USA: Industrieroboter erhöhen die Sterblichkeit bei Erwachsenen

Laut einer neuen Studie von US-amerikanischen Forschern führt die Automatisierung der US-Produktion – wenn Roboter Menschen in den Fabriken ersetzten – zu steigenden Sterblichkeitsraten unter den amerikanischen Erwachsenen im arbeitsfähigen Alter.
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Automatisierung in der Produktion. Symbolbild.Foto: STR/AFP via Getty Images
Von 17. März 2022

Wir leben im Zeitalter der Digitalisierung, in der Technik immer weiter in den Vordergrund rückt und Aufgaben des Menschen übernimmt. So gibt es beispielsweise schon die ersten autonomen Autos, die uns das Fahren abnehmen, kleine Hausroboter, die Staub saugen oder Rasen mähen, oder gar Kommunikationsroboter mit 5G im Seniorenheim.

Die Meinungen und Empfindungen gehen dabei weit auseinander. Ein Teil der Weltbevölkerung ist begeistert von den kleinen technologischen Helferlein, da diese ihnen zeitaufwendige Haus- und Gartenarbeiten abnehmen oder einen guten Zeitvertreib darstellen. Gleichzeitig ist der andere Teil eher skeptisch, da sie eine Möglichkeit zur Überwachung und Datenerfassung darstellen. Weiterhin stehen Gefahren wie gesundheitliche Risiken, Förderung von risikofreudigen Verhalten und die Tötung von Wildtieren auf der Kontraseite für Roboter.

Zunahme von „Todesfällen aus Verzweiflung“

Mit der aktuellen Studie von Forschern der Universität Yale und Pennsylvania wird die Negativliste noch länger. Wie die Forscher in ihrer Arbeit schreiben, fanden sie Beweise für einen kausalen Zusammenhang zwischen der industriellen Automatisierung und der steigenden Sterblichkeitsrate in den USA.

Das Ersetzen der Menschen durch Maschinen verursachte demnach eine deutliche Zunahme von „Todesfällen aus Verzweiflung“ wie Selbstmord und Drogenüberdosis. Dies gilt laut Forschern vor allem für Männer und Frauen im Alter von 45 bis 54 Jahren, also der älteren erwerbstätigen Bevölkerung, die nach einer Entlassung mitunter ihre Chancen für einen neuen Job schwinden sehen. Außerdem fanden die Forscher Belege für eine erhöhte Sterblichkeit in mehreren Altersgruppen aufgrund unterschiedlicher Ursachen wie Krebs und Herzkrankheiten.

„Seit Jahrzehnten setzen die Hersteller in den Vereinigten Staaten auf Automatisierung, um auf dem globalen Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Diese technologische Innovation hat die Zahl der hochwertigen Arbeitsplätze für Erwachsene ohne Hochschulabschluss jedoch verringert. Und genau diese Gruppe war seit den letzten Jahren mit einer erhöhten Sterblichkeit konfrontiert“, sagte der Hauptautor Prof. Dr. Rourke O’Brien, Professor für Soziologie an der Universität von Yale. Die Studie erschien am 23. Februar 2022 im Fachmagazin „Demography“.

„Unsere Analyse zeigt, dass die Automatisierung einen Tribut für die Gesundheit des Einzelnen fordert. Zum einen direkt, durch eine Verringerung der Beschäftigung, der Löhne und des Zugangs zur Gesundheitsversorgung – zum anderen indirekt, da weniger Geld in die Gemeinschaft fließt.“

Roboter senken Erwerbsquote und Löhne

Seit 1980 wird die Sterblichkeitsrate der USA im Vergleich zu anderen Ländern mit hohem Einkommen immer größer. So sterben Amerikaner heute im Durchschnitt drei Jahre früher als ihre Altersgenossen in anderen wohlhabenden Ländern.

Der vermehrte Einsatz von Robotern ist eine der Hauptursachen für den Rückgang der Arbeitsplätze in der amerikanischen Industrie. Unterstützt wird dieser Zustand durch den Wettbewerbsdruck mit anderen Ländern wie China und Mexiko, die niedrigere Arbeitskosten vorweisen. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass durch den Einsatz von Industrierobotern in den 1990er- und 2000er-Jahren in den USA schätzungsweise 420.000 bis 750.000 Arbeitsplätze verloren gingen – die meisten davon in der Industrie. In dieser Zeit war ein zusätzlicher Roboter pro 1.000 menschliche Arbeiter gleichbedeutend mit einem Rückgang der Erwerbsquote um 0,2 Prozent und einer Lohnsenkung um durchschnittlich 0,42 Prozent.

Für die aktuelle Studie untersuchten die Forscher um Prof. O’Brien die Einführung der Automatisierung in allen US-Branchen und -Gebieten zwischen 1993 und 2007. Diese Daten verglichen sie mit Sterbeurkunden aus demselben Zeitraum. So konnten sie die Auswirkungen auf die Sterblichkeit von Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter auf Bezirksebene und für bestimmte Todesarten ermitteln.

200 neue Roboter kosten 12 Menschenleben

Die Analyse zeigte, dass die Automatisierung einen erheblichen Anstieg der Selbstmorde bei Männern mittleren Alters, der Todesfälle durch Überdosis bei Männern aller Altersgruppen und Frauen im Alter von 20 bis 29 Jahren verursachte.

Insgesamt konnte die Automatisierung mit etwa jedem achten zusätzlichen Sterbefall durch Drogenüberdosierung unter Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter während des Untersuchungszeitraums in Verbindung gebracht werden. Gleichzeitig, so die Forscher, zeigte sich ein Zusammenhang zwischen den durch Automatisierung verursachten Arbeitsplatzverlusten und Lohneinbußen auf der einen Seite sowie einer Zunahme von Tötungsdelikten, Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in bestimmten Alters- und Geschlechtsgruppen auf der anderen Seite.

Laut den Forschern führte so jeder neue Roboter pro 1.000 Arbeitnehmern zu etwa acht zusätzlichen Todesfällen pro 100.000 Männer im Alter von 45 bis 54 Jahren und zu fast vier zusätzlichen Todesfällen pro 100.000 Frauen in derselben Altersgruppe. Das heißt, stellt man 200.000 Männern und Frauen in der Industrie 200 Roboter zur Seite, ist mit dem Tod von insgesamt 12 Arbeitern und Arbeiterinnen zu rechnen.

Automatisierung nur ein Puzzlestück

Außerdem untersuchten die Forscher politische Bereiche, die die schädlichen Auswirkungen der Automatisierung abmildern könnten. Dabei fanden sie heraus, dass soziale Sicherheitsprogramme wie Arbeitslosenunterstützung dabei helfen, Selbstmord und Todesfälle durch Überdosis bei Männern mittleren Alters zu verringern. Am stärksten waren Männer mittleren Alters in Staaten mit „Recht auf Arbeit“-Gesetzen und niedrigeren Mindestlöhnen gefährdet.

Weiterhin spielte der Zugang zu Drogen eine bedeutende Rolle bei der Sterblichkeitsrate. So fanden die Forscher Hinweise darauf, dass Todesfälle durch Überdosierung häufig in Gebieten mit einer höheren Pro-Kopf-Verfügbarkeit von verschreibungspflichtigen Opioiden auftrat.

Um der Übersterblichkeit durch Automatisierung entgegenzuwirken, schlugen die Forscher politische Maßnahmen vor, die unter anderem diese beiden Probleme angehen: höhere Mindestlöhne und die Einschränkung des Angebots an verschreibungspflichtigen Opioiden.



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