Die Pflanze, die den Süden fraß

Titelbild
(Forest & Kim Starr)
Von 25. Oktober 2009

Sie hat hübsche, angenehm duftende Blüten und wächst bis zu 30 Zentimeter pro Tag. Für Liebhaber exotischer Pflanzen ist sie darum eine Versuchung – vor der wir vielleicht lieber die Finger lassen sollten. Die ostasiatische Kletterpflanze Kudzu (Pueraria lobata var. montana) ist eine hoch invasive Pflanze, die in den USA als „Krebs der Pflanzenwelt“ oder als „Grüne Pest“ bezeichnet wird (als invasive Art bezeichnet man im Naturschutz gebietsfremde Pflanzenarten, die sich auf die heimische Fauna und Flora oder auch auf den Menschen negativ auswirken, etwa durch Verdrängung anderer Arten oder durch Schadstoffe).

Sie wächst schon im Frühjahr sehr schnell, so dass sie den Keimlingen der langsamer wachsenden dort heimischen Pflanzen das zum Gedeihen nötige Licht nimmt. Im Südosten der Vereinigten Staaten hat sie bereits große Flächen des Landes zerstört. Nun hat sie auch ihren Weg nach Kanada gefunden.

Die ostasiatische Kletterpflanze wurde im Juli auf einem Südhang mit Sicht auf den Eriesee in der Nähe von Leamington in Ontario entdeckt, auf einem Bauerndorf ungefähr 35 Meilen südöstlich von Detroit in Michigan.

Obwohl die Stelle, die von der Kletterpflanze überwuchert ist, erst ungefähr 110 Meter lang und 30 Meter tief ist, hat die Organisation „OIPC“ (Ontario Invasive Plant Council – ein Sachverständigenausschuss in Ontario für invasive Pflanzen) gesagt, dass es zwingend erforderlich sei, „in Ontario unmittelbar zu reagieren, um die Ausbreitung der Kletterpflanze zu stoppen.“

Mit ihrem Wachstums-Tempo von 30 Zentimetern pro Tag überdeckt das zu den Leguminosen (Hülsenfrüchte und Futterpflanzen) zählende Gewächs auf seinem Weg alles: Zäune, Bäume, Getreidefelder und sogar Gebäude. Die dicke, belaubte Pflanze klettert über Strommasten und Hochspannungsleitungen, die schließlich unter ihrem Gewicht zusammenbrechen. Bäume stürzen entweder durch ihr Gewicht um oder sterben aus Mangel an Licht.

„[Kudzu] kann eine Landschaft völlig einnehmen ‒ welche dann gewissermaßen zur Wüste wird. Sie zerstört die Artenvielfalt“, sagte Rowan Sage, ein Ökologie-Professor an der Universität Toronto, der seit 20 Jahren diese Pflanze erforscht.

„Sie verfügt über ein äußerst kräftiges Wachstum. Sie hat Ranken, die sich um sich selbst wickeln und einander unterstützen können. So kann die Pflanze andere Vegetation überwuchern und aus dem Ökosystem verschwinden lassen.“

Heimisch in Ostasien, wurde Kudzu 1876 anlässlich einer Ausstellung in Philadelphia zur Hundertjahrfeier als dekorative Pflanze von Japan in die Vereinigten Staaten gebracht. Sie wurde später zur Regulierung von Erosion eingesetzt und als Futterpflanze verwendet.

Jährlich 500 Millionen Dollar Eindämmungskosten

Schließlich übernahm sie im Süden der Vereinigten Staaten breite Landstriche und hat sich trotz der Anstrengungen, sie aufzuhalten, nordwärts ausgebreitet. Der Versuch, die so genannte „ostasiatische Kletterpflanze, die den Süden fraß“, in Schach zu halten, kostet die US-amerikanische Landwirtschaftsindustrie nach Pressemeldungen jährlich 500 Millionen Dollar.

Sage sagte, dass sich die Kletterpflanze an mehreren Orten außerhalb von Nordamerika ausgebreitet hat, unter anderem im entwaldeten Bereich des Amazonasbeckens in Brasilien. Es ist nicht bekannt, wann die Pflanze in Kanada ihre ersten Wurzeln schlug.

Die Kletterpflanze verbreitet sich normalerweise durch ihr Wurzelsystem, sie bildet aber auch Samen (Bohnen). Aus jedem Wurzelballen können bis zu 30 Ranken wachsen.

„Wenn Sie einen Kudzu-Stamm oder eine Kudzu-Wurzel bekommen, wird die Pflanze wuchern, es sei denn, dass sie durch strenge Winterkälte oder Wassermangel eingeht“, sagte Sage und fügte hinzu, dass die Wurzelfasern der Kletterpflanze bei minus zwanzig Grad Celsius absterben.

Wirksame Maßnahmen zur Eindämmung des Wildwuchses der Kletterpflanze sind Handschnitt, Mähen, kontrollierte Brände und Herbizide. Nach dem IOPC ist langfristig auch der Einsatz von Weidetieren wie Ziegen und Schweinen erfolgreich.

„Wenn Sie sie finden, müssen Sie sie sofort ausrotten“, sagte Sage. „Sobald sie sich festgesetzt hat, müssen Sie absolut radikal vorgehen. Sie ist leicht heraus zu ziehen, aber sie streut überallhin und regeneriert sich wieder. Somit wird es teuer, sie wieder loszuwerden.“ Das in seiner Heimat als Heil- und Futterpflanze geschätzte Gewächs, welches in offenen Sonnengebieten gedeiht, kann auch Sojabohnen-Rostpilz auf Sojabohnen übertragen, was deren Erträge reduzieren kann. Sojabohnen sind eines der Hauptgetreide im Süden von Ontario.

Wuchernde Gäste

Es kamen auch andere invasive Pflanzen wie der japanische Bambus und das Ähren-Tausendblatt aus Asien nach Kanada. Von Europa sind im Laufe der Jahre ebenfalls viele invasive Pflanzen eingeführt worden. So zum Beispiel der Gilbweiderich, eine dekorative Gartenpflanze. Er hat im ganzen Osten Nordamerikas die Feuchtgebiete erobert. Die bisher dort wachsenden einheimischen Arten blieben dabei auf der Strecke.

Der Standort der Kletterpflanze in Ontario wird beobachtet und untersucht, sagte Sage, und sie werde im Herbst mit Hilfe von Geldern der Bundesregierung und der Regierung von Ontario beseitigt.

 

Originalartikel: ‘Vine that ate the south‘ Discovered in Canada

Erschienen in The Epoch Times Deutschland Nr. 40/09

(Forest & Kim Starr)
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