Künstliche Intelligenz: Digitalminister Wissing warnt vor überzogener Regulierung

Die KI-Software „ChatGPT“ kann Kochrezepte und Artikel schreiben, aber auch problematische Texte. Kritiker fordern deshalb strenge Beschränkungen.
ChatGPT verbreitet wissentlich Fakenews
Der Textroboter „ChatGPT“ steht derzeit im Fokus der Öffentlichkeit.Foto: iStock/Muhammad Farhad
Von 14. Januar 2023

Digitalminister Volker Wissing (FDP) hat sich gegen eine zu strenge Regulierung von Systemen mit Künstlicher Intelligenz (KI) ausgesprochen, die vor allem auf ein Verbot oder eine Eindämmung ausgerichtet ist. Künstliche Intelligenz werde sich sehr schnell und massiv im Alltag der Menschen etablieren, sagte Wissing der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa).

Der FDP-Politiker hatte in der vergangenen Woche im Verlauf einer USA-Reise mit „OpenAI“ auch eine der führenden KI-Firmen besucht, die derzeit mit ihrem eloquenten Textroboter „ChatGPT“ im Fokus der Öffentlichkeit steht.

„Es werden Dinge möglich, die unser Leben verändern“

„ChatGPT“ basiert auf dem KI-Modell „GPT-3“, mit dem Texte generiert werden können, die man für das Werk eines Menschen halten kann. „Mit der kommenden Generation des KI-Sprachmodells ,GPT-4‘ werden Dinge möglich, die unser Leben verändern werden“, sagte Wissing.

Dazu gehörten beispielsweise Simultanübersetzungen in alle Sprachen in Sekundenschnelle. Aber auch das Ausarbeiten von Reden oder Vorträgen innerhalb von Sekunden mit einer sehr hohen Sprachpräzision und -fertigkeit. „Ich bin mir sicher, dass viele Menschen in Deutschland und Europa dies nutzen werden.“

Eine Regulierung dieser KI sei notwendig, sagte der Digitalminister. „Wir sollten dabei aber nicht prohibitiv denken, also nicht überlegen, wie wir das möglichst zurückdrängen, einschränken oder gar verbieten können. Wir sollten uns vor allem auf die Frage der Transparenz konzentrieren und alles aus der Perspektive der Anwenderinnen und Anwender her denken.“

Auf verlässliche Standards und Zertifizierungen einigen

Die Verantwortlichen bei „OpenAI“ seien auch bereit, sich an einer guten Regulierung beratend zu beteiligen, betonte Wissing. „Wenn wir uns auf verlässliche Standards und Zertifizierungen einigen, ist dies auch im Interesse der Unternehmen.“

Wissing sagte, seine größte Sorge bei der KI-Regulierung sei, dass es auf europäischer Ebene eine Mehrheit geben könne, die glaube, durch Verbote die Anwendung dieser KI-Systeme einschränken zu können. „Insbesondere im EU-Parlament gibt es zum Teil solche Bestrebungen. Wir würden dann letztlich nur feststellen, dass die KI-Systeme von den Anwendern trotzdem intensiv genutzt werden, ohne dass wir in einer sinnvollen Regulierung unsere Wertvorstellungen einbringen konnten.“

Deutschland und Europa bräuchten kein Verbot der KI, sondern Wege, Werte wie Demokratie und Transparenz zu gewährleisten. „Es darf nicht passieren, dass KI-Algorithmen so manipuliert werden, dass von deren Antworten immer nur bestimmte gesellschaftliche oder politische Gruppen profitieren.“

„Microsoft“ will Milliarden in KI investieren

Der Technologie-Riese „Microsoft“ plant offenbar eine milliardenschwere Beteiligung im Bereich der KI. Der Softwarekonzern will zehn Milliarden Dollar (9,31 Milliarden Euro) in „OpenAI“ investieren und sich damit 49 Prozent an dem Unternehmen sichern. Dies teilt das „manager magazin“ mit und beruft sich dabei auf die Agentur „Bloomberg“ und deren Insider-Informationen. Stellungnahmen dazu habe es weder von „Microsoft“ noch von „OpenAI“ gegeben. Außerdem wollten sich weitere Firmen als Wagniskapitalgeber an dem potenziellen Investment beteiligen. Die Bewertung von „OpenAI“ würde durch die Zehn-Milliarden-Dollar-Spritze auf 29 Milliarden Dollar steigen, so das „manager magazin“.

Trotz geringer Einnahmen 29 Milliarden Dollar Wert

Bereits in der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass Investoren wie „Thrive Capital“ oder „Founders Fund“ des Starinvestors Peter Thiel über den Kauf von „OpenAI“-Anteilen verhandelten. Das würde die Bewertung des KI-Spezialisten ebenfalls auf etwa 29 Milliarden Dollar anheben, wie das „Wall Street Journal“ berichtet hatte. Damit würde die Firma auf dem Papier zu einem der wertvollsten US-Start-ups werden, obwohl es derzeit nur geringe Einnahmen erzielt.

Matussek: Im Grunde genommen Stuss

Nach Ansicht des Journalisten, Publizisten und Autors Matthias Matussek wickelt die Aussage Wissings zu den Gefahren und Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz, wie sie derzeit mit dem Textprogramm „ChatGPT“ vermutet werden, „gleichzeitig große Ahnungslosigkeit in das Gewand der Freiheitskämpferei und ist im Grunde genommen Stuss“.

„ChatGPT“ ist ein Textprogramm, nicht mehr, sagt Matussek im Gespräch mit Epoch Times. „Es ist der Papagei des Internets, der die dort vorhandenen Millionen von Texten neu zusammenbasteln kann. Aber es ist nicht mehr als eine Maschine ohne all das, was Menschen auszeichnet: Kreativität, Intention, ja, auch ohne ethische Erwägungen wie Wahrheit oder Verschlagenheit, die eher in der Politik in diesen Tagen zu finden ist.“

Diskussion mit Mathematiker Landgrebe

Er habe darüber mit dem Philosophen und Mathematiker Jobst Landgrebe, Enkel des Phänomenologen und Husserl-Mitarbeiters Gustav Landgrebe, der selber als Unternehmer mit KI arbeitet, auf „Kontrafunk“ (www.kontrafunk.radio) diskutiert. Die Sendung wird am Freitag, 13. Januar, jeweils 20:00 und 23:00 Uhr ausgestrahlt. Wiederholungen sind am Samstag, 14. Januar, 10:00 und 13:00 Uhr vorgesehen.

Landgrebe ist gemeinsam mit seinem Kollegen Barry Smith Autor des Buches „Why Machines Will Never Rule the World“ (Warum Maschinen nie die Welt beherrschen werden). Dort weist er nach, dass es rein mathematisch keine Möglichkeit gibt, die Komplexität des menschlichen Gehirns nachzubilden, erläutert Matussek.

Unkenntnis der Materie

Alle Dystopien, die von Tech-Milliardären wie Elon Musk oder Unternehmern wie Klaus Schwab verbreitet werden, und die von Chip-Implantaten „schwafeln“, welche die kognitiven Fähigkeiten des Menschen optimieren werden, gründen in einer Unkenntnis der Materie.

Dass also die FDP ausgerechnet hier als progressive und tech-affine Freiheitspartei posiere, zeige, wie „programmatisch ausgebrannt“ sie in Wahrheit sei. Eine „Singularität“ – also einen Computer, der weitere Computer kreiert und in der Wirklichkeit das Kommando über die Menschen erlangt, ist nach Matusseks Ansicht wissenschaftlicher Unsinn, ein düsterer transhumanistischer Albtraum.

Traum von beliebiger Optimierung des Menschen

Allerdings gibt es einen Anknüpfungspunkt: Die FDP ist die Partei der freien Geschlechtsumwandlung, also der „morphologischen Freiheit“, die ein transhumanistisches Essential ist. Transhumanisten träumen von der beliebigen „Optimierung“ des Menschen, von seiner gottähnlichen Selbstübersteigung – vom „Homo Deus“, wie es der israelische Historiker Yuval Harari prophezeit.

Dazu hat bereits der Science-Fiction-Klassiker „Per Anhalter durch die Galaxis“ die definitive Antwort gegeben. Dort fragen die Menschen den Supercomputer „Deep Thought“ nach dem Sinn des Universums und des Lebens und allem. Der Computer bittet um eine Bedenkzeit von 7,5 Millionen Jahren. Als die rum ist, versammeln sich alle – äußerst gespannt. „Ich habe die Antwort auf den Sinn von allem“, sagt der Supercomputer. „Aber sie wird euch nicht gefallen!“ „Egal“, rufen die Leute, „spuck’s schon aus!“ „Also“, sagt der Computer, „die Antwort ist 42!“

Leben in einer gottfernen Gesellschaft

Er ist eben ein Rechner. Er verspricht dann aber, einen Computer zu entwickeln und verfällt in den Tonfall des Johannes-Evangeliums, „dessen simpelste Algorithmen zu entwerfen ich nicht würdig bin…“ und wechselt in die Theologie…

Nicht von ungefähr. „Wir leben in einer gottfernen Gesellschaft, die nach Ersatzreligionen sucht“, meint Matussek. Die Klimarettung ist eine – die Künstliche Intelligenz eine weitere. Alle sind sie am Ende doch sehr dürftig. Wie sagte der große Schriftsteller Gilbert Chesterton? „Wenn die Menschen nicht mehr an Gott glauben, glauben sie an alles Mögliche.“



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