Planen und finanzieren: Sportler-Stress bis Olympia 2021

Die Coronavirus-Pandemie mit der Olympia-Verschiebung um ein Jahr stellt Sportlerinnen und Sportler vor vielfältige Herausforderungen. Einige verschieben ihr Karriereende, andere überlegen noch. Teils ist die Finanzierung ein Problem, die Hochzeit geplant und und und...
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Die Schwimmerin Jessica Steiger muss ihr Sportler-Leben neu organisieren.Foto: Bernd Thissen/dpa/dpa
Epoch Times4. April 2020

Die Verlegung der Olympischen Spiele um ein Jahr in den Sommer 2021 bringt für einige Athletinnen und Athleten vielfältige Probleme und immense Herausforderungen.

Die Lebensplanung verändert sich zum Teil dramatisch. Das geplante Karriereende muss um zwölf Monate verschoben werden, Sponsorenverträge laufen aus, Studium, Beruf oder Ausbildung sollten eigentlich bald Vorrang haben. Selbst die Familienplanung ist zuweilen betroffen. Die Deutsche Presse-Agentur nennt einige Beispiele:

JESSICA STEIGER (27 Jahre/Schwimmen/Gladbeck): Die Brustschwimmerin heulte „erstmal eine Strophe“, als die Spiele verschoben wurden. Die 27-Jährige aus Gladbeck muss ihre Lebensplanung umkrempeln. „Ich glaube, so geht es allen ‚älteren‘ Athleten, die ihre Karriere auf den Höhepunkt treiben und sich danach etwas zurücklehnen wollten“, sagte Steiger der „WAZ“. Eine Medaillen-Kandidatin für Tokio ist sie zwar nicht. Doch Olympia war ihr Traum, dem sie in den vergangenen Jahren fast alles unterordnete. Steiger lebt vorwiegend von 800 Euro Sporthilfe. Einige Sponsorenverträge laufen im August 2020 aus. Nach ihrem Studiem der Erziehungswissenschaft hatte sie schon Bewerbungen geschrieben, im Mai wollte sie heiraten. Ihr Karriere-Plan ist durcheinander. Jetzt überlegt sie, noch ein Jahr weiter zu schwimmen.

TOM GRÖSCHEL (28/Leichtathletik/Marathon/Rostock): „Ich habe mittlerweile ein wenig Abstand zum ganzen Thema Laufen genommen“, sagt der deutsche Marathon-Meister von 2018 und 2019. Er ist vorerst bei seinen Eltern in Mecklenburg untergeschlüpft. Die Planung bis Olympia 2021 stellt der 28-Jährige aus Güstrow erstmal hinten an, wird zunächst wieder als Polizist arbeiten. „Das ist für mich aktuell die sinnvollere Variante. Dort kann ich helfen und habe wieder eine Aufgabe. Das Trainieren für Wettkämpfe in ferner Zukunft ist absolut nicht mein Ding.“

RICHARD SCHMIDT (32/Rudern/Trier): Der Athlet aus dem Deutschland-Achter hat seinen ursprünglichen Plan, nach Olympia in diesem Sommer aufzuhören, verworfen. „Ich habe jetzt fast vier Jahre durchgezogen, dann mache ich das eine Jahr jetzt auch noch weiter“, sagte der angehende Wirtschaftsingenieur der dpa. Schmidt gehört seit zwölf Jahren ununterbrochen zur Achter-Crew und ist als Olympiasieger von London, sechsmaliger Welt- und achtmaliger Europameister einer der erfahrensten Ruderer der Welt. In der entstandenen Trainingspause widmet er sich verstärkt seiner Promotion. „Ich hoffe, dass sich 2021 nach den Olympischen Spielen auch die wirtschaftliche Lage erholt hat und sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt wieder verbessert.“

RONALD RAUHE (38/Kanu/Potsdam): Nach Olympia sollte die lange Karriere für Ronald Rauhe beendet sein. „Jetzt muss ich das erstmal sacken lassen und mit meiner Frau Gespräche führen. Das dauert vielleicht ein paar Wochen“, kündigte der 38 Jahre alte Potsdamer Olympiasieger an. Seine Frau Fanny ist ebenfalls Kanu-Olympiasiegerin und zeigt Verständnis. Doch die Betreuung der drei und fünf Jahre alten Söhne Leo und Til fordert beide Elternteile. Rauhes Motivation könnten seine sechsten Spiele sein. „Vier Jahre habe ich dafür gearbeitet“, sagte er der dpa.

KATHARINA STEINRUCK (30/Leichtathletik/Marathon/Frankfurt): Die Verschiebung der Spiele verändert ihre Familienplanung. Die Frankfurterin hatte die Qualifikation für Tokio praktisch sicher, für 2021 stand eigentlich etwas anderes im Mittelpunkt: „Ich werde 31 Jahre alt und möchte Kinder haben“, sagte sie der „FAZ“. Ihre Mutter und Trainerin Katrin Dörre-Heinig hatte 1988 in Seoul Olympia-Bronze im Marathon gewonnen. Die Olympia-Verlegung ist für die mit einem Polizisten verheiratete Steinruck „hart“ und sorgt für Verunsicherung. Ihre Idealvorstellung sei, ihre Karriere auch nach einer möglichen Babypause fortzusetzen. Ob das mit Olympia 2021 vereinbar ist?

FRANK STÄBLER (30/Ringen/Musberg): Nach drei WM-Titeln wollte der Mattenkämpfer im August 2020 noch einmal eine Olympia-Medaille gewinnen und dann abtreten. Das Ende der Laufbahn muss er nun um zwölf Monate verschieben – denn seinen Traum gibt er nicht auf. Weil die großen Wettkämpfe für den 30-Jährigen stets mit extremem Abnehmen verbunden sind, war für Stäbler wichtig, dass sein Olympia-Ticket bestehen bleibt und er sich nicht erneut qualifizieren muss. Nun ist er motiviert. „Nochmal ein Jahr, nochmal eine Chance, um noch besser zu werden. BÄMMM… lass es uns angehn“, schrieb Stäbler bei Facebook.

ALINE ROTTER-FOCKEN (28/Ringen/Krefeld): Der erfahrenen Athletin geht es ähnlich wie ihrem Ringer-Kumpel Stäbler. „Leistungssport & Kämpfen bis ich 30 bin? Das war definitiv niiie mein Plan…“, verrät sie in den Sozialen Netzwerken. Auch für sie hätte Olympia 2020 der letzte große Wettkampf sein sollen. Doch nun hängt die Weltmeisterin von 2014 und Medaillenkandidaten von Tokio noch ein Jahr dran. Die Krefelderin schreibt bei Facebook: „Also Olympia 2021? Here we go!!“

MARIUS KUSCH (26/Schwimmen/Essen/San Diego): Der Schwimmer ging 2016 mit einem Stipendium in die USA, seit Anfang 2019 lebt er in San Diego. Das Leben des Kurzbahn-Europameisters von 2019, der die Spiele in Rio knapp verpasst hatte, war komplett auf Tokio 2020 ausgerichtet. „Olympia stand immer im Mittelpunkt. Dafür war die ganze Schufterei“, sagte der in Datteln geborene Kusch „Focus online“. Nun kann er ein Jahr länger trainieren, setzt sich hohe Ziele: „Wir werden diese Zeit nutzen, um an möglichst vielen Dingen zu arbeiten, ob das kleine technische Details sind oder andere Baustellen.“ Ein Problem sei die Finanzierung, weil „sich mein Haupteinkommen aus Antritts- und Preisgeldern speist.“ Doch das fällt momentan weg. Kusch sucht nun Mittel und Wege, um ein Jahr in den USA dranzuhängen und dort seine Olympia-Vorbereitung zu bestreiten.

MARTIN HÄNER/TOBIAS HAUKE (31/32/Hockey/Berlin/Hamburg): Die beiden Hockey-Olympiasieger wollten im Sommer aufhören und überlegen nun neu. Häner arbeitet als Arzt in Berlin und ist wegen Corona derzeit stark gefordert. Sein Arbeitgeber war bisher stets entgegenkommend, es ist aber offen, ob er das ein weiteres Jahr geht. Der Hamburger Hauke ist schon länger im kaufmännische Unternehmen der Eltern tätig, müsste nun ein weiteres Jahr kürzertreten. Beide Spieler sind vom Bundestrainer Kais al Saadi fest eingeplant, Hauke sogar als Kapitän.

FRANZISCA HAUKE/JANNE MÜLLER-WIELAND (30/33/Hockey/beide Hamburg): Haukes Schwester Franzisca gewann wie ihr Bruder in Rio mit dem Team Bronze. Auch für sie sollte Olympia 2020 der krönenden Abschluss sein. Nun überlegt sie – wie auch die 33 Jahre alte Spielführerin Janne Müller-Wieland, die in London lebt und arbeitet – noch ein Jahr dranzuhängen.

PETER JOPPICH/BENJAMIN KLEIBRINK (37/34/Fechten/Koblenz/Düsseldorf): Die beiden Florettfechter blicken auf enorm erfolgreiche Karrieren zurück. Kleibrink wurde 2008 in Peking Olympiasieger, Joppich insgesamt viermal Einzel-Weltmeister. Für die Spiele in Tokio haben sie sich über die Teamwertung qualifiziert. Das angedachte Laufbahnende ist nun erst einmal verschoben. „Beide werden alles dafür geben, um auch im nächsten Jahr erfolgreich zu sein“, sagte Sven Ressel, Sportdirektor des Deutschen Fechter-Bundes, der dpa. (dpa)



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