Feine Wiener Tradition

Interview mit dem Küchenchef vom Schwarzen Kameel
Titelbild
Christian Domschitz mit goldenem Kamel und Schwarzem Kameel. (tür3 ))) DESIGN)
Epoch Times2. April 2008

Klassisch und gleichzeitig trendig, modern. So könnte man die Küche des Herrn Domschitz bezeichnen. Im Herzen von Wien wird seit Generationen im „Schwarzen Kameel“ die Wiener Küche samt dazugehörigem Wiener Charme kredenzt. Doch wie schafft es diese Institution seit Jahrhunderten, ihre Gäste mit exquisiten Speisen zu verwöhnen, ohne dabei den Bezug zu den Wurzeln der österreichischen Kochtradition zu verlieren? Um das herauszufinden, fragte Epoch Times Deutschland in der Wiener Bognergasse 5 nach.

ETD: Als Chefkoch des Haubenlokals „Zum Schwarzen Kameel“ in Wiens Innenstadt und Autor eines Kochbuchs braucht man natürlich eine starke Basis. Wie haben Sie sich das Wissen und ihre Kochfertigkeiten aneignen?

Domschitz: Meine Ausbildung begann in Wien in der Gastgewerbeschule am Judenplatz im 1. Bezirk. Von dort ging es dann über die Cote d`Azur in die Schweiz, wo ich zehn Jahre meiner Zeit als Jungkoch verbrachte. Ich habe die Schweiz von Liechtenstein über Bern, Zürich und Basel bis nach Genf aufgerollt. In Genf verbrachte ich insgesamt fünf Jahre.

ETD: Welche Unterschiede konnten sie erkennen zwischen der Schweiz und Österreich?

Domschitz: In Wien gab es zu dieser Zeit das Wiener Schnitzel, den Tafelspitz oder einen Hirtenspieß. In Genf hingegen gab es schon für die Mitarbeiter zu Mittag Artischocken.

ETD: In welcher Weise hat Sie diese Zeit in der Schweiz in ihrem Kochstil beeinflusst?

Domschitz: Ich habe mir sicher einen sehr frankophilen Stil erarbeitet, aber trotzdem gehe ich immer wieder zurück an die Wurzeln der Wiener Küche und passe meine Küche der Zeit an. Vor circa 14 Jahren habe ich mir eine gerade Schiene in meiner Küche gelegt, in der alte, traditionelle Gerichte neu interpretiert werden. Wie zum Beispiel der Zwiebelrostbraten vom Thunfisch oder das Surschnitzel vom Zander.

ETD: Worauf legen sie besonderen Wert in ihrer Küche?

Domschitz: Ich habe mehrere Richtlinien, welche meine Köche durchaus bereit sind zu akzeptieren. Auch bin ich vermutlicher einer der wenigen Köche hier in Österreich, die Ihre Küche in Form einer gläsernen Produktion der Öffentlichkeit präsentieren. Meine Köche werden sieben Tage die Woche rund um die Uhr beobachtet, daher ist Hygiene, absolute Sauberkeit und Reinheit oberstes Gebot und einer der wichtigsten Faktoren in der Küche des Schwarzen Kameels. Ebenso muss ich an allen Dingen, die ich in der Küche anpacke, Freuden haben, ob es ein geschliffenes Messer oder ein wunderschönes Stück vom Lungenbraten ist.

ETD: Haben sie noch ehrgeizige Wünsche in ihrem Leben?

Domschitz: Es wäre für mich eine besondere Ehre, einmal im Restaurant von Thomas Keller in Kalifornien zu speisen, wo dem Gast bis zu 16 Gänge serviert werden.

ETD: 16 Gänge klingen ein wenig nach Molekulargastronomie und Adrian Ferra. Wie sehen Sie den derzeitigen Boom dieses Kochtrends?

Domschitz: Als Adrian Ferra vor sechs, sieben Jahren in Wien auf Besuch war, organisierte er ein Showkochen für einige namhafte Wiener Köche. Ich selbst kochte bei dieser Show und kredenzte nachher im Foyer mein „ Gurkenspaghetti auf Waller-Sugo mit Rauchfischsauce“. Ferra war total begeistert. Dadurch gewann ich den ersten Platz, durfte zu ihm ins Restaurant „El Buli“ reisen und einen Blick hinter seine „Laborküche“ werfen. Ich selber verwende die Kochtechniken dieser experimentellen Küche eher ergänzend und hintergründig, damit es meine Küchenlinie hebt.

ETD: Wie sehen Sie die Entwicklung der internationalen und im peziellen der österreichischen Küche?

Domschitz:
Wir haben die Novelle Cousine überstanden, mit allen positiven und negativen Aspekten. Jeder konnte sich die positiven Erfahrung mitnehmen und in seiner Küche weiterverwenden.

Jetzt haben wir die Molekulargastronomie welche auch sehr innovativ und interessant ist. Aber ich glaube, dass wir in den nächsten Jahren zu der klassischen Küche zurückkehren werden. Natürlich mit ein paar Einschlägen aus der so genannten „Laborküche“.

ETD: Wie viel bedeuten Ihnen Titel, Sterne, Hauben & Co?

Domschitz: Je älter ich werde, desto weniger (lacht herzlich). Für den Betrieb und für das eigene Ego ist es schon wichtig. In der Zeit, bevor ich hier im Schwarzen Kameel meine Arbeit begann, wurde ich nie so wirklich bewertet, und seitdem ich hier arbeite, konnte ich mir schon meine Auszeichnung als Haubenkoch erarbeiten und merkte, wie sehr sich unsere Gäste und besonders unsere Stammgäste freuen, dass Ihr Lokal ein „ Haubenlokal“ wurde.

ETD: Sind Sie ein Mensch, der sich Trends anpasst?

Domschitz: Eher nicht, es muss in meine Küche und zu diesem Haus passen. Ich möchte in meiner Küche nicht die Küche eines Adrian Ferra forcieren, obwohl ich Adrian meinen höchsten Respekt zolle und er meine volle Anerkennung hat. Nur Trends sind meist etwas sehr Kurzlebiges und die Wiener Küche ist schon sehr kreativ geworden, hat aber gleichzeitig Ihre Wurzeln in der bodenständischen und auch in der klassischen Wiener Küche nicht verloren.

ETD: Kann man(n) eine Balance zwischen Küche und Privatleben überhaupt erreichen?

Domschitz: Nun, in meinen knapp 32 Jahren, in denen ich als Koch tätig bin, hat sich alles eingependelt, und es ist für mich nichts, was wirklich vollkommen neu wäre. Die Menschen in meinem Leben haben sich daran gewöhnt und wissen damit umzugehen. Natürlich könnte ich als Chef in einer Kantine für 150 Mitarbeiter drei Menüs täglich kochen, doch dann wäre ich so unruhig und unausgeglichen, dass sich das keiner vorstellen oder wünschen sollte.

ETD: Woher beziehen Sie ihre Lebensmittel?

Domschitz: Meine Philosophie in dieser Hinsicht ist, dass nur geschmacklich einwandfrei Produkte auf die Speisekarte kommen. Ich stehe mit vielen Produzenten in Kontakt, sowohl in Österreich als auch in Frankreich und beziehe die meisten Lebensmittel aus Wien und Umgebung. Doch ich habe auch einen Einkäufer in Paris, welcher mir auf meine Bitte hin Fisch und Käse direkt nach Wien liefert.

ETD: Welchen Ratschlag könnten Sie jungen Köchen geben?

Domschitz: Wenn man sich in den Ablauf einfügen und sich in den Betrieb hineindenken kann, hat man sehr gute Chancen für die Zukunft. Der Koch muss sich mit seiner Arbeit und seinem Arbeitsplatz identifizieren können, egal, welchen Rang er in der Küche hat.

Interview: Philipp Stix

Text erschienen in Epoch Times Deutschland Nr. 18 (30. Apr. – 6. Mai 2008)



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