Autofahrer werden wieder zur Kasse gebeten

Politik bremst Biokraftstoffe aus
Von 24. November 2006

{R:1}Deutschland ist Weltmarktführer in der Produktion und Nutzung von Biodiesel, die Produktionskapazitäten von Bioethanol wurden stetig erweitert. Im Jahr 2005 erreichten die sogenannten Biokraftstoffe bereits einen Anteil von 3,4 Prozent der Kraftstoffversorgung in Deutschland. Dadurch konnten etwa 625 Mio. € durch die vermiedenen Ölimporte eingespart werden. Der Verbraucher zeigt beim Einsatz von Biodiesel und Pflanzenöl sein Umweltbewusstsein und hofft auch auf stabile Preise.

Die steuerliche Begünstigung von Biodiesel und Pflanzenöl wird jedoch seit dem 1. August 2006 bis 2012 in Stufen verringert, wie es der Deutsche Bundestag im entsprechenden Energiesteuergesetz verabschiedet hat, das am 7. Juli den Bundesrat passierte. Diese Steuer beträgt zurzeit 9 Cent je Liter und erhöht sich ab 2008 in Schritten um 6 Cent je Liter und beträgt 45 Cent je Liter ab dem Jahr 2012.

Mineralölkonzerne sind durch das Energiesteuergesetz ab 2007 zur Beimischung von 5 Prozent (Volumenanteil) Biodiesel und ab 2010 von 10 Prozent (Volumenanteil) zu herkömmlichem Diesel verpflichtet.

Diese verordnete Beimischung führt nach Berechnungen der Mineralölindustrie bereits 2007 zu einer Verteuerung des Dieselpreises um circa drei bis vier Cent pro Liter zusätzlich zu den 3,3 Cent Preiserhöhung durch die Anhebung der Mehrwertsteuer. Die Notwendigkeit einer solchen durch die Beimischungspflicht ausgelösten Preisanhebung bei Diesel wird jedoch von manchen Biodieselproduzenten bestritten.

Die Schweiz schlägt einen anderen Weg ein und hat gerade beschlossen, den Biosprit steuerfrei zu halten und Diesel teurer zu machen, um die umweltfreundlichere Zapfsäule an der Tankstelle zu fördern und nicht zu vernichten.

Rund 1,7 Mrd. zusätzliche Steuereinnahmen sollen durch die Aufhebung der Steuerbefreiung und die Beimischungspflicht in die notorisch leeren Kassen des Finanzministers fließen. Damit werden alle Autofahrer nochmals zur Kasse gebeten und – sollten sich die Schätzungen bewahrheiten – der jüngste Preiseinbruch beim Öl wird teilweise wieder aufgefressen.

Konsequenzen sind absehbar

Das ist für die Verbraucher, Landwirte und die gesamte Biokraftstoffbranche eine starke Belastung. Die Arbeitsgemeinschaft Qualitätsmanagement Biodiesel e.V. (AGQM) beobachtet ihren Verlautbarungen zufolge mit großer Sorge, dass unter dem bestehenden Kostendruck im Speditionsgewerbe teilweise schon jetzt Biodiesel mit mangelhafter Qualität als besonders „preiswerter“ Kraftstoff eingekauft wird.
Der vermeintliche Kostenvorteil kann sich allerdings nach einiger Zeit als Reinfall erweisen: Der durch unzureichende Kraftstoffqualität ausgelöste Ausfall von Komponenten im Kraftstoffversorgungssystem oder bei der Abgasnachbehandlung zieht kostspielige Reparaturen nach sich. Diese Schäden sind nicht durch Herstellergarantien abgedeckt, wenn bei der Untersuchung von Schadensfällen ermittelt wird, dass der Biodiesel nicht die Anforderungen der DIN-Normen erfüllt hat. Fahrzeughersteller gehen leider oft sehr sparsam mit Informationen darüber um, ob ihre Fahrzeuge biodieseltauglich sind oder nicht.

{L:2}Pflanzenöl folgt in der nächsten Stufe

Nicht nur das: Reines Rapsöl wird beginnend von 2008 mit 8,15 Cent/Liter besteuert und erreicht schon 2012 ebenfalls einen Steuersatz von 45 Cent/Liter. Andere Pflanzenöle als Rapsöl bleiben weiterhin steuerbegünstigt. Nur manche Bauern können noch lachen: In der Landwirtschaft eingesetzte reine Biokraftstoffe bleiben steuerfrei.

Den Landwirten jedoch, die Raps anbauen, wird jegliche Planungssicherheit entzogen, denn ihr Überleben im ländlichen Raum wird von heute auf morgen auf eine harte Probe gestellt. Drei Viertel des in Deutschland angebauten Rapses werden bereits für die Herstellung von Biokraftstoffen verwendet. Vor der Wahl waren sich die jetzigen Regierungsparteien einig, den Bereich der Biokraftstoffe aus agrar- und umweltpolitischen Gründen zu unterstützen.

Das Drehen an der Steuerschraube

Nicht wenige Produzenten und Hersteller glaubten den Beteuerungen der Regierenden, wurden aber schnell enttäuscht, denn durch die bevorstehenden Steuererhöhungen wird der Verbraucher nicht gerade verlockt, auf Diesel umzusteigen. Die oppositionelle FDP wirft dem Bundesverbraucherminister Seehofer vor, „die heimische Biokraftstoffbranche nicht vor den Auswirkungen der Fiskalpolitik von Finanzminister Peer Steinbrück zu schützen, was Arbeitsplätze gekostet und Investitionen entwertet habe, die auf dem Bundestagsbeschluss der Steuerbefreiung bis 2009 beruhten.“

Arbeitsplätze und Umwelt in Gefahr
Wenn die Befürchtungen der Branche wahr werden, dann werden Tausende von Arbeitsplätzen in Deutschland zerstört. Allein die neu entstandenen 1900 Biodieseltankstellen stehen mit allen dazu gehörigen Arbeitsplätzen auf dem Spiel, von den reinen Pflanzenöltankstellen nicht zu reden, wenn diese die volle Wucht der Besteuerung erleben werden. Auch die Anzahl dieser Pflanzenöl-Tankstellen nahm ständig zu, allein im Freistaat Bayern gibt es bereits über 30 davon. Ob die Biodieselbranche eine Zukunft hat, hängt jetzt wahrscheinlich entscheidend davon ab, wie sich der Ölpreis insgesamt entwickelt. Der Verbraucher schaut zunächst auf seinen Geldbeutel; die Politik verspricht, auf die Umwelt zu achten – offensichtlich wieder nur mit Lippenbekenntnissen.



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