Streit um Glasfaser-Doppelausbau

Gutes Internet daheim wird immer wichtiger. Glasfaser bietet hierfür schnelle Verbindungen. Doch welcher Anbieter baut, wo aus?
Glasfaserkabel auf einer Baustelle: Beim umstrittenen Doppelausbau von sehr schnellem Glasfaser-Internet sind schon Hunderte Wortmeldungen bei der Bundesnetzagentur eingegangen.
Glasfaserkabel auf einer Baustelle: Beim umstrittenen Doppelausbau von sehr schnellem Glasfaser-Internet sind schon Hunderte Wortmeldungen bei der Bundesnetzagentur eingegangen.Foto: Sina Schuldt/dpa
Epoch Times25. Oktober 2023

Der umstrittene Doppelausbau von Glasfaser-Internet sorgt für erhitzte Gemüter in Deutschlands Telekommunikationsbranche. In einem Brief an das Bundesdigitalministerium fordern die Verbände Breko, Anga und VATM, welche die Interessen von Konkurrenten der Deutschen Telekom vertreten, Maßnahmen zu ergreifen. Der strategische Doppelausbau – auch „Überbau“ genannt – sei „ein großes Problem für den weiteren erfolgreichen Glasfaserausbau in Deutschland“.

Bei dem Doppelausbau verlegen zwei Firmen separat voneinander Glasfaser in einer Gegend oder wollen dies tun. Dadurch fehlen die Bagger in anderen Gegenden, wo die Menschen gar kein Glasfaser-Speed bekommen.

„Fiber to the Home“ (FTTH) gilt als die beste Technologie für schnelles und stabiles Internet. Verbindungen über Telefonkabel (VDSL) sind ein Auslaufmodell. Fernsehkabel (Docsis 3.1) bieten zwar mehr Speed als die dünnen Telefonleitungen, sind aber schwankungsanfällig – ist die ganze Nachbarschaft online, geht die Leistung in den Keller. Glasfaser-Anschlüsse sind bei hohem Speed hingegen bemerkenswert stabil, aber relativ teuer.

Kopfschütteln in der Branche

Der Ausbau hat Fahrt aufgenommen, laut einer Breko-Marktanalyse vom August kann schon jeder dritte Haushalt in Deutschland an Glasfaser-Internet angeschlossen werden. Vor allem die Telekom investiert stark. Dass der Bonner Konzern mancherorts Ausbauvorhaben verkündet, obwohl dort schon ein kleineres Unternehmen Pläne bekannt gegeben oder umgesetzt hat, führt zu Kopfschütteln in der Branche. Denn wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen seine Muskeln spielen lässt, kommen die Kleinen unter Druck, ohne dass dem Internetausbau insgesamt damit gedient sei, so die Kritik.

Eine vom Bundesdigitalministerium in Auftrag gegebene Studie des Beratungsunternehmens WIK-Consult, die kürzlich publiziert wurde, stützt die Kritik an dem Magenta-Konzern. Die Studie basiert allerdings nicht auf einer repräsentativen Stichprobe von Glasfaser-Projekten, wie die Autoren selbst einschränken.

In der Studie heißt es, dass die Ankündigung eines Marktbeherrschers dazu führen könne, dass die vorher bereits veröffentlichte Ausbauplanung eines anderen Unternehmens beeinträchtigt und der „First Mover“-Vorteil – dass also der Erste den lokalen Markt für sich hat – genommen werde. „Einem solchen Verhalten des marktbeherrschenden Unternehmens wohnt somit die Gefahr der Verdrängung von Wettbewerbern aus dem Markt inne“, heißt es in der Studie.

Infrastrukturwettbewerb

Setzt die Telekom also den Doppelausbau strategisch ein, um die Kleinen – häufig kommunale Betriebe – aus dem Markt zu drängen? Davon sind die Wettbewerber des Bonner Konzerns überzeugt. „Der strategische Überbau, wie ihn die Telekom praktiziert, bremst den flächendeckenden Ausbau der Glasfasernetze in ganz Deutschland“, sagt eine Sprecherin vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU).

Die Telekom argumentiert hingegen, dass der Infrastrukturwettbewerb gut sei für die Verbraucher, die dadurch eine Wahlmöglichkeit haben. Deutschlandchef Srini Gopalan warnt davor, mit dem Prinzip des freien Marktes zu brechen und Investitionen der Telekom in bestimmten Gebieten blockieren zu wollen. Das würde Wettbewerb verhindern. „Und im Klartext heißt das, Deutschland bekäme ganz viele, lokal begrenzte Glasfasermonopole“, sagt der Manager. „Das ist Kleinstaaterei und kann nicht der digitale Weg sein, den eine der führenden Wirtschaftsnationen einschlägt.“

Die „Nur-einer-baut-aus-Idee“ hätte auch für die Bürger Nachteile. Denn wo Monopole den Wettbewerb verhinderten, blieben die Endkundenpreise mangels Konkurrenz hoch, argumentiert der Magenta-Manager. „Deswegen ist Wettbewerb, auch gerade in der Infrastruktur, politisch gewollt.“ Von der Telekom heißt es zudem, dass die Politik den Wettbewerbern bereits weit entgegengekommen sei. Als Beispiel hierfür nennt eine Firmensprecherin unter anderem die Monitoringstelle der Bundesnetzagentur.

Politiker mit Sorgenfalten

Diese Stelle wurde im Juli eingerichtet, um Doppelstrukturen im Blick zu haben und prüfen zu können, ob Firmen wettbewerbsbehindernde, missbräuchliche oder unlautere Methoden anwenden. Inzwischen liegen Zahlen vor: In den Monaten Juli, August und September registrierte die Monitoringstelle 292 Rückmeldungen zum Thema Glasfaser-Ausbau.

Die Einreichungen kommen von Telekommunikationsunternehmen, Verbänden, Kommunen und Privatleuten. Sie beziehen sich auf die Gegenden, in denen der umstrittene „Überbau“ stattfindet. Es sind Mehrfachnennungen möglich – also mehrere Wortmeldungen, die sich auf ein und dasselbe Gebiet beziehen. Außerdem sind Fälle darunter, die als unkritisch gelten. Die Aussagekraft der Zahl ist daher zwar eingeschränkt. Nach Lesart des VKU ist die Zahl aber ein Beleg dafür, dass es sich keineswegs um ein „Nischenphänomen“ handele.

In der Politik wird das Thema Überbau mit Sorgenfalten zur Kenntnis genommen. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Maximilian Funke-Kaiser sagt, dass es hierbei einen gravierenden Unterschied zwischen urbanen und ländlichen Gebieten gebe. „In der Stadt kommt der verstärkte Wettbewerb den Kunden zugute und beschleunigt den Netzausbau“, sagt der Liberale. „In dünn besiedelten Räumen reicht die Androhung eines Doppelausbaus durch die Telekom aus, damit kleinere Konkurrenten zum Rückzug gezwungen werden.“

Die Netzagentur setzt mit ihrer Monitoringstelle auf Transparenz. „Ziel des Monitorings von Doppelausbauvorhaben ist es, eine fundierte Bewertung des Wettbewerbsgeschehens vornehmen zu können“, sagt ein Behördensprecher. „Die Auswertung wird helfen, zügig eine versachlichte Diskussion über mögliche Schlussfolgerungen zu führen.“ Die Arbeiten hierzu treibe man „prioritär voran“. (dpa/dl)



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