Leere Ränge und Finanznot: Corona-Folgen treffen Sport hart

Jetzt greifen die Behörden auch im Sport durch: Der Fußball rollt in vielen Stadien wegen der Coronakrise vorerst vor leeren Rängen. Das schürt auch finanzielle Ängste. Andere Topligen sind womöglich noch schwerer betroffen - aber eine einheitliche Linie fehlt.
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Bei vielen Bundesligaspielen bleiben infolge der Coronavirus-Ausbreitung die Stadien leer.Foto: David Young/dpa/dpa
Epoch Times10. März 2020

Berlin (dpa) – Mit den ersten Geisterspielen der Fußball-Bundesliga und der Angst vor schweren wirtschaftlichen Schäden treffen die Folgen der Corona-Krise den deutschen Sport immer härter.

Hunderttausende Fußballfans werden in den kommenden Wochen aus den Bundesliga-Stadien ausgesperrt, schon am Mittwoch muss das Rheinderby Borussia Mönchengladbach gegen den 1. FC Köln ohne Zuschauer gespielt werden. Eine einheitliche Lösung für alle Bundesländer aber gibt es bislang nicht – so will der 1. FC Union Berlin am Samstag gegen den FC Bayern München vor vollem Haus antreten. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) mahnte am Dienstag an, die „gesamte Liga“ müsse sich auf eine „gemeinsame Linie einigen“.

Dass wegen der Ausbreitung der Sars-CoV2-Infektionen auf Empfehlung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorerst keine Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Zuschauern stattfinden sollen, lässt bei vielen Clubs auch in anderen Sportarten die Sorge um die Zukunft wachsen. Die Deutsche Eishockey-Liga beriet am Dienstag kurz vor dem Start der Playoffs über das weitere Vorgehen, auch ein Saisonabbruch erschien möglich. Die Handball-Bundesliga berief für kommenden Montag eine außerordentliche Mitgliederversammlung ein. Im Basketball wollen die Bundesliga-Clubs am Donnerstag eine gemeinsame Regelung finden.

Nach einigem Zögern griffen zuerst die Behörden in Bayern und Nordrhein-Westfalen auch beim Sport durch. Nach einem Erlass des NRW-Landesgesundheitsministers darf das Fußball-Revierderby zwischen Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 am Samstag nur ohne Fans stattfinden, verfügte die Stadt Dortmund. Auch das Spitzenspiel der Bayern in Dortmund am 4. April wird wohl zum Geisterspiel.

Die Dortmunder müssen schon am Mittwoch im Achtelfinale der Champions League bei Paris Saint-Germain in einer leeren Arena antreten. „Niemand weiß, ob das die richtige Entscheidung für den Fußball ist“, sagte BVB-Trainer Lucien Favre am Dienstag. „Das ist alles noch nicht zu Ende gedacht“, sagte Dortmunds Sportchef Michael Zorc.

Der Dauerrivale aus München indes muss wohl sein Rückspiel in Europas Königsklasse gegen den FC Chelsea am 18. März ebenso ohne Zuschauer spielen wie ein mögliches Viertelfinale in der Allianz-Arena. Vom Zuschauerbann ist auch die Europa-League-Partie des VfL Wolfsburg gegen Schachtjor Donezk am Donnerstag betroffen.

Hintergrund ist Spahns Aufforderung, Veranstaltungen ab einer Größe von 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern bis auf weiteres abzusagen. So soll die Ausbreitung der Lungenkrankheit Covid-19 verlangsamt werden. Alle Bundesländer sind betroffen, es gibt mehr als 1100 nachgewiesene Infektionen. Auch die ersten Toten sind zu beklagen.

Dennoch werden nicht alle Bundesliga-Partien am Wochenende in leeren Arenen gespielt. Nach Rücksprache mit den örtlichen Behörden entschied sich Aufsteiger Union gegen einen Ausschluss der Öffentlichkeit für das Spiel gegen die Bayern in der Alten Försterei. „Herr Spahn hat ja auch nicht empfohlen, dass BMW in Berlin die Produktion einstellt. Deshalb kann er auch nicht empfehlen, dass wir unseren Betrieb einstellen“, sagte Union-Präsident Dirk Zingler der „Berliner Morgenpost“.

In Bremen indes muss die Partie gegen Bayer Leverkusen am Montagabend als Geisterspiel ausgetragen werden „oder gar nicht“, wie Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) sagte. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) bat die Deutsche Fußball Liga (DFL) schriftlich darum, den Spieltag zu verschieben. DFL-Chef Christian Seifert hatte allerdings bereits gesagt, dass eine Spielpause in der Bundesliga „illusorisch“ sei und nichts bringe.

Neben den sportlichen Auswirkungen von Spielen ohne echten Heimvorteil für nur einen Teil der Vereine sorgen sich die deutschen Proficlubs vor allem um die finanziellen Konsequenzen. So rechnen die Fußball-Bundesligisten pro Geisterspiel mit Einnahmeverlusten in Höhe von bis zu drei Millionen Euro. Die Vereine und die DFL seien dagegen nicht versichert, sagte Gladbachs Geschäftsführer Stephan Schippers.

Noch viel stärker sind die Clubs in unterklassigen Fußballligen und in anderen Sportarten von Zuschauereinnahmen abhängig. „Wir sind uns unserer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung bewusst“, sagte der Chef der Handball-Bundesliga, Uwe Schwenker, der Deutschen Presse-Agentur. Bei jeder Entscheidung müsse aber auch die wirtschaftliche Situation der Clubs berücksichtigt werden. Auch Meister SG Flensburg-Handewitt und Bundesliga-Tabellenführer THW Kiel müssen ihre nächsten Heimspiele vor leeren Rängen austragen.

Auch in anderen europäischen Ländern müssen Sportfans wegen der Ausbreitung des Coronavirus vorerst auf den Stadionbesuch verzichten. Österreich setzte die Spiele der 1. und 2. Fußball-Liga vorerst aus. In Italien und der Schweiz ruht der Ligen-Betrieb bis Anfang April. In Spanien, Portugal, Frankreich und Polen finden die Spiele der obersten Fußball-Liga vorerst ohne Zuschauer statt.

Zum Geisterspiel wird auch die erste Playoff-Partie am 26. März zwischen der Slowakei und Irland im Kampf um die Teilnahme an der Fußball-EM. Die Coronavirus-Epidemie sorgt auch für immer mehr Spekulationen um eine mögliche Verschiebung der EM um ein Jahr in den Sommer 2021. Hintergrund ist die Sorge nationaler Verbände und Ligen, dass sie ihre Meisterschaftswettbewerbe nicht wie geplant bis Mitte Mai beenden können.

„Die UEFA steht bezüglich des Coronavirus und seiner Entwicklung mit den zuständigen internationalen und lokalen Behörden in Kontakt. Der geplante Zeitplan muss nicht geändert werden“, teilte die Europäische Fußball-Union am Dienstag mit. Die 51 EM-Spiele sind für den 12. Juni bis 12. Juli in zwölf Ländern geplant.



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