte Wahrnehmung in unserer Gesellschaft sind die Medien und innerhalb der Ultras gibt es tatsächlich eine ablehnende Haltung gegenüber Reportern. Der allgemeine Spruch lautet: „Mit Bullen und Reportern redet man nicht!“

Das Verhältnis zwischen Ultras und den Medien

Johann Wolfgang Goethe sagte einst: „Wenn jeder vor seiner eigenen Tür kehrt, ist die ganze Welt sauber!“ Daher ist es angeraten, wenn wir Reporter, Journalisten, TV- Produzenten etc. etc. einmal bei uns selbst nachschauen, ob wir nicht dieses oder jenes in der Berichterstattung hätten noch besser machen können. Zugegeben: wir stehen ständig unter Zeitdruck und wir müssen „verkaufen“. Entweder in den Printmedien oder online durch hohe Zugriffszahlen. Liefern wir keine Storys, ist der Arbeitsplatz in Gefahr. Dabei ist es aber nunmal eine (traurige) Wahrheit, dass sich „Negativ- Headlines“ besser „verkaufen“. Überschriften wie: „Wieder Krawalle durch gewalttätige Ultras“ oder „Ultras verwüsteten Raststätte“ werden eben viel öfter angeklickt, als „Ultras malten nach Feierabend in Eigenleistung 270 Stunden für eine schöne Choreo.“

Das ist leider die Realität.

Dazu kommt, dass man als Journalist – je nachdem bei welchem Medium man arbeitet – von seinen Vorgesetzten angehalten wird, eine Sache aus dieser oder jener Sichtweise zu kommentieren. Ein gutes Beispiel dafür ist der bei der Epoch Times bereits erschienene Beitrag „Fantastische Stimmung oder verbotenes Feuerwerk„.

Im Fernsehen werden dazu meist nur kurze Ausschnitte gezeigt, welche dann auf diese oder jene Weise kommentiert werden. So geschehen am 27.10.2018 beim Spiel BVB – Hertha BSC. Obwohl im Fernsehen klar zu sehen war, dass von Beamten der Polizei ein Transparent der Ultras von Hertha BSC von der Aufhängung abgerissen wurde, wurde dies so kommentiert, dass „… Chaoten wieder einmal Krawalle angezettelt hatten und man diese Menschen doch endlich aus den Stadien verbannen solle“.

Eine derartige Darstellung trägt jedoch keinesfalls zu einer sachlichen Meinungsbildung innerhalb unserer Bevölkerung bei. Zu einem sachlichen und von gegenseitigem Respekt geprägtem Verhältnis zwischen den Ultras und den Medien schon gar nicht.

Leider. Da müssen wir uns wohl selbst erst einmal an die eigene Nase fassen. Deshalb muss man sich auch nicht wundern, wenn es bis heute nur ganz, ganz wenigen Medienvertretern gelungen ist, überhaupt einmal mit den Führungsmitgliedern einer Ultragruppierung zu sprechen. Dafür sitzt das Misstrauen bei ihnen einfach zu tief. Zu oft wurden sie schon zu „Terroristen des Fußballs“ degradiert, welches wiederum für eine voreingenommene Meinung der Öffentlichkeit gesorgt hat. Doch dieses schlechte Image über die Ultras besteht zu Unrecht.

Choreos

Für sein Buch „Fibel Borussia Mönchengladbach“ gelang es dem Autor Steffen Andritzke als einem der wenigen Reporter, Zugang zu einem Führungszirkel einer anerkannten und landesweit respektierten Ultra Gruppierung zu bekommen. Dabei gewährten ihm die Anführer der Gruppe „Sottocultura“ nicht nur einen Einblick in ihre innere Struktur, sondern gaben auch bereitwillig Auskunft über finanzielle Dinge. Zum Thema Choreos gaben sie zu Protokoll:

„…. hierbei reicht der finanzielle Einsatz von mindesten 4.000,- Euro bis ca. 7.000,-. (…..). Die teuersten waren die Champions- League- Choreos, die über 10.000,- Euro kosteten. Die teuerste war gegen Kiew, für die wir über 13.000,- Euro hingeblättert haben.“

Auch der Zeitaufwand für eine solche Choreografie geht weit über das normale Maß hinaus: vom Entwerfen des Motivs bis hin zur Umsetzung können Wochen ins Land gehen – von der Umsetzung im Stadion ganz zu schweigen: „Gegen Kiew waren wir bis 4 Uhr morgens im Stadion und manche sind dann von da aus gleich auf Arbeit gegangen. Und nach der Arbeit gleich wieder ins Stadion“, ist in dem Buch zu lesen.

Ein derartiger Einsatz erzeugt dann natürlich auch die wunderschönen Bilder die wir im Stadion sehen. Selbst die Vereine finden das toll und benutzen sie für ihre Marketingzwecke. Selbst in so manchen Geschäftsstellen der Bundesliagaclubs hängen große Fotos von diesen Choreos.

Dass man bei derartigen Kosten für die Choreos das Geld vorher erst einmal verdienen muss, ist durchaus verständlich. Da die Ultras auf ihrer Eigenständigkeit bestehen, wollen sie diese auch selbst finanzieren. Auch die Unterstützung durch Sponsoren wird von allen Ultragruppierungen grundsätzlich abgelehnt. Das Geld erwirtschaften sie durch den Verkauf von Collagen, Aufklebern, Schals und T- Shirts. Bei besonders aufwendigen Choreos gehen zusätzlich Leute durchs Stadion und sammeln.

Leider wird diese Tatsache aber oft von Außenstehenden, die nicht über genügend Hintergrundwissen verfügen, so dargestellt, als würden die Ultras den Verkauf dieser Sachen nur benutzen, um sich selbst zu bereichern. Das entspricht jedoch nicht den Tatsachen, sondern ist ein weiteres Puzzleteil des verzerrten Bildes in der öffentlichen Wahrnehmung.

Gewalt

Wie in allen gesellschaftlichen Bereichen, gibt es auch bei den Ultras einen geringen Prozentsatz derer, die gelegentlich über das Ziel hinausschießen und vor Gewalt nicht zurückschrecken. Es muss jedoch ganz klar festgestellt werden, dass Gewalt im Umfeld von Fußballspielen nicht das Problem des Fußballs an sich ist, sondern dass Gewalt ein gesamtgesellschaftliches Problem darstellt.

Wichtig ist bei diesem Thema weiterhin, dass ganz klar zwischen Ultras und Hooligans zu unterscheiden ist: Während bei den Hools die gewalttätige Auseinandersetzung mit „Gegnern“ im Vordergrund steht, liegt der Schwerpunkt bei den Ultras auf der optischen und akustischen Unterstützung ihres Vereins. Immer wieder betont deshalb die überwiegende Mehrheit der Ultras, dass sie sich nicht als „Gewalt suchende Fans“ definiert.

Trotzdem muss an dieser Stelle darauf verwiesen werden, dass es tatsächlich auch Gewalt aus den Reihen der Ultras gibt. Als Beispiel dient an dieser Stelle noch einmal das Buch „Fibel Borussia Mönchengladbach“ von Steffen Andritzke. Hierin beschreiben die Führungsmitglieder der Ultragruppierung Sottocultura ausführlich die Planung und Umsetzung eines Angriffs auf die Kurve der FC- Fans in Köln. Zuvor hatten Kölner Ultras bei einem Einbruch ins Stadion in Mönchengladbach eine dort gelagerte Fahne der Gladbacher Ultras gestohlen. Da die Fahne für eine Ultragruppierung jedoch einen hohen symbolischen Wert hat, stürmten Gladbacher Ultras die Kurve der FC- Ultras in Köln und zettelten dort aus „Rache“ eine Schlägerei an. Die genaue Anzahl der Gladbacher Rowdys betrug 77 Personen.

An jenem Tag waren beim rheinischen Derby zwischen dem FC Köln und Borussia Mönchengladbach 50.000 Zuschauer im Stadion. Dies entspricht einem Anteil von 0,15 % gewaltsuchenden Fans. Da es jedoch in der gesamten Saison bei den Gladbachern keinen weiteren vergleichbaren Vorfall mehr gab, müsste man diese 77 Gewaltsuchende eigentlich auch noch in Relation mit den gesamten 34 Spieltagen und den vielen hundertausend Zuschauern setzen, welche die Spiele der Borussia besucht haben.

Derartige Vorfälle sind in unseren Stadien jedoch die absolute Ausnahme, denn durch die strikte Blocktrennung, totale Videoüberwachung in und um die Stadien, und der permanenten Überwachung und Begleitung der Ultragruppen beim An- und Abmarsch durch die Polizei, kommen die verschiedenen Gruppierungen an den Spieltagen gar nicht erst miteinander in Kontakt.

Auch gibt es einige wenige Ultras, die sich an spielfreien Tagen mit gegnerischen Fans an außerhalb liegenden Standorten zu Schlägreien verabreden. Da diese Orte meist so gewählt werden, dass kein Außenstehender diese Auseinandersetzungen sieht, werden sie meistens auf Wiesen, in Industriegebieten oder auf einem Acker ausgetragen. Bei diesen sogenannten „Acker- Matches“ gibt es jedoch eine Überschneidung zwischen Hooligans und Ultras, sodass eine klare Zuordnung wieviele Ultras sich an solchen Schlägerien beteiligen, kaum möglich ist.

Desweiteren ist es bei einigen Mitgliedern bestimmter Ultragruppierungen zur Zeit sehr beliebt, die Fahne des „Gegners zu erbeuten“, was ebenfalls zu anschließender Gewalt führen könnte. Aber um ein verzerrtes Bild zu vermeiden, noch einmal: die überwiegende Mehrheit der Ultras bezeichnet sich nicht als „Gewalt suchende Fans“, sondern sie gaben auf Befragung an, dass sie sich bei eventuellen Übergriffen lediglich vereteidigen würden.

Das Verhältnis zwischen Ultras und DFB / DFL

Das Verhälnis zwischen den Ultras und den Verbänden ist kein Gutes. Auf der einen Seite fordern die Ultras, der totalen Kommerzialisierung endlich Einhalt zu gebieten (die Epoch Times berichtetete bereits in ihrem Artikel „Stimmungsboykott im Stadion„), während auf der anderen Seite die Funktionäre nicht im Traum daran denken, sich bei ihrer Gewinnmaximierung von ein paar „dahergelaufenen Ultras“ reinreden zu lassen. Dies geht von der schleichenden, immer weitergehenden Anhebung der Eintrittspreise (die Epoch Times berichtete schon in ihrem Beitrag „Keinen Zwanni für Steher„) bis hin zu der grenzdebilen und abstoßenden Unsitte, noch mehr Geld aus „dem Nichts“ heraus  pressen zu wollen.

So reicht es mittlerweile schon nicht mehr ein „Top-Spiel“ einfach nur „Top-Spiel“ zu nennen, sondern man muss jetzt „Biermarken Top-Spiel“ dazu sagen. Auch auf diese irrsinnige Entwicklung hat die Epoch Times schon in ihrem – zugegebenermaßen einen Hauch sarkastischen – Beitrag „Kauft Namensrechte“ hingewiesen.

Ein weiterer Kritikpunkt der Ultras gegenüber den Verbänden ist die zügellose Gier, die bei der Vermarktung der Fernsehübertragungen sichtbar wird. Auch hierüber berichtete die Epoch Times schon.

Die Seele des Fußballs wird zur Zeit durch die Verbände gnadenlos verhökert und die Ultras stellen dazu kritische Fragen. Dies tun sie im öffentlichen Raum; in den Stadien, für jeden sichtbar. Sie stellen sogar das gesamte „Profi- Profit-System“ in Frage und treffen dabei mit ihrer Frage „wem gehört eigentlich der Fußball“ den zentralen Punkt. Dazu schlagen sie auch noch Veränderungen vor. Sie legen die Finger in die Wunden und sprechen offen die Korruption und Manipulation innerhalb der Verbände an.

Proteste gegen die Machenschaften der Verbände, wie hier in Mönchengladbach, gibt es in vielen Stadien. Foto: S.Andritzke / Epoch Times

Natürlich gelten die Ultras deshalb bei vielen Funktionären als unbequem. Es geht um Geld. Viel Geld. Milliarden. Und da wollen sich die Funktionäre natürlich nicht reinreden lassen – schon gar nicht von Ultras, die mit Traditionen und Moral argumentieren.

Von dieser Sichtweise aus betrachtet ist es also nicht überraschend wenn es nicht wenige in den Chefetagen der Verbände gibt, die aus persönlichen (monitären) Interessen ständig gegen die Ultras schießen. Am liebsten würde deshalb so mancher die Ultras gerne aus den Stadien raus haben.

Stadionverbote und Kollektivstrafen

Ein weiterer Kritikpunkt sind Stadionverbote und Kollektivstrafen. Stadionverbote werden nicht von den Gerichten, sondern von den Vereinen und dem DFB ausgesprochen. Viele Ultras empfinden diese Stadionverbote oft als willkürlich und beklagen, dass diese Sanktionen häufig nach dem „Gießkannenprinzip“ erteilt werden. Es ist keine Seltenheit, dass Gerichte im Nachhinein festgestellt haben, dass der Beschuldigte überhaupt nicht schuldig ist – doch bis dahin sind meist Jahre vergangen, in denen der mutmaßliche Täter seinem Hobby nicht nachgehen durfte und seiner sozialen Kontakte beraubt wurde.

Protest der Hertha Ultras gegen Kollektivstrafen beim Spiel Hertha BSC gegen Leipzig am 3.11.2018 (Foto: John MacDougall/AFP/Getty Images)

Auch die von den Verbänden verhängten Kollektivstrafen sind mit äußerster Skepsis zu betrachen. Als mustergültiges Beispiel hierfür kann das Bundesligaspiel des BVB gegen RB Leipzig angeführt werden. Bei dieser Begegnung initiierten Dortmunder Anhänger Krawalle gegen die angereisten Fans des österreichischen Getränkekonzerns RB. Als Folge dieser Ausschreitungen wurde beim Spiel BVB gegen Wolfsburg die ganze Südtribüne für die Fans gesperrt.

Knapp 25.000 Zuschauer wurden von diesem Spiel ausgeschlossen weil ein paar Wochen vorher einige Dortmunder Streit mit den Leipziger Fans gesucht hatten. Dabei ist es den vielen unschuldigen Fans auf der Südtribüne – darunter viele Dauerkarteninhaber – nur schwer zu vermitteln, warum sie bei einem Spiel ihres BVB ausgeschlossen wurden, nur weil sich ein paar andere nicht benehmen konnten.

Sollten denn dann nach dieser Logik nicht auch alle anderen Badegäste zur Strafe aus dem Freibad ausgesperrt werden nur weil ein Jugendlicher einmal ins Wasser gepullert hat? Derartige Kollektivstrafen sind wahrscheinlich eher dazu geeignet, Streit und Hass in die Fanszenen zu tragen, anstatt das friedliche Miteinander zu fördern. Nach dem Motto „teile und herrsche“ werden mit derartigen Maßnahmen die unschuldigen Fans gegen die anderen aufgewiegelt.

Die „gesperrte“ Südtribüne beim Dortmund – VfL Wolfsburg am 18.2.2017. (Foto: Patrik Stollarz/AFP/Getty Images)

Pyro

Ein weiteres Thema, welches heiß diskutiert wird, ist das Abbrennen von Pyrotechnik durch die Ultras in den Stadien. Würde man sich unreflektiert der derzeit vorherrschenden „öffentlichen Meinung“ anschließen – und niemand weiß eigentlich so genau, wie eine „öffentliche Meinung“ entsteht und wie sie in der Gesellschaft „verankert“ wird – so würden Lieschen Müller und Max Mustermann zuhause auf ihrer Couch sitzend wohl kopfnickend zustimmen, dass durch das Abbrennen von Pyrotechnik eine ständige lebensbedrohliche Gefahr für alle Besucher der Stadien bestehen würde.

Die sachlich-journalistische Herangehensweise zeigt jedoch ein anderes Bild. So wird im Jahresbericht der Zentralen Informationsstelle für Sporteinsätze (ZIS) festgestellt, dass es in der Saison 2017/18 zu 53 Verletzungen kam, die auf Pyrotechnik zurückzuführen sind. Setzt man diese Zahl jedoch in Relation mit den insgesamt ca. 21.300.000 Menschen, die diesen Spielen beiwohnten, entsteht sofort ein anderes Bild. Noch drastischer wird das Verhältnis jedoch, wenn man dem gleichen Bericht der ZIS entnimmt, dass es im gleichen Zeitraum zu 141 Verletzungen kam, die auf die Benutzung von „polizeilichen Reizstoffen“ zurückzuführen sind. Die Gefahr durch polizeilich eingesetztes Reizgas verletzt zu werden, ist demnach fast drei Mal so hoch wie die, durch Pyrotechnik geschädigt zu werden.

„Pyrotechnik legalisieren – Emotionen respektieren“

Unter dem Motto „Pyrotechnik legalisieren – Emotionen respektieren“ fordern die Ultras nun schon seit Jahren die Legalisierung von Pyrotechnik. Für sie ist das Abbrennen der Bengalos ein weiterer Beitrag zur Schaffung einer stimmungsvollen Atmosphäre. Dabei betonen sie immer wieder, dass sie um die Risiken wissen. Dafür wollen sie auch die Verantwortung übernehmen. Sie argumentieren dabei, dass es sehr wohl möglich wäre, in den Stadien Möglichkeiten und Räume zu schaffen, in denen Pyrotechnik bei einem gewissenhaften Umgang so eingesetzt werden kann, dass es zu keinen Verletzungen kommt. Selbst die Hilfe und fachkundige Beratung von dazu ausgebildeten Feuerwehrleuten wurde angeregt.

Doch die Verbände bleiben hart und reagieren ausschließlich nur mit Verboten und setzen dabei Pyrotechnik automatisch mit Randale gleich. Dies hat vor allem zwei Gründe: zum einen kann man die Ultras, welche trotz des Verbotes Pyrotechnik zum Einsatz bringen, weiterhin kriminalisieren. Man hat also von Seiten der Verbände den selbst geschaffenen „Beweis“ dafür, das Ultras kriminell sind. Somit haben die Funktionäre jederzeit alle Argumente auf ihrer Seite wenn man die unbequemen Ultras aus den Stadien herausdrängen möchte.

Der zweite Grund, warum man Pyros weiterhin kriminalisiert, ist – man ahnt es schon – das liebe Geld. Vereine, deren Fans bei einem Spiel Bengalos abgebrannt haben, bekommen nämlich von den Verbänden Strafen auferlegt und müssen diese dann an die Verbände überweisen. Jährlich kommen da schon mal ein paar Euros zusammen. In der Saison 2017 / 2018 waren es über zwei Millionen Euro, welche die Clubs wegen „unsportlichem Verhalten“ ihrer Fans an den DFB überweisen mussten. Ein gern gesehener Nebeneffekt ist dazu natürlich auch noch, dass man durch derartige Sanktionen einen Keil zwischen die Ultras und ihre Vereine treiben kann.

Ein Machtspiel

Betrachtet man sich das Thema Pyro einmal ohne Emotionen, so wäre es durchaus möglich, dass man von Seiten des DFB die Rahmenbedingungen für ein sicheres Benutzen der Bengalos schaffen würde. Doch das ist aus den oben genannten Gründen nicht gewollt. Daher sind viele Ultras über die Ergebnisse enttäuscht, welche bisher in den Gesprächen zwischen ihnen und den Verbänden stattgefunden haben.

Gutgläubig und blauäugig dachten sie wohl, es könne irgendwann einmal eine Einigung geben. Doch die wird es in absehbarer Zeit natürlich nicht geben können, denn während die einen über das kontrollierte Ausleben ihrer Emotionen reden, sprechen die anderen beim gleichen Thema darüber, wie sie Gründe finden können, ihre unbequemen Gesprächspartner aus den Stadien zu drängen.

Daher muss man nüchtern feststellen, dass die Diskussion um Pyros einfach nur das ist, was es ist: ein Machtspiel. Nichts weiter. Nun fühlen sich viele Ultras verschaukelt; nicht ernst genommen und veranstalten unter dem Motto „ihr kriegt uns nicht klein“ oder „Krieg dem DFB“ regelrechte „Pyro Orgien“ – nicht wissend, das sie mit ihren Bengalos denjenigen weitere Argument liefern, die sie am liebsten aus den Kurven verbannen möchten.

Das Verhältnis zwischen Ultras und Polizei

Bereits vor längerer Zeit schrieb die Epoch Times in dem Artikel „Polizei – dritte Kraft im Stadion„, dass es leider vorkommt, dass sich Polizeibeamte im Dienst von Fans beschimpfen lassen müssen oder sogar von angetrunkenen Personen bedroht werden. Dies kommt heute immer noch vor – auch wenn dies keinesfalls die Regel ist. Auch gibt es leider vereinzelt verbale (und auch körperliche) Gewalt gegen Einsatzkräfte; aggressives Auftreten einzelner Ultragruppierungen und in gelegentlichen Fällen auch eine Solidarisierung gegen die Polizei – doch ist es mindestens genauso interessant sich einmal die andere Seite genauer zu betrachten.

Denn spricht man mit den Ultras, wird schnell eines klar: das Verhätlnis zwischen ihnen und der Polizei ist angespannt. Von einem Bild „die Polizei – dein Freund und Helfer“ möchte man in den Kreisen der Ultras nichts wissen.

Dabei berichten sie – nicht nur sie, sondern auch Fanrechtler und Fananwälte – dass manchmal Hunderte Ultras scheinbar grundlos als Tatverdächtige behandelt und unter Generalverdacht gestellt wurden. Ohne eine Straftat begangen zu haben, wurden sie gezielt eingekesselt und von der Polizei erkennungsdienstlich erfasst – nur weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren.

Diese Aussagen decken sich mit einem Bericht der Epoch Times über die sogenannte „Datei Gewalttäter Sport„, in welchem man nachlesen kann, dass „… Personen, die bei Sportereignissen (…) auch nur einer Straftat verdächtig sind, in dieser Datei gespeichert werden können“ (um ein besseres Verständnis dafür zu bekommen lesen Sie bitte unbedingt diesen Artikel!).

Dies bedeutet, dass ein Betroffener nun nicht einmal mehr ein Beschuldigter sein muss, sondern dass es nur auf eine Einschätzung der Polizei ankommt. Wenn die Polizei also von sich aus „einschätzt“, dass große Gruppen – wie schon mehrfach geschehen – stundenlang eingekesselt werden sollten, so kann sie dies nach Belieben tun. Dabei bekommt man den Eindruck, dass derartige Aktionen der Beamten eine wünschenswerte Gelegenheit ist, an den Ultras „zu üben“, wie man ganze Massen über einen längeren Zeitraum in Schach hält.

Dieses als Willkür empfundene Vorgehen der Polizei und das gelegentlich kritisierte überharte Eingreifen von Seiten der Beamten verschärft das Misstrauen der Ultras. Gegenseitige Resentiments werden dazu noch von Menschen in beiden Lagern bewusst geschürt.

Einheitliche T-Shirts sind schockierend

In der Doku „Ultras – wem gehört der Fußball“, gesendet vom Bezahlsender „Sky“, wurde das Bild des Gästeblockes der Fans aus Dresden vom Spiel KSC – Dynamo Dresden im Jahr 2017 gezeigt. Bei diesem Spiel hatten alle Anhänger, Ultras und Fans von Dynamo ein einheitliches T-Shirt an. Dazu sagte Arnold Plickert von der Gewerkschaft der Polizei in NRW : „wie ich die Videosequenz gesehen habe, war ich sehr schockiert weil das ein Bild war, was schon sehr gewalttätig aussah!“

Dieser Kommentar wird vor laufenden Kameras so vorgetragen und in die Wohnzimmer von Lieschen Müller und Max Mustermann transportiert, als wäre das Tragen eines einheitlichen T-Shirts schon ein Gewaltverbrechen. Damit wird  seitens der Polizei absichtlich ein Bild einer diffusen, ständigen Bedrohung aus den Fanblöcken gezeichnet. Martialisches Auftreten wird somit automatisch mit Krawallen gleichgesetzt. Doch welchen Zweck hat diese Darstellung und Kommentierung von Ultras?

Irreführende Formulierungen

Alle Jahre wieder veröffentlicht die ZIS einen Bericht zu Straftaten in den deutschen Fußball-Ligen. Der Jahresbericht für die Saison 2017/18 trägt die Überschrift: „Keine Entwarnung in Sachen Fußball und Gewalt – Gewaltbereite Ultraszene zeigt hohen Organisierungsgrad bei Störungen“. Und weiter: „Sorgen bereiten vor allen Dingen die gewaltbereiten Teile der Ultra-Gruppierungen. (…..). Sie stehen fanatisch hinter ihrem Verein. Wir beobachten einen weiter steigenden Organisierungsgrad innerhalb der gewaltbereiten Teile der Ultraszene. Das zeigt sich im konzertierten Vorgehen großer Gruppen … ()“.

Überfliegt man oberflächlich diese Formulierungen, muss sich dem Leser automatisch der Eindruck aufdrängen, dass es in in unseren Stadien derart viele Ausschreitungen gibt, die man nur durch noch mehr Polizeieinsätze in den Griff kriegen könnte. Nach dem Erscheinen dieses von den großen Medien als „Randale Report“ bezeichneten Berichts, sprachen Medien, Politiker und Funktionäre sofort und unreflektiert von einer „neuen Gewaltwelle“.

Dabei ist dieser Bericht für viele Politiker sehr wichtig wenn die Innenminister gegenüber den Steuerzahlern die Kosten für Polizeieinsätze rechtfertigen müssen. Auch Polizeigewerkschaftler können aufgrund derartiger Formulierungen die Vereine auffordern, sich an den steigenden Sicherheitskosten zu beteiligen.

Doch schauen wir uns die Zahlen hinter diesen „Gewaltbereiten Ultraszenen mit einem hohen Organisierungsgrad bei Störungen“ der ZIS einmal genauer an:

Die Fakten

In der Spielzeit 2017 / 2018 gab es insgesamt 6.921 eingeleitete Strafverfahren für die 1., 2., 3. Bundesliga sowie für alle 4. Ligen. Diese eingeleiteten Strafverfahren beziehen sich jedoch keineswegs nur auf Gewalt, sondern beinhalten die verschiedensten Delikte: von Bedrohungen, Erschleichen von Leistungen bis hin zum Diebstahl. Diese Anzeigen sagen jedoch überhaupt nichts darüber aus, wie viele Verdächtigte letztendlich auch rechtskräftig verurteilt wurden – also wie viele denn nun tatsächlich gegen das Gesetz verstoßen haben.

Laut dieser Statistik werden also alle Tatverdächtigen bereits – ohne eine Verhandlung gehabt zu haben – automatisch zu Tätern gemacht. Außerdem muss man diese 6.921 eingeleiteten Strafverfahren in Relation zu den 2.735 Spielen setzen. Daraus ergibt sich, dass gegen durchschnittlich 2,5 Personen pro Spiel ein Strafverfahren eingeleitet wurde – und das bei mehreren zehntausenden Besuchern pro Spiel. Auf jedem größeren Volksfest würden sich die Veranstalter freuen, eine derart niedrige Quote an Anzeigen zu haben. Noch deutlicher wird diese Relation, wenn man weiß, dass insgesamt 21.300.000 Zuschauer diese Fußballspiele besuchten. Von 21,3 Mio Fans wurde gegen knapp 7.000 eine Anzeige erstattet – das entspricht etwas über 0,03 % der Gesamtzuschauerzahl und kann eigentlich in Anbetracht solch riesiger Besuchermassen nur als paradiesischer Zustand bezeichnet werden.

Eine weitere Zahl, die im Kontext des ZIS- Berichtes als „besorgniserregend“ dargestellt wird, ist die Anzahl der gewaltbereiten und gewaltsuchenden Fans (sogenannte „B“ und „C“ Fans). Diese wird im besagten Zeitraum auf 13.625 beziffert. Lesen Lieschen Müller und Max Mustermann diese nackte Zahl, wird den beiden wohl ein großer Schauer durch die Glieder fahren.

Doch keine Panik, Familie Müller -Mustermann, wir werden auch diese Zahl richtig einordnen. Diese 13.625 gewaltbereiten / gewaltsuchenden Personen (übrigens Hooligans und Ultras zusammen in einen Topf geworfen) hatten also in einer kompletten Saison 2.735 Möglichkeiten (Fußballspiele), um ihre Krawalle anzetteln zu können. Und dann brachten es diese 13.625 Gewalttäter zusammen auf gerade einmal 6.921 eingeleitete Strafverfahren? Jede einzelne dieser Personen hat pro Saison 34 Spieltage „zur Verfügung“, um ihre Gewalt ausleben zu können und dann kommen alle zusammen auf knapp 7.000 eingeleitete Strafverfahren, von denen man eigentlich noch Erschleichungen, Diebstahl etc von der eigentlichen Gewalt subtrahieren muss?!? Sieht so eine vor Gewalt triefende Fußballszene aus?

Wem nützt es, diese nackten Zahlen derart falsch zu interpretieren, und die Ereignisse so zu formulieren, dass „….. man sich Sorgen um die gewaltbereiten Teile der Ultra-Gruppierungen machen muss“? Natürlich gibt es – wie weiter oben schon erwähnt – einige wenige Ultras / Hooligans die Gewalt ausüben. Doch das emotionslose Betrachten der nackten Zahlen beweist, dass unsere Stadien sicher sind. Wer weiß, ob die Politiker und Innenminister derart hohe Kosten für Polizeieinsätze billigen würden, wenn sie die Zeit hätten, sich einmal in Ruhe mit ihrem Taschenrechner die tatsächlich existierenden Relationen klar zu machen.

Wem nützt es, wenn man „… sich Sorgen um Gewaltbereite“ machen muss?

Richtig: es geht um Geld. Sehr viel Geld. Die Polizei hat einen gesellschaftlichen Auftrag und dafür bekommt sie vom Steuerzahler Geld. Nun wissen aber auch die Angehörigen der Polizei, dass im Profi-Fußball jährlich Milliarden umgesetzt werden. Und diese Summen wecken Begehrlichkeiten. Wie sonst sollte man die Forderungen der Polizeigewerkschaft verstehen, dass sich die Vereine zusätzlich zu dem vom Steuerzahler bereit gestelltem Geld nun auch noch an den Ausgaben der Polizei beteiligen sollen?

Wiederholt man diese Forderungen oft, immer wieder und gebetsmühlenartig; und koppelt man sie dann noch an die apokalyptischen Darstellungsweise, es würden ohne die finanzielle Beteiligung der Vereine bürgerkriegsähnliche Zustände in unseren Stadien herrschen, so werden am Ende auch Lieschen Müller und Max Mustermann glauben, dass es das Recht der Polizei wäre, in die Taschen von anderen zu greifen.

Um diese These zu bestätigen, kommen dann ein paar gewaltbereite Ultras und ein 14-Jähriger, der vor laufenden Kameras ein Bengalo in die Höhe streckt, gerade recht. Diese Forderung ist jedoch genauso absurd, wie wenn die Vereinigung der Krankenschwestern fordern würde, dass jeder, der mit Fußball sein Geld verdient, ein paar tausend Euro zuzahlen muss, wenn sie seine Ente am Krankenbett entleert.

Dazu geht es auch noch um Arbeitsplätze, welche nach und nach Anfangs der 90er geschaffen wurden. Damals gab es tatsächlich noch schwere Krawalle und Massenschlägereien in und um die Stadien. Doch die gibt es jetzt in dieser Form nicht mehr und eigentlich sind einige der damals geschaffenen Arbeitsplätze jetzt überflüssig. Es sei denn, man würde Formulierungen finden, die dem Abbau dieser Arbeitsplätze entgegenwirken könnten. Ein Schelm wer Böses dabei denkt …

Auch sollte man als selbständig denkender Mensch, der sich nicht mit solchen Statistiken befasst, in der Lage sein, einmal in Ruhe darüber nachzudenken, wo denn die vielen angeblichen Krawalle immer stattfinden sollen. Da die Ultras ständig überwacht werden und von Polizeieskorten vom Bahnhof abgeholt und wieder hingebracht werden, sind Krawalle heutzutage nur schwer möglich. Dies gilt noch mehr, wenn sie mit Bussen anreisen.

Für ein gesittetes Miteinander in unseren Stadien spricht des weiteren noch die Tatsache, dass immer mehr Frauen, Kinder und Familien die Spiele besuchen und viele Stadien oft ausverkauft sind. Würden die Eltern mit ihren Kindern Stadien besuchen, wenn dort ihre Sprösslinge einer ständigen Bedrohung durch Ultras ausgesetzt wären?

Politisierung

In diesem Punkt gibt es deutschlandweit tatsächlich etwas größere Unterschiede. Dabei gibt es in vielen Stadien Ultragruppierungen, die sich völlig ihrem Lebensgefühl „Ultra-sein“ hingeben und sich tapfer dagegen wehren, sich von politischen Gruppen infiltrieren, unterwandern oder bestimmen zu lassen. Sie sind der Meinung, dass der Fußball, die Ultras und die Fußballfans nicht dazu da sind, um sich von politischen Extremisten benutzen zu lassen und unsere Stadien in politische Bühnen umzuwandeln.

Für die Ultragruppierungen, die sich (bis jetzt) erfolgreich gegen die Vereinnahmung durch politische Strömungen wehren, spricht wohl das folgende Zitat aus der „Fibel Borussia Mönchengladbach“:

„Wir Ultras (in MG) tragen dazu bei, dass unser Slogan „Keine Politik im Stadion“ weiterhin gelebt wird. Wir sehen ja, was in anderen Stadien passiert ist. In den Städten, die dieses Thema nicht ernst genug genommen haben, regieren jetzt die verschiedensten Polit-Affen in den Kurven und degradieren ihr Stadion zu einem Parteitag. Aber die Kurve von den ständigen Infiltrierungsversuchen weitestgehend frei zu halten, ist wirklich schwere Arbeit. Alle Nase lang kommen irgendwelche Politik-Aktivisten ins Stadion, die sich einbilden, sie könnten unsere Fanszene für ihre Zwecke missbrauchen. Aber wir werden es nicht zulassen, dass uns irgendeine politische Ideologie unterwandert und dass unser Hobby Borussia Mönchengladbach von denen an die zweite Stelle gerückt wird. In unserer Szene gibt es nun einmal Griechen, Rumänen, Russen, Marokkaner, Polen, Schwarzafrikaner, und es spielt bei uns überhaupt keine Rolle, wo jemand herkommt, was für eine Hautfarbe er hat oder welcher Religion er angehört. Von daher brauchen wir auch keine Spinner, die uns sagen, dass wir die Leute, die wir schon seit Jahren integriert haben, nun integrieren sollen! Denen geht es nämlich eigentlich gar nicht um die Integration, sondern schlicht und ergreifend nur darum, ihre Ideologie verbreiten zu können“.

Aber es gibt auch – vergleichsweise wenige – Ultras, die man tatsächlich dem rechten Spektrum zuordnen kann und die in einigen Städten versuchen ihr faschistisches Weltbild in die Kurven zu tragen. Dem gegenüber nimmt die Polititisierung aus der linken Szene in den Stadien immer mehr zu. Vor allem die kriminelle, gewalttätige und antidemokratische „Antifa“ gewinnt immer mehr Einfluss.

Getreu dem Motto von Karl Marx: „Um an die Macht zu kommen müssen wir uns der Lumpen (heute wohl Assis genannt) bedienen“, suchen die Seelenfänger der Antifa Fans, die sie für ihr politisch motivierten Untaten missbrauchen können.

Dabei kommen ihnen die Ultras gerade recht weil dies Menschen sind, die für ihre Sache brennen und die man noch für etwas begeistern kann. Zusätzlich erhofft sich die „Antifa“ unter diesen Leuten auch Menschen finden zu können, die der Gewalt nicht abgeneigt sind, um sie dann nach erfolgreicher „politischer Umschulung“ als Schläger benutzen zu können.

Unter dem Deckmantel des Antirassismus versuchen die linken Extremisten mittlerweile in vielen Stadien an Einfluss zu gewinnen, wobei ihre wahre Absicht die Verbreitung ihrer politischen Ideologie und die Vorherrschaft in den Kurven ist.

Bei nicht wenigen Vereinen ist es daher nun schon zur Gewohnheit geworden, dass kommunistische Volksverhetzer die Meinungen der Ultras, der Kurve und somit der gesamten Fanszene bestimmen. Tendenz steigend.

Auch so mancher Ordnungsdienst ist dabei auf dem linken Auge blind und sieht keinen Grund für eine Intervention, wenn Symbole der größten Verbrecher der Menschheitsgeschichte oder Fahnen und T- Shirts mit dem Bild eines kommunistischen Mörders öffentlich zur Schau gestellt werden.

In den Farben getrennt in der Sache vereint

Ein Ultra ist man nicht mal so eben „nebenbei“. Wenn man einer ist, dann ist man es aus ganzem Herzen. Mit einer unbändigen Leidenschaft. Ein richtiger Ultra gibt immer alles. „Halber Kram“ gibt es bei ihnen nicht. Diese Einstellung, dieses Lebensgefühl ist bei allen und in allen Städten gleich. Ihr Slogan: „In den Farben getrennt in der Sache vereint“. Ein Ultra zu sein ist eine Art Religion und ihre Tempel sind die Stadien.

Obwohl es tiefe Gräben zwischen ihnen und den Verbänden, den Behörden und teilweise auch den Medien gibt, sind sie dennoch Teil des gesamten Systems. Bei einer derart riesigen Massenbewegung möchte natürlich auch jeder sein Süppchen auf dem Rücken der Ultras kochen: Journalisten, die Storys über sie verkaufen wollen und die in jedes Bengalo ein Vorzeichen eines nahenden Bürgerkriegs hineininterpretieren; jene, die das Benehmen einiger Ultras gerne aufgreifen um unliebsame und kritische Stimmen aus den Stadien drängen zu wollen; jene, die sich durch die bloße Existenz der Ultras ihren Arbeitsplatz sichern können, …, Fanforscher, … und …. und … und nicht zuletzt auch die Vereine, die von den schönen Bildern und lautstarken Gesängen profitieren.

Für die Ultras ist Fußball eine Passion und kein Business. In ihrem Selbstverständnis wollen sie den Fußball retten und nicht zerstören. Sie stehen für Tradition und Identität. Das Gefühl in der Kurve zu stehen, seinen Verein anzufeuern, zu singen und alles – über das normale Maß hinaus – für ihn zu geben, kann keiner nachvollziehen, der es nicht selbst einmal erlebt hat. Sie machen damit ein Stadionerlebnis für alle Zuschauer erst zu dem, was es ist.

Und ja; sie polarisieren! Aber lassen wir unsere Ultras doch – wenn sie keine Straftaten begehen – einfach das sein, was sie sind: eine große, bunte und kreative Jugendbewegung.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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