IAA im Fokus der Klimaproteste: Aktionsbündnis „Sand im Getriebe“ fordert „Verkehrsrevolution“

Von Ferrari, Maserati oder Tesla keine Spur. Auf der "Problem-IAA"glänzen einige Autohersteller mit Abwesenheit. Dafür haben sich Klima-Aktivisten angekündigt.
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Tina Velo vom Aktionsbündnis "Sand im Getriebe" nennt die IAA eine "Kohlegrube der Autoindustrie".Foto: Ralph Orlowski/Getty Images
Epoch Times6. September 2019

Glänzendes Chrom im Scheinwerferlicht, die neuesten technischen Raffinessen, edle Innenausstattungen und leistungsfähige Motoren: Seit Jahrzehnten lockt die Internationale Automobilausstellung (IAA) zehntausende Besucher nach Frankfurt am Main. Doch in diesem Jahr fehlen zahlreiche wichtige Marken, darunter Publikumsmagnete wie Ferrari, Maserati oder Tesla. Ihr Kommen in großer Zahl haben dagegen die Autogegner zugesagt – sie organisieren etwa eine Fahrradsternfahrt und wollen die Messe gar blockieren.

Tina Velo vom Aktionsbündnis „Sand im Getriebe“ nennt die IAA eine „Kohlegrube der Autoindustrie“: Hier lasse sich die Industrie gut angreifen, die sich auf der Messe „für ein Verkehrssystem von Vorgestern feiert“, sagt die junge Frau – ihr Name ist ein Pseudonym. Der Verkehrssektor sei der einzige in Deutschland, in dem die Emissionen nicht gesunken, sondern sogar gestiegen sind, argumentiert Velo.

Eine „Antriebswende“, wie sie die Industrie verspricht – also weg von Benzin und Diesel hin zum Elektromotor – reiche da nicht:

Wir fordern eine Verkehrswende, eine Verkehrsrevolution. Die Autos bestimmen unser Leben, und davon müssen wir weg.“

Tina Velo kündigt „verschiedene Aktionsformen“ des Protests an. An Demonstrationen und der Fahrradsternfahrt könnten „die Leute ganz legal teilnehmen“. Gleichzeitig „braucht es auch Akteure wie uns, die die Grenzen des legalen Protests leicht überschreiten“, kündigt sie an. So heißt es auf Twitter:


Flucht nach vorn

Die Autoindustrie, derart in die Defensive gedrängt, versucht die Flucht nach vorn. Am Donnerstag, eine Woche vor Beginn der IAA, lud der Verband der Automobilhersteller (VDA) diverse Umweltschützer zum öffentlichen Streitgespräch in Berlin. VDA-Präsident Bernhard Mattes, ehemaliger Chef von Ford, nennt den Klimaschutz dabei „eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit“. Die Autoindustrie stecke schon mitten in einer „Transformation“, versichert er. Doch an der „individuellen Mobilität“ hält die Branche fest.

Die Antwort der Industrie auf den Klimawandel sind Elektroautos und die Forschung an „klimaneutralen Kraftstoffen“, wie Mattes erläutert. Dazu kommt noch die bessere „Vernetzung“ des Verkehrs –  unnötiger Verkehr müsse vermieden werden, und „gerne auch mal“ könne es „die breitere Spur für das Rad anstatt für das Auto“ sein.

„Nichts verstanden“, kritisieren die Diskussionsteilnehmer von BUND, dem Verkehrsclub Deutschland und von Campact: Die Branche spiele die Dimension der Klimakrise und die vor ihr liegenden Veränderungen nach wie vor herunter. „Wir brauchen keine protzigen SUVs, sondern kleine, sparsame Autos mit Erneuerbare-Energien-Antrieb“, fasst Luise Neumann-Cosel von Campact zusammen. Ernst-Christoph Stolper vom BUND fügt die CO2-Steuer und die Elektroautoquote hinzu.

Neues Konzept gefordert

Auch Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer bezeichnet die diesjährige Messe als „Problem-IAA“. Fridays For Future bringe tausende junge Menschen auf die Straßen, „emotionale Themen für eine Großveranstaltung wären vorhanden“. Nur Autos zu präsentieren, mit Konferenzen angereichert, „erscheint nicht als der große Wurf“, bemängelt er. Die ausgestellten Autos seien auch nahezu in jedem Autohaus zu bestaunen, und auch die Elektroautos, zum Großteil noch Studien, schon bekannt. Es fehle ein neues Konzept für die Zukunft.

Hauptgrund, warum in diesem Jahr so wenig Hersteller aus dem Ausland nach Frankfurt kommen, ist aber die weltweite Rezession: Die Autokonzerne müssen sparen. Auch die Großen wie Toyota, General Motors und Renault-Nissan-Mitsubishi meiden den IAA-Auftritt dieses Jahr angesichts des laut Dudenhöffer „überschaubaren Marketingeffekts“.

Weltweit werden die Hersteller in diesem Jahr noch 78,3 Millionen Autos verkaufen, rechnet der Experte hoch – das seien fünf Millionen weniger als im Vorjahr. „Die Autoindustrie fährt in ihre größte Krise seit mehr als 20 Jahren“ – die IAA liefert die Anschauung. (afp/sua)



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