Kraftwerk Sonne: Deutschland ist weltweit führender Solarstandort

Zweistellige Wachstumsraten, eine breite Zustimmung in der Bevölkerung und explodierende Börsenkurse machen Deutschland zum führenden Standort in Sachen Sonnenenergie
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Das Dach eines Lagerhauses in Bürstadt. Das Dach ist mit einem System aus Solarzellen mit einer Fläche von 50.000 m² bedeckt, das eine Leistung von 4,5 Megawatt pro Jahr erzeugt. Damit ist es das weltweit größte auf einem Dach installierte derartige System.Foto: Ralph Orlowski/Getty Images
Von 20. Juli 2006

Die Konferenzteilnehmer waren sich einig: Die Sonne ist die Energiequelle der Zukunft. Man schwärmte von «ungeheuren Energiemengen», die den Menschen das Zentralgestirn täglich zustrahlt, und dem Ende der Kohle-Abhängigkeit. Für die Wissenschaftler auf der Berliner Welt-Kraft-Konferenz im Jahr 1930 hatte die Sache aber einen Haken: Von der technischen Nutzung dieser physikalischen Entdeckung schien man noch Lichtjahre entfernt.

Heute, ein Dreivierteljahrhundert später, ist die Euphorie über die Solarenergie ähnlich groß. Einer repräsentativen Umfrage zufolge ist das Kraftwerk Sonne für drei von vier Deutschen die Wunschenergiequelle der Zukunft, und damit Spitzenreiter vor allen anderen Energieträgern. Anders als 1930 lässt sich die Sonnenkraft mittlerweile tatsächlich nutzen, um Strom und Wärme zu erzeugen.

Entsprechend erlebt die Solarbranche seit dem Jahrtausendwechsel einen wahren Boom. Allein 2004 wurden 100 000 neue Solarstromanlagen in Deutschland eingebaut – so viele wie nirgendwo anders auf der Welt. Auch wenn die Weltmarktführer wie Sharp und Kyocera aus Japan stammen, ist Deutschland insgesamt der weltweit bedeutendste Solarstandort. Rund 3,7 Milliarden Euro wurden 2005 in der Branche umgesetzt, zehn Mal so viel wie noch 1999. Bis 2012 werde sich die Zahl verdoppeln, schätzt der Bundesverband Solarwirtschaft (BWS).

Die Ausbreitung der alternativen Energiegewinnung äußert sich in Superlativen: Seit Ende April steht im bayerischen Pocking bei Passau die weltweit größte zusammenhängende Photovoltaikanlage. Dieser Solarpark allein könnte rund 3 300 Einfamilienhäuser mit umweltfreundlichem Strom versorgen, sagt der Entwickler der Anlage, Martin Bucher.

Besonders für den strukturschwachen Osten ist die Energie aus natürlichem Licht mehr als ein Hoffnungsschimmer. Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR sei ein international führender Solarstandort entstanden, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbandes Solarindustrie (BSW), Carsten Körnig. Von rund 42 000 Beschäftigten in der Branche arbeiten die meisten im Osten – und auch die neuen Jobs werden größtenteils in Regionen mit bisher hohen Arbeitslosenquoten angesiedelt. Die Arbeitsplatz-Zahl «wird sich in den kommenden zehn Jahren verdreifachen», sagt Körnig.

Solch gute Zahlen zeigen im Ausland Wirkung. Vor allem amerikanische und britische Investoren entdecken die deutsche Solarbranche, Fonds und Kapitalgesellschaften investieren kräftig in die Solarwerte. Die Folge: eine Aktienkurs-Entwicklung, die das Herz vieler Anleger höher schlagen lässt. Immer mehr Solaranbieter zieht es an die Börse. Aus ökonomischer Sicht gebe es keine Alternative zur verstärkten Nutzung erneuerbarer Energiequellen, sagt Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

Auch Umweltschützer frohlocken. «Jeder mit Reflektoren bedeckte Quadratmeter in einem Solarfeld kann die Produktion von 150 bis 250 Kilogramm Kohlendioxid pro Jahr verhindern», sagt Sven Teske von Greenpeace. Die Branche selber brüstet sich damit, 2005 rund 1,3 Millionen Tonnen des Giftstoffes eingespart zu haben.

Doch es gibt auch Mahner. Für sie hat der Solarboom Parallelen zum Aufstieg der Windkraftbranche vor knapp acht Jahren. Angelockt von den hohen Wachstumsraten waren viele Investoren bei Unternehmen eingestiegen, die Kurse vervielfachten sich, weitere Börsengänge folgten. Dann kam der Einbruch: Durch Missmanagement und fehlgeschlagene Projekte im Ausland brachen die Gewinne ein, und die zumeist angelsächsischen Anleger zogen ihr Kapital zurück. Solche Fehler wollen die Solarfirmen nicht wiederholen.



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