Fußballgeschichte: von Menschenopfern über Rugby bis zur FIFA

Was haben Menschenopfer und Gewerkschaften mit der Geschichte des Fußballs zu tun? Und wie entstand die Form des Sports, wie wir sie heute kennen? Ein Blick auf die Entstehungsgeschichte des beliebten Ballsports.
Titelbild
Symbolbild.Foto: DANTE FERNANDEZ/gettyimages
Von 27. November 2022

Fußball – die schönste Nebensache der Welt. Ja, so könnte man meinen. Brot und Spiele – wie im alten Rom, nur mit dem Unterschied, dass Spiele ja, aber Brot heute eben durch Bier ersetzt wird, und beides zusammen so wunderschön von der Wirklichkeit, den dringenden Problemen von Wirtschaft und Gesellschaft ablenkt. Doch hatte diese Funktion ein Spiel nicht schon immer?

So ist es nicht verwunderlich, dass Spiel und Sport auch immer im Rampenlicht der Kritik stehen. In Shakespeare’ King Lear gerät der Begriff Fußball zum Schimpfwort: „You base football player“.

Rugby wird zu Soccer

Schauen wir in die Geschichte des Fußballs, so stellen wir fest, dass bestimmte Element der „popular culture“ des 19. Jahrhunderts in die Kultur der sich in den Städten entwickelten Bevölkerung übernommen wurden. Ohne Regeln kann aber auch eine Kultur der Massen nicht stattfinden – und diese Regeln mussten möglichst einfach und leicht durchschaubar sein. Diesem Ziel entsprach der geglückte Versuch am 23. Oktober 1863 als Vertreter von vornehmen Public Schools und der Universität Oxford und Cambridge sich im Freemason’s Tavern in London versammelten, um zu vereinbaren, was die Geburtsstunde des modernen Fußballs wurde. Bei diesem Treffen wurde versucht, Ordnung in das Wirrwarr der Regeln zu bringen. Für die Zukunft sollten Treten gegen die Schienbeine, Beinstellen, Balltragen mit der Hand verboten werden. Doch die eisernen Verfechter der Rugby-Version lehnten diese vornehme Art des Spielens ab. Von nun an gab es die alte – Rugby – und die neue Version des Fußballspielens.

Neue Regeln wurden geschaffen für die untereinander auszutragenden Spiele, die auf Dauer angelegt waren und nicht wie bisher jedes Mal vor einem Spiel neu festgelegt werden mussten. Es wurden verbindliche Regeln geschaffen, eine Aufsichtsbehörde – Football Association (FA) gegründet, die über Zweifelsfälle entscheiden sollte. Dies war die Geburtsstunde des modernen Fußballspiels. Wer in Zukunft nach diesen Regeln spielte, spielte „Soccer“ (benannt nach der Football Association) eine Bezeichnung, die der Fußball auf dem amerikanischen Kontinent noch heute trägt.

Einheitliche Regeln als Grundstein

Einige Festlegungen, die sich im Laufe der Jahre durchsetzten:

Im Unterschied zum beliebten Rugby sollte es keinen eiförmigen Ball geben, sondern einen kugelrunden; das Handspiel und das Treten wurden verboten. Damit wurde der Spieler weniger verletzungsanfällig, er konnte auch nach einem Spiel wie gewohnt seiner Arbeit nachgehen.

Entscheidend wird für die Entwicklung des Fußballs auf der Welt, dass immer mehr Vereine außerhalb Englands diese Regeln übernahmen, so dass es bald möglich war, auch die Grenzen Englands zu überwinden und man international nach den Regeln der FA spielte. Spiele und Spieler erhielten ein Ranking, Tabellen und Wertungen gewannen immer mehr an Bedeutung, man maß sich mit anderen, und stellte damit auch regionale und nationale Rangfolgen auf. Spiele erhielten plötzlich eine Geschichte, es gab legendäre Matches, manche Spieler wurden zu Idolen nicht nur des Vereins, sondern auch der Nation. Damit wurde Fußball zu einem Element der Kultur der Moderne, die nach Baudelaire sich dadurch auszeichnet, dass sie das „Vorübergehende“ mit dem „Ewigen“ verbindet.

Von „Englischer Krankheit“ zum internationalen Großereignis

Regelmäßige Spiele waren Themen für die Presse und dann natürlich auch für die Wirtschaft. Der von den Gewerkschaften erstrittene freie Samstagnachmittag ermöglichte, regelmäßig bei Tageslicht zu spielen bzw. die Spiele anzusehen. Im protestantisch geprägten England war der Sonntag heilig, weshalb man sich an Werktagen verlustieren musste – und dies bei einem 10-12stündigen Arbeitstag von Montag bis Samstag. Deshalb kam dem Sieg der Gewerkschaften bei der Verbreitung und Ausübung des Sports eine große Bedeutung zu.

Hatte in den deutschen Ländern „Turnvater“ Jahn als Reaktion auf die französische Fremdherrschaft zur körperlichen Ertüchtigung der deutschen Jugend 1811 die deutsche Turnbewegung ins Leben gerufen, gab es bei der Gründung des Deutschen Fußballbundes wiederum einen Anstoß aus dem Ausland. Politisch motiviert, wurde Fußball als „Englische Krankheit“ eingestuft. Im Wettlauf um die Kolonien sollten die Deutschen eben nicht das englische Vorbild übernehmen, so die Politik.

Dennoch entstanden nach englischen Vorbild Fußball- und Kriketvereine. Die Menschen ließen sich ihre Freizeitgestaltung nicht von „oben“ vorschreiben. 1874 gründete Prof. Konrad Koch in Braunschweig den ersten deutschen Schüler-Fußballverein. Schließlich wurde im selben Jahr der Deutsche Fußballbund gegründet.  Bei der ersten vom DFB organisierten Deutschen Fußballmeisterschaft 1903 ging in Hamburg vor 2000 Zuschauern der VfB Leipzig mit 7:2 siegreich aus dem Endspiel gegen den DFC Prag hervor, wobei man sich heute fragt, warum Prag zu Deutschland gehörte. Man dachte eben damals – trotz der von 1866 Preußen erstrebten Teilung Deutschlands immer noch großdeutsch, also ein Deutschland zusammen mit der Habsburgmonarchie – und damals gehört Prag eben dazu.

Der Weltdachverband, die Fédération Internationale de Football Association (FIFA), mit Sitz in Zürich, entstand bereits 1904. Sein Präsident (1921 bis 1954) Jules Rimet, entwickelte die Idee der Weltmeisterschaft. Nach ihm ist deshalb der Pokal für den Weltmeister genannt.

Ballsport nicht für Jedermann

Die Erfindung der Dampfschifffahrt beschleunigte den Transport der Auswanderer nicht nur aus englischen Gefilden, sei es über den Kanal nach dem europäischen Kontinent, sondern auch im Gefolge der überseeischen Ausdehnung des britischen Weltreiches auch in die Kolonien in Afrika, Australien und Asien. Bei den dort stationierten britischen Soldaten wurde Fußball zur beliebtesten Ablenkungsbeschäftigung. Selbst im preußischen Heer wurde gern Fußball gespielt, was einen General während des Ersten Weltkrieges zu dem Seufzer verleitet hatte, dass das Fußballspiel das militärische Leben bei einzelnen Truppen bald mehr beherrschte als der nüchterne Dienst mit der Waffe. Doch Preußen ließ in der Freizeit das Fußballspielen zu, im Gegensatz zu den englischen Königen Eduard IIL, Richard IL, Heinrich IV. und Heinrich V., die während des Hundertjährigen Krieges zwischen England und Frankreich (1338 bis 1453) dieses beliebte uralten ungeregelte Ballspielen unter Strafe stellten, da es von militärischen Übungen abhielt.

Der aufkommende Nationalismus in Europa bedingte, dass die nationalen Fachverbände, die sich mit Ausnahme des Deutschen Fußballbundes wie in England als „Football Association“ organisiert hatten, sich nationalsprachiger Begriffe bedienten. So wählten die Italiener den Begriff „Calcio“, der ein in Florenz beliebtes Fußballspiel der Zeit der Renaissance bezeichnete.

Dieses Spiel war dem Adel vorbehalten. Ähnlich wie der englische Fußball zunächst nur den Reichen und Vornehmen zur Verfügung stand – die Mannschaften der Eliteuniversitäten Oxford und Cambridge galten als Vorbild – waren ähnliche Ballspiele in anderen Kulturen, die mit den Füßen ausgeführt wurden, für die Oberschicht der Bevölkerung vorbehalten.

Andere Länder, andere Sitten

Es ist überliefert, dass der chinesische General Li Yu, (206 v. Chr.) das erste Fußballregelbuch für seine Offiziere geschrieben hat. Das chinesische Fußballspiel hieß ts’uh-küh, Ts’uh meint „mit dem Fuß stoßen“ und küh bedeutet „Ball“.

Eine japanische Legende aus dem Jahre 800 v. Ch. sagt, dass aus China eines Tages drei Männer mit menschlichem Antlitz, jedoch affenähnlichen Gliedern nach Japan gekommen seien, die einen Spielplatz suchten. Diese drei Fremden, denen in einem Tempel ein Platz zur Verfügung gestellt wurde, werden noch heute als Schutzgötter des Fußballspiels verehrt.

Die seit etwa 587 n. Chr. japanische Art Fußball zu spielen – Kemari genannt – bedeutet mehr eine feierliche Zeremonie als Wettkampf, bei der auch der Kaiser mitspielen durfte. Acht Spieler trugen mit kostbaren Verzierungen geschmückte Kostüme und Hüte. Sie mussten sich den Ball 20 Minuten lang, ein Priester mit einer Sanduhr maß die Zeit, mit dem Fuß zuspielen, ohne dass dieser den Boden berührte. Auch durfte der Ball nicht mit der Brust in Berührung kommen. Das Spiel endete, wenn der Ball den Körper eines Mitspielers berührte oder zu Boden fiel.

Selbst in den Kulturen Süd- und Mittelamerikas kannte man ein Fußballspiel. Hernán Cortés, ein spanischer Eroberer, brachte zwei Azteken mit, die im 16. Jahrhundert am Hofe des deutsch-römischen Kaisers zur Belustigung des Adels ihre Art von Fußball spielen mussten. Das indianische Wort für Ball heißt uike, was „Frucht des Kautschukbaums“ bedeutet. Solche Kautschukbälle verwendeten die Azteken, Mixteken, Tolteken, Zapoteken und die Mayas. Spieler waren besonders ausgewählte Männer, die zudem einen geistlichen Rang bekleideten mussten. Zwei Mannschaften versuchen, den Ball durch zwei Ringe durchzuschießen. Wem als erstem dies gelang, war Sieger. Die Spiele unterlagen einem festen religiösen Ritual, bei dem den Kriegsgöttern gehuldigt wurde. Auf Befehl eines Priesters wurden zu Beginn eines jeden Spieles vier Menschen geopfert.

Fußball war und ist aus den Kulturen nicht wegzudenken. Das Online-Portal des Staates Ghana meinte einmal, dass selbst Adam schon im Paradies Fußball gespielt hätte. Mit wem denn? Mit Eva? So kann die Begeisterung für ein interessantes Vergnügen über die Stränge schlagen …



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion