„Lust auf mehr“: Die Erkenntnisse des Nagelsmann-Debüts

Dieser Start war verheißungsvoll und lässt hoffen für die Heim-EM 2024. Beim 3:1 gegen die USA ist auch der neue Bundestrainer ein Gewinner. Das Spiel in Hartford liefert wertvolle Anhaltspunkte.
Deutschlands Jamal Musiala, Niclas Füllkrug und Leroy Sané (l-r) bejubeln das zwischenzeitliche 1:1.
Jamal Musiala, Niclas Füllkrug und Leroy Sané (v.l.) bejubeln das zwischenzeitliche 1:1.Foto: Federico Gambarini/dpa
Epoch Times15. Oktober 2023

Im beengten, fensterlosen Presseraum des Stadions in Hartford saß Julian Nagelsmann nach seinem verheißungsvollen Premieren-Sieg als Fußball-Bundestrainer auf dem Podium und strahlte große Zufriedenheit aus. Das 3:1 gegen den Weltranglisten-Elften USA war ein Start, der Fans in Deutschland wieder hoffen lässt auf eine Heim-EM, die der gerade mal 36 Jahre alte DFB-Chefcoach zu „einem Sommermärchen 2.0“ machen will.

Es gab neben den Toren von Ilkay Gündogan, Niclas Füllkrug und Jamal Musiala nach dem Rückstand durch Christian Pulisic etliche wertvolle Erkenntnisse für Nagelsmann. Später ging es mit einem kurzen Weiterflug nach Philadelphia, wo am Mittwoch (2.00 Uhr/ARD) Mexiko zum Abschluss des im Vorfeld so umstrittenen US-Trips der zweite gute Gegner sein wird.

„Wir haben verdient gewonnen. Wir waren fußballerisch sehr gut. Am meisten gefallen hat mir aber, dass wir ruhig geblieben sind nach dem 0:1, nicht hektisch geworden sind, nicht zusammengebrochen sind“, resümierte Nagelsmann.

„Das macht Lust auf mehr“, frohlockte Sportdirektor Rudi Völler, der den Stimmungsumschwung in Deutschland im vergangenen Monat als Aushilfs-Teamchef mit einem 2:1 gegen Vize-Weltmeister Frankreich eingeleitet hatte und nun wieder glücklich auf der Tribüne zuschaute.

Positives Feedback der Spieler

Julian Nagelsmann bekam nach seinem Premieren-Sieg als Fußball-Bundestrainer gegen die USA sehr positives Feedback aus der Mannschaft. Der 36-Jährige hat seine Spieler während der ersten gemeinsamen Arbeitswoche in den USA mit seinem Auftreten und seinen Ideen beeindruckt, wie etwa Torschütze Niclas Füllkrug berichtete.

„Wir registrieren, dass da jemand vor uns steht, der ein autoritäres, gutes Auftreten hat. Auch in den Besprechungen merkt man es. Es ist eine natürliche Autorität, keine künstliche. Er kann alles hinterlegen mit Erklärungen, mit Lösungen. Das schindet sofort Eindruck, wenn du als Spieler merkst, das klappt“, sagte der 30 Jahre alte Stürmer von Borussia Dortmund nach dem 3:1 in Hartford gegen die USA. Eine Handschrift im Spiel war erkennbar.

Kapitän Ilkay Gündogan zeigte sich ebenfalls angetan von der Startphase mit Nagelsmann. „Es war eine Art und Weise von Fußball, die etwas anders ist“, sagte der 32-Jährige zur Spielweise und taktischen Anordnung auf dem Platz. Das Training fruchte schnell. „In der Kürze der Zeit haben wir echt viele gute Sachen gemacht“, sagte der Torschütze zum 1:1.

„Die Dinge ziehen, die wir angehen. Die Ideen des Trainers haben Kraft und bringen uns aufs nächste Level“, sagte Füllkrug. „Er ist ein Trainer, der sehr viele Ideen hat, der sehr ambitioniert ist.“ (dpa/red)

EM-Elf

Seine Turnier-Elf für den Sommer 2024 hat Nagelsmann natürlich nicht auf Anhieb gefunden, auch wenn etliche Starter punkten konnten. Das Kernteam ist für den Coach eh umfassender angelegt.

„Irgendwann beginnen wir, eine erste 15 einzuspielen. Es wird keine erste Elf sein, weil wir bei der EM mehr als elf Spieler brauchen.“ Gegen Mexiko kündigte Nagelsmann Änderungen an, weil er „nahezu alle Spieler“ im Kader mal im Spiel sehen will.

Anführer

Die Kapitänsbinde scheint Triple-Gewinner Ilkay Gündogan zu beflügeln. Der 32-Jährige hatte sie noch von Nagelsmann-Vorgänger Hansi Flick übertragen bekommen. Der neue Bundestrainer hielt daran fest. „Ilkay hat ein überragendes Spiel gemacht“, lobte Nagelsmann.

Gündogan ist ein eher leiser Boss, ein Leistungs-Anführer. „Er muss kein Lautsprecher sein. Ilkay ist keiner, der laut in der Kabine herumschreit“, sagte Nagelsmann. Er nennt Gündogan einen „Anführer als Fußballer“. So prägend wie in seinem 70. Länderspiel war der Regisseur im Nationaltrikot viel zu selten. Unter Nagelsmann war er es dagegen sofort. „Ilkay spielt seit Jahren auf einem top, top Niveau. Warum soll das in der Nationalmannschaft nicht so sein?“, fragte Nagelsmann.

Deutschland und seine Neuner

Stürmerproblem? Was für ein Stürmerproblem? Seit Jahren wird im Gerd-Müller-Land über den Neuner-Notstand geklagt. Niclas Füllkrug gibt die Antwort. Der 30 Jahre alte Neu-Dortmunder traf im zehnten Länderspiel zum achten Mal.

„Niclas hat es gut gemacht. Natürlich ist es immer schön, wenn du 20 Mittelstürmer zur Auswahl hast. Das haben wenige Nationen“, kommentierte Nagelsmann. „Wir haben auf jeden Fall fähige zentrale Stürmer, aber auch fähige Spieler drumherum.“

Die Entdeckung

Die Entdeckung des Nationalspielers Pascal Groß darf noch der glücklose und schließlich vorzeitig abgelöste Flick für sich reklamieren. Der Debütant aus dem September bot im dritten Länderspiel neben Gündogan eine klasse Partie inklusive Schuss an den Pfosten.

Der 32-Jährige aus Brighton ersetzte den erkrankt nach München zurückgereisten Joshua Kimmich so überzeugend, dass er nun dessen Konkurrent auf der Sechser-Position ist. „Die Chance hat jeder, seinen Platz zu behalten. Es gilt das Leistungsprinzip“, sagte Nagelsmann. „Pascal hat es sehr gut gemacht. Er ist ein sehr schlauer Fußballer.“ (dpa/red)



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