Wohnmobil ohne Benzinverbrauch

In einem Solarboot braucht man eigentlich nichts – außer, mit sich selbst klar zu kommen
Titelbild
Zwei, die gut ohne „Fremd-Energie“ auskommen: Beni Hug und sein Solarboot „Berlingen“. (Zur Verfügung gestellt von Beni Hug)
Epoch Times2. Oktober 2009

Irgendwann wollte er mal von hier weg, das hatte er sich vorgenommen. Zwanzig Jahre lebte Beni Hug in Berlingen, einer kleinen Gemeinde am Schweizer Ufer des Untersees. Am Hafen, oben am Hang in einem Mietshaus wohnte er und arbeitete als Unterstufenlehrer. Vielleicht würde er sich ein Wohnmobil kaufen, oder sich einen Bus umbauen und damit ein bisschen auf Reisen gehen.

Seit einem Jahr ist Hug nun pensioniert. Was ist aus seinen Reiseplänen geworden? Man könnte sagen: die fielen ins Wasser. Wir trafen ihn im Hafen von Berlingen – in seinem Solarboot mit dem Namen „Berlingen“.

Epoch Times: Was hat Sie zu Ihrem Solar-Wohnboot geführt?

Beni Hug: Ich wurde zufällig durch einen Zeitungsartikel auf einen Bootsbauer aufmerksam, der ein völlig neues Boot konstruiert hatte: ein Solarboot. Das hat damals meine Aufmerksamkeit geweckt. Ich machte den Standort des Konstrukteurs im Internet ausfindig, und fuhr hin, um mir das genauer anzuschauen.

Dann hatte ich mir nun also das Boot angeschaut und mich in die Idee verliebt, man könnte das auch auf dem Wasser tun. Das Reisen würde langsamer und einfacher gehen, billiger auch noch und zudem noch genussvoller als auf der Strasse. Was ich allerdings nicht bedacht hatte, das waren die Schwierigkeiten, die das mit sich bringen würde, auf dem Wasser zu sein. Früher hatte ich von meinem Mietshaus aus nur auf das Wasser herunter gesehen, aber habe keine Wassersportarten betrieben und auch kein Boot gehabt. Also habe ich gedacht: das kann man alles lernen. In dieser Situation bin ich jetzt: ein völliger Neuling. Das kann man alles lernen, das kommt schon gut. Obwohl es etwas mehr Zeit benötigt, als ich mir gedacht hatte.

Epoch Times: Wann haben Sie sich das Boot gekauft?

Hug: Das Boot habe ich mir dieses Frühjahr gekauft.

Epoch Times: Also ursprünglich hatten Sie nicht die Idee ein Boot zu kaufen. Hätte es denn auch ein Boot mit herkömmlicher Antriebstechnik sein können?

Hug: Nein, ein anderes Boot hätte ich mir nicht gekauft. Für mich ist das einfach eine Art schwimmendes Wohnmobil. Anstatt jeden Tag auf der Strasse unterwegs zu sein, ist es hiermit weniger hektisch, und wir haben in Europa mehr als 40.000 Kilometer schiffbare Kanäle.

Epoch Times: Haben Sie mit der Entscheidung, dieses Solarboot zu kaufen, Mehrkosten auf sich genommen, im Vergleich zu anderen Booten?

Hug: Nein. Das war auch das Erstaunliche für mich. Ich habe in der Zwischenzeit auch klar festgestellt, dass herkömmliche konventionelle Boote gleicher Größe teurer sind als dieses hier. Vor allem, wenn die Unterhaltskosten mit eingerechnet werden.

Epoch Times: Gibt es Nachteile gegenüber einem Motorboot, oder gegenüber einem Segelboot?

Hug: Mit Segeln möchte ich es nicht vergleichen, denn Segeln ist für Segler ja sowieso eine Sportart. Als Nachteil könnte man nennen, dass man sich nicht einfach schnell am Abend in eine Gondel setzen und zur Insel Reichenau hinüber fahren kann. Oder ein Bier trinken gehen und innerhalb von ein, zwei Stunden wieder zurück kommen. Mit diesem Boot, bis man damit abgelegt hat und bis man dort drüben ist, das geht eben alles einen Zacken langsamer. Die Idee ist ja, möglichst schonend zu fahren mit einem solchen Solarboot. Man versucht auch keine zu großen Belastungsspitzen zu erreichen, dann halten die Batterien länger. Die Lebensdauer eines solchen Batteriesatzes beträgt sieben bis zehn Jahre, sagt der Bootsbauer. Wenn man immer mit Volllast fährt und eine schwankende Fahrweise hat, dann ist der Verschleiß eben auch größer. Das Ziel ist es, an einem schönen sonnigen Tag so zu fahren, dass man direkt mit der erzeugten Energie der auf dem Dach installierten Solarzellen fahren kann, ohne von der Reserve der Batterien zu zehren. Die Idee ist ja, weil es ja ein Flussboot ist, dass man eine gemütliche Fahrweise pflegt.

Wenn die Batterien voll geladen sind hätte ich Reserven für circa 15 Stunden. Also wenn man zum Beispiel in eine Regenfront fährt, ist das überhaupt kein Thema, man kann dann problemlos noch weiter fahren, bis man einen geeigneten Anlegeplatz gefunden hat. Obwohl das Fahren dann ja sowieso keinen Spaß mehr macht.

Epoch Times: Was sind die Vorteile gegenüber einem Motorboot?

Hug: Die Vorteile liegen auf der Hand. Abgesehen von den Investitionskosten sind die Kosten gleich Null. Unterhaltskosten gibt es im Prinzip keine, außer ich muss mal Wasser tanken oder Wasser abpumpen. Wenn ich mal in eine Marina (Yachthafen) gehe, bezahle ich die gleichen Gebühren, wie andere Bötler auch. Das sind die üblichen Hafengebühren. Und sonst kann ich frei ankern, vor allem in den Flüssen kann ich anhalten wo ich möchte.

Ein weiterer Vorteil ist sicher, dass dieses Boot keinen Service und Unterhalt benötigt, außer der Reinigungsarbeiten. Elektromotoren sind verschleißfrei. Die gesamte Elektronik, sofern sie nicht aussteigt, ist ja mehr oder weniger unbeschränkt oder auf Jahre hinaus haltbar.

Dann fällt nur der normale Unterhalt an, den jeder Bötler hat, der Winterunterhalt: Man nimmt das Boot mal aus dem Wasser und spritzt es gründlich ab oder fegt oder schleift es und erneuert den Unterbodenschutz.

Es gibt keine Serviceintervalle, keine Prüftermine, keine Abgasnormen und auch sonst keine Verpflichtungen, die man einzuhalten hat. Die Belastung für die Umwelt ist also praktisch gleich Null.

Epoch Times: Damit wären wir bei der nächsten Frage. Haben die Gewässer, die Wassertiere auch einen Nutzen davon?

Hug: Ja, sicher werden durch die langsame gemächliche Fahrweise die Schilfbestände geschont, Sedimente werden viel weniger aufgewirbelt. Und sehr verblüffend für alle Leute ist, dass dieses Boot keine V-Welle hinter sich herzieht, wie sonst jede kleinste Gondel. Jedes Mal, wenn ich mit dem Bootsbauer unterwegs bin, dann schimpft dieser jeweils: „Jetzt guck dir mal dieses kleine Boot an, wie viel Ener­gie das vernichtet!“ So eine V-Welle zeigt einfach, dass unheimlich viel Energie vernichtet wird. Dieses Boot hat so eine ideale Form, dass man zwar sieht wo man gefahren ist, aber wenn zum Beispiel eine Luftmatratze oder eine kleine Gondel hinten durch quert, dann schaukelt diese kein bisschen. Es entstehen überhaupt keine Wellen, es ist als ob man auf einer Schiene durch das Wasser fährt. Das Boot ist vom energetischen Standpunkt her wirklich ideal konstruiert. Es ist so konstruiert, dass weder durch die Form noch durch eine zu hohe Geschwindigkeit ein Haufen Energie verpufft wird. Es ist ideal: kein Öl, keine Abgase, rein gar nichts, weil ja keine Fremdenergie an Bord ist.

Epoch Times: Haben Sie bisher irgendwelche Abenteuer erlebt mit Ihrem Boot?

Hug: Keine Abenteuer. Aber wenn man allein unterwegs ist, kann das Handling eines solchen Bootes zu Schwierigkeiten führen. Vor allem bei Starkwind hat so ein Boot eine starke Angriffsfläche. Bei bestimmten meteorologischen Verhältnissen, überlegt man sich ob man denn überhaupt hinaus fahren möchte, oder ob man sich einen geschützten Platz sucht und einfach wartet bis es durch ist. Hafenmanöver und das „Schleusen“ sind nicht ganz einfach, wenn ich alleine unterwegs bin. Aber es gibt für alles eine Lösung.
Epoch Times: Fühlen Sie sich ein bisschen wie ein Pionier? Oder wenn Sie anderen Solarboot-Fahrern begegnen, begrüßt man sich gegenseitig anders als üblich?

Hug: Ja ich bin mir noch gar nicht so bewusst, was für eine Wirkung dieses Fahrzeug auf andere Leute hat. Aber wenn ich unterwegs bin, dann gibt es Hunderte von Fotos. Die Leute fahren heran, die Motorbootfahrer drehen eine Runde rings um dieses Boot, schauen, fahren ein Stück weit mit, führen Gespräche, fragen, interessieren sich dafür. Ich denke, es hat schon einen Stellenwert, irgendwie von einem Exoten.

Epoch Times: Sie hatten vor diesem Boot kein anderes Boot. Würden Sie, wenn Sie vor der Entscheidung ständen, ein neues Boot zu kaufen, wieder ein Solarboot kaufen, oder könnte es auch ein anderes Boot sein?

Hug: Ganz sicher kein anderes Boot. Dieses Solarboot ist wirklich etwas Spezielles. Meine Tendenz war ja ursprünglich nicht, auf das Wasser zu gehen. Wenn es nicht zum Kauf dieses Solarbootes gekommen wäre, würde ich irgendwie mit einem Mobil auf den Straßen unterwegs sein, aber jedenfalls nicht mit einem herkömmlichen Motorboot auf dem Wasser.

Epoch Times: Sie werden im nächsten Jahr mit Ihrem Solarboot nach Polen fahren.

Hug: Ja, ich werde nächstes Jahr in Berlin starten, zuerst die Umgebung von Berlin näher kennen lernen — und zugleich das Handling des Bootes verbessern — und dann Richtung Osten.

Epoch Times: Muss man ein spezieller Mensch sein, um ein Hausboot zu bewohnen?

Hug: Wer Erfahrung mit einem Wohnwagen oder Wohnmobil hat, oder als Rucksacktourist, der kann meiner Meinung nach, in jeder Form von Mobilität unterwegs sein. Man muss auf Leute zugehen können. Man muss auch mal Unpässlichkeiten und Missgeschicke, die einem unterwegs passieren können, wegstecken und sagen, ja es geht halt jetzt nicht anders. Man muss in Kauf nehmen, was das Wetter macht.

Man könnte auch jederzeit die Übung abbrechen und das Gefährt verkaufen. Das sehe ich als Notanker: Wenn es mir nun wirklich überhaupt nicht gefallen sollte, wäre es kein Problem das Fahrzeug als Freizeitfahrzeug zu gebrauchen und sich irgendwo nieder zu lassen. Das könnte irgendwo auf einem südlichen Kontinent sein, könnte aber genauso gut hier in Europa in irgendeiner Ecke sein. Nein, ich glaube, man muss nicht speziell ein Abenteurer sein, wenn man mit sich selber klar kommt.

Das Interview führte Erich Bachmann.

Erschienen in The Epoch Times Deutschland Nr. 37/09



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion