«Stress»-Test im EM-Jahr: Rummenigges klare Ansage an DFB

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Karl-Heinz Rummenigge prangert die Belastung der Nationalspieler an.Foto: Andreas Gebert/dpa
Epoch Times27. Januar 2016
Vereine gegen Verbände, FC Bayern kontra DFB – der ewige Streit um die Zahl der Fußball-Länderspiele und immer weiter aufgeblähte Turniere sowie die hohen Belastungen für die Topspieler kocht zum Start des Europameisterschaftsjahres wieder hoch.

Die schwere Oberschenkelverletzung von Weltmeister Jérôme Boateng hat den FC Bayern auf den Plan gerufen. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge prangerte die Vielzahl der Wettbewerbe von FIFA und UEFA an. Und er drohte auch dem Deutschen Fußball-Bund samt Bundestrainer Joachim Löw gegebenenfalls mit „Stress“. Haupttenor der Ansage: Priorität habe nicht die EM-Teilnahme von Abwehrchef Boateng im Sommer.

„Der FC Bayern ist der Vertragspartner von Jérôme Boateng und hat damit hier die Lufthoheit – und nicht der DFB“, sagte Rummenigge in einem dpa-Interview. Löw hatte zu Wochenbeginn angekündigt, seinem besten Abwehrspieler bis zum letzten Tag einen Platz im EM-Aufgebot frei halten zu wollen. Rummenigge konterte: „Ich höre immer nur DFB, DFB, Europameisterschaft.“ Er empfehle dem DFB „Zurückhaltung.“

Grundsätzlich ist das Verhältnis zwischen Löw und den Bundesligaclubs gut. Der 55-Jährige warnt schon lange vor einer Überforderung der Topstars. Löw versucht darum, in Jahren ohne Turnier auch Rücksicht auf Vereinsinteressen zu nehmen. So hatte er Ende 2015 bei dem vom Terror überschatteten Länderspiel in Paris gegen Frankreich sowie der abgesagten Partie in Hannover gegen Holland den Weltmeistern Mesut Özil (FC Arsenal) und Toni Kroos (Real Madrid) freigegeben, weil diese in England bzw. Spanien keine Winterpause hatten.

Auch auf Bayern-Profis verzichtete Löw in der Vergangenheit. So gönnte er Manuel Neuer und Thomas Müller am Ende der letzten Saison einen längeren Sommerurlaub. Das Duo musste nicht gegen die USA und Gibraltar mitspielen. „Jogi Löw hat oft genug bewiesen, dass er da einen Weitblick hat und die Vereinsinteressen berücksichtigt. Er ist da sensibel, sieht in erster Linie den Spieler in seiner Gesamtheit“, erklärte DFB-Teammanager Oliver Bierhoff Ende letzten Jahres.

Konflikte sind programmiert und kaum zu vermeiden, solange ein Jahr nicht mehr als 365 Tage hat und die Spiele trotzdem mehr werden. UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino wirbt in seinem Wahlkampf um das Amt des FIFA-Präsidenten mit einer Erhöhung der WM-Teilnehmerzahl auf 40 Nationen. Rummenigge vermisst den „Goodwill“ der Verbände. „Es ist der Zeitpunkt gekommen, die Clubs zu entlasten“, forderte er.

2016 EM, 2017 Confed-Cup, 2018 WM – auf Boateng, Müller und Co. warten drei Sommer mit Turnieren und verkürzten Ferien zur Erholung. „Das ist schon ein Mammutprogramm für die Nationalspieler“, gestand Bierhoff. „Es wird enorm wichtig sein, gemeinsam mit den Vereinen in kollegialer enger Abstimmung die Belastung der Spieler richtig zu dosieren und zu steuern“, mahnte der Nationalelf-Manager.

Vereine und Nationalteams profitieren auch voneinander. Für die Spieler sind Welt- und Europameisterschaften eine begehrte Bühne, auf der sie zu Weltstars reifen können. Weltstars, welche die Clubs sportlich und marketingtechnisch aufwerten. In Verletzungsfällen aber kommt es zu Konflikten. Rummenigge zählte jüngste Negativbeispiele aus Bayern-Sicht auf: „Mario Götze hat sich vor vier Monaten in einem Länderspiel verletzt, steht bis heute noch nicht wieder zur Verfügung. Wir haben auf Bastian Schweinsteiger 2014 nach der Weltmeisterschaft fünf Monate verzichten müssen.“

Es ist kein deutsches Problem. Mit dem niederländischen Verband lag der FC Bayern nach der WM 2010 im Clinch, als Arjen Robben nach dem Einsatz fürs Vaterland in Südafrika ein halbes Jahr verletzt ausfiel. Mit einem lukrativen Testspiel FC Bayern gegen Holland wurde der Streit erst 2012 beendet. Der nächste Streitfall wartet schon: Nach dem Ausfall von Boateng rückt Holger Badstuber schneller als gedacht wieder in den Fokus – beim FC Bayern UND beim Nationalteam.

Rummenigge wünscht sich – angesichts der vielen Verletzungen des 31-maligen Nationalspielers – einen „sensiblen“ Umgang mit dem Hoffnungsträger: „Wir alle würden uns freuen, wenn Holger zum Kader der EM zählt. Aber alles, was auf dem Weg dorthin mit Holger passiert, kann nur in totaler Abstimmung mit dem Club geschehen.“ Er werde Badstuber „nicht unter Druck setzen“, kündigte Löw in der vergangenen Woche an – wenige Minuten vor Boatengs Verletzung.

(dpa)

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