ITU hat neue Chefin: Amerikanerin gegen Russen gewonnen

Die Mitgliedsländer der ITU haben Doreen Bogdan-Martin zur Generalsekretärin gewählt. Westliche Länder hatten vor ihrem russischen Gegenkandidaten gewarnt.
Der erste Brandenburger Sendemast für den Mobilfunk-Standard 5G für Telefonie und Internet.
Der erste Brandenburger Sendemast für den Mobilfunk-Standard 5G für Telefonie und Internet.Foto: Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa
Von 30. September 2022

Die nächste Generalsekretärin der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) heißt Doreen Bogdan-Martin. Die Vertreter der Mitgliedsländer der UN-Sonderorganisation wählten die US-Amerikanerin am Donnerstag (29.9.) in Bukarest in dieses Amt. Von 172 abgegebenen Stimmen entfielen 139 auf die bisherige Leiterin des ITU-Entwicklungsbüros. Auf ihren russischen Gegenkandidaten Rashid Ismailow entfielen 25 Stimmen.

Westliche Medien nehmen Ismailow ins Visier

Einige westliche Medien und Staatenvertreter hatten die Wahl zu einer Richtungsentscheidung stilisiert. Sie waren darum bemüht, den russischen Kandidaten Ismailow zu einem potenziellen Sachwalter der russischen Regierung zu stempeln. Ismailow hatte in den 2010er-Jahren als stellvertretender Minister für Telekommunikation ein Regierungsamt inne.

In der Privatwirtschaft hat er mit Unternehmen wie Nokia und Ericsson zusammengearbeitet – allerdings auch mit Huawei, dem Vorzeigekonzern des chinesischen KP-Regimes. Warnungen vor Ismailow gründeten sich im Wesentlichen auf die Internet-Gesetzgebung der Russischen Föderation.

Unter anderem hat Russland mit dem „Gesetz über das souveräne Internet“ eigene Strukturen abseits des weltweiten Kommunikationsnetzes ermöglicht. Zudem hat die Regierung ein Verbot der Nutzung virtueller, privater Netzwerke initiiert. Dies spreche, so hieß es bei US-Think-Tanks, gegen die Authentizität der Ankündigungen Ismailows in dessen Bewerbung. Darin hatte der Kandidat erklärt, sich für Transparenz und regelbasierte Systeme einzusetzen, die den persönlichen Rechten Vorrang geben.

Amtierender ITU-Chef nutzte sein Amt zur Werbung für Huawei

Die auch offiziell von der US-Regierung unterstützte Doreen Bogdan-Martin verfügt über 30 Jahre Führungserfahrung im Telekommunikationsbereich. Sie erklärte im Anschluss an ihre Wahl, sie plane,

diese Institution weiter voranzutreiben, damit sie innovativ und für unsere Mitgliedstaaten immer relevanter wird, damit wir alle besser in der Lage sind, das digitale Umfeld zu nutzen und Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen zu erzielen und die nicht vernetzten Menschen zu verbinden.“

Derzeit leitet noch Houlin Zhao die ITU, ein Vertreter des chinesischen KP-Regimes. Analysten attestieren ihm, er habe „unverhohlen“ die Interessen Huaweis vertreten und für die „Belt and Road“-Initiative geworben. Er habe diesbezüglich keine Skrupel gehabt, seine offizielle Position zu nutzen. Gleichzeitig hatte er sich seiner Mitgliedschaft im „Netzwerk International Gender Champions“ (IGC) gebrüstet. Dieses setzt sich eigenen Angaben zufolge für „Geschlechtergerechtigkeit in internationalen Organisationen“ ein.

ITU hat keine direkten Anordnungsbefugnisse

Die heutige ITU wurde 1865 als „Internationaler Telegraphenverein“ gegründet und 1947 in die Vereinten Nationen eingegliedert. Sie zählt heute 191 Mitgliedstaaten. Sie hat die Aufgabe, die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Kommunikation und des Nachrichtenwesens zu koordinieren.

Ihr obliegen unter anderem die Abstimmung internationaler Regelungen zur Nutzung von Frequenzen oder die internationale Zuweisung von Rufzeichenblöcken. Außerdem befasst sich die ITU mit technischen Fragestellungen zur weltweiten Kommunikation. Am Ende eines solchen Koordinationsprozesses gibt die ITU Empfehlungen. Verbindlich machen sollen diese in weiterer Folge die zuständigen nationalen Stellen wie in Deutschland die Bundesnetzagentur.

Unmittelbare Entscheidungsgewalt hat die internationale Organisation lediglich über Anträge für neue Erdsatelliten, die über die Vertreter der Mitgliedsländer einzureichen sind. Dies betrifft staatliche ebenso wie private Vorhaben – wie die SpaceX-Projekte von Tesla-Gründer Elon Musk.



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