Knifflige Juve-Prüfung für Guardiola und die Zwergenabwehr
„Wir brauchen die beste Leistung des Trainers, des Stabes, der Spieler“, sagte Guardiola. Der Katalane muss im Achtelfinale liefern, auch ohne kopfballstarke Innenverteidiger – sonst ist seine Münchner Champions-League-Mission viel zu früh endgültig gescheitert: Drei Jahre kein Finale, kein Titel? Den Bayern-Fans empfahl Guardiola wegen der Abwehrnöte: „Wir müssen die Daumen drücken.“
Lamentieren ist nicht Bayern-like – und darum machen sich Kapitän Philipp Lahm und Co. auch nicht kleiner, als sie am Dienstag (20.45 Uhr) in Turin aufgestellt sein werden. „Jetzt geht es richtig los mit dem K.o.-System. Die letzten Jahre haben wir immer mindestens das Halbfinale erreicht“, erinnerte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge, als sich die Reisegruppe des Rekordmeisters nach dem noch im frühlingshaft warmen München absolvierten Abschlusstraining auf den kurzen Flug über die schneebedeckten Alpen nach Italien begab.
Die Ankündigung von Turins Stürmer Alvaro Morata, die Bayern werde im ausverkauften Juventus Stadium die „Hölle“ erwarten, konterte Arjen Robben entspannt. „Ich glaube, das sind wir gewohnt.“ Zumal Turin kein Schreckensort für die Bayern ist, wie eine bemerkenswerte UEFA-Statistik belegt: Seit Sommer 2004 hat Juve nur zwei von 45 Heimspielen im Europapokal verloren – beide gegen die Bayern.
Vor drei Jahren siegten die Bayern auf dem Weg zum historischen Titel-Triple im Viertelfinale mit 2:0 in Turin. Das Wiedersehen steht jedoch unter anderen Vorzeichen. Juve hat einen Lauf, auch wenn es nach 15 Ligasiegen in Serie bei der Generalprobe gegen Bologna nur zu einem torlosen Unentschieden gereicht hatte. Guardiolas Respekt vor dem Vorjahresfinalisten könnte nicht größer sein. „Alle Spieler haben große Erfahrung: Buffon, Bonucci, Khedira, Mandzukic, Pogba, Evra“, zählte der Spanier auf und schloss: „Es ist ein großes Duell.“
Für das der Tüftler taktisch und personell die Weichen stellen muss. Zaubert er noch einen defensiven Überraschungsplan aus dem Hut? Oder glaubt er international an die Zwergenreihe mit Kimmich und Alaba im Deckungszentrum, flankiert von Bernat und Lahm, der sein 100. Champions-League-Spiel bestreitet? „Wir haben Vertrauen zu den zwei“, sagte Rummenigge über Alaba und Kimmich. Keiner aus dem Quartett misst mehr als 1,80 Meter. Ein Manko gegen robuste Stürmer wie Mario Mandzukic (1,87 Meter), der sich pünktlich zum Rendezvous mit dem ungeliebten Ex-Coach Guardiola aus dem Verletztenstand zurückmeldete.
„Körpergröße können wir uns nicht schnitzen“, bemerkte Sportvorstand Matthias Sammer lapidar. Aber vielleicht steht überraschend ja doch ein hochgewachsener Abwehrrecke zur Verfügung: Zu den 21 Spielern, die nach Turin flogen, zählte nämlich auch Medhi Benatia (1,90 Meter). Womöglich riskiert Guardiola sogar einen Kaltstart des nach zweimonatiger Verletzungspause erst jüngst genesenen Benatia.
Xabi Alonso wird Guardiola kaum in eine Dreierkette zurückziehen. Der erfahrene Spanier wird eher als Ordnungskraft und Ballverteiler im Mittelfeld gebraucht. Juve mit viel Ballbesitzfußball vom Tor weghalten, könnte der Plan lauten.
Wie viel wagt Guardiola? Massiert er das Mittelfeld, womöglich mit Lahm oder dem Ex-Turiner Arturo Vidal? Oder lässt er geballt seine Angriffsriesen los: Robert Lewandowski, Thomas Müller, Douglas Costa, Robben stehen parat, dazu als Joker Franck Ribéry und Kingsley Coman. „Ich weiß nicht, welchen Plan der Trainer hat“, meinte Rummenigge.
Flucht nach vorn? „Es wird ganz wichtig sein, in Turin ein Tor zu erzielen“, sagte Müller mit Blick auf das entscheidende Rückspiel am 16. März. Gerade das Toreschießen ist schwer gegen Juve. Mit minimalen 6:3 Toren kam der Vorjahresfinalist mit dem im Turiner Trikot noch ungeschlagenen Weltmeister Sami Khedira (14 Siege, zwei Remis) in der Gladbach-Gruppe weiter. „Turin kann gut verteidigen und wartet auf eine Situation“, erinnerte Bayerns Sturm-Ass Lewandowski.
Juves Torhüterlegende Gianluigi Buffon (38) ist seit 836 Minuten oder neun Spielen ohne Gegentor. Auch Joachim Löw ist gespannt. Der Bundestrainer prophezeite: „Bayern braucht zwei gute Tage und eine gute Form, um weiterzukommen.“
(dpa)
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