Selbstlose Terminplaner

Von 18. September 2009

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Es grummelt in der Fan-Szene und Unmut macht sich breit. Und das zu Recht.

Grund des Ärgers bei den Fußball-Fans ist die derzeitige Praxis der Terminierung der Bundesliga-Spiele. Das, wovor Weitsichtige schon vor Jahren gewarnt haben, ist jetzt eingetreten und die Bundesliga-Spiele werden nicht nach sportlich-vernünftigen Gesichtspunkten angesetzt, sondern, wer wann zu spielen hat, bestimmt jetzt das Bezahlfernsehen.

Dabei geht es ausschließlich um die Vermarktung im TV und da macht es eben einen großen Unterschied, welchen Verein man wann zu welchen Zeiten überträgt. So kann man bei Live-Übertragungen der bundesweit beliebteren Vereine wie HSV, Mönchengladbach, Schalke oder Bayern sonntags nachmittags mehr Interessierte vor den Fernseher locken als mit Vereinen, die ihre Fans nur regional rekrutieren. Die Auswirkungen für die Anhänger jener Vereine sind durch diese Umstände mittlerweile katastrophal. Am härtesten sind momentan die Anhänger von Borussia Mönchengladbach betroffen, denn von fünf Auswärtsspielen in Folge wurde lediglich nur eines am Samstag angesetzt. Von einer fairen Verteilung unter den 18 Bundesliga-Clubs kann noch nicht einmal ansatzweise geredet werden.

Allenfalls könnte man jetzt von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für die Fan-Betreuer reden, denn die haben nun zusätzlich noch die Aufgabe, die Wut der Fans zu kanalisieren, um verbalen und nonverbalen Unmutsbekundungen entgegen zu wirken. Aber was ist schon das Engagement der Fan-Betreuer oder der szenekundigen Beamten in der Gewaltprävention wert im Vergleich zur Gewinnsucht derer, die die Spiele nach den Kriterien höchstmöglicher Gewinnmaximierung ansetzen?

Was dieses Engagement tatsächlich wert ist, lässt sich auch gut am Beispiel der Begegnung Werder Bremen gegen den HSV sehen. Um schon im Vorfeld dieser brisanten Begegnung deeskalierend und vorbeugend zu agieren, hatten unlängst Mitarbeiter aus der Fan-Betreuung des HSV die Deutsche Fußball Liga (DFL) gebeten, die Spiele gegen Werder zwischen dem 9. und 13. Spieltag zu legen, damit das ohnehin schon bestehende Konfliktpotential zwischen beiden Fan-Gruppen nicht noch zusätzlich durch ein Spiel mit Endspielcharakter aufgeheizt wird.

Das Resultat dieser Bitte gleicht jedoch selbigem, als wenn man einem Neandertaler die Funktionsweise eines Schallplattenspielers erklären würde, denn nun spielt der HSV am letzten Spieltag in Bremen. Es ist schon hochgradig bedauerlich, dass engagierte Fan-Betreuer, jene Fachleute, die in ihrer täglichen Arbeit mit den Fans zu tun haben, mit einer solchen Nichtachtung gestraft werden. Dann, liebe DFL, muss man sich aber über die Konsequenzen wirklich nicht mehr wundern. Auch die, die für diese Terminierungen zuständig sind, haben eine gesellschaftliche Verantwortung, der sie sich nicht entziehen sollten. Es geht nicht, dass der Profit von einigen wenigen das einzige Kriterium ist, bei einer Sache, die so viele tausende Menschen betrifft.

Der allerbeste Treppenwitz in der Spielplan-Ansetzungs-Posse ist: Dieses Highlight an gesellschaftlichem Verantwortungsbewusstsein findet am 10. Spieltag statt. Da spielt nämlich der HSV zur gleichen Zeit in Gelsenkirchen und Werder in Bochum. Möglicherweise werden ja dann auf der gemeinsamen Heimfahrt beider verfeindeter Fangruppen plötzlich Friedenspfeifen geraucht und Freundschafts-Wimpelketten getauscht. Aber vielleicht kommt auch bald der Tag, an dem sich das Fernsehen live zu den Krawallen zuschaltet und der Reporter zwischen den Werbeblöcken mit betroffenem Gesicht sagt: „Solche Bilder wollen wir aber nicht sehen“.

 

 



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