Kommunen verbieten zunehmend Glyphosat auf Pachtflächen

Bis auf Ausnahmefälle verzichten viele Kommunen schon seit Jahren auf Glyphosat zur Unkrautvernichtung etwa in Parks. Ganz gebannt ist das Mittel aber noch nicht.
Titelbild
Pflanzen bahnen sich ihren Weg zwischen Gehwegplatten. Viele deutsche Städte verzichten teils schon seit vielen Jahren auf Glyphosat.Foto: Bernd Settnik/dpa
Epoch Times15. Juli 2019

Viele deutsche Städte verzichten teils schon seit Jahren bei der Unkrautvernichtung auf ihren Grünflächen auf das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat.

Anders sah es lange bei den von Kommunen verpachteten und landwirtschaftlich genutzten Flächen aus. Aber das ändert sich: Immer mehr Städte und Gemeinden nehmen das Verbot auch in ihre Pachtverträge mit Landwirten auf, die stadteigene Äcker bewirtschaften.

Glyphosat steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Eine Unterbehörde der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufte es als „wahrscheinlich krebserregend“ ein, andere Behörden und Studien betrachten es bei sachgemäßer Handhabung als sicher. 2017 verlängerten die EU-Staaten die Glyphosat-Zulassung für fünf Jahre bis Ende 2022.

Österreich hat Einsatz grundsätzlich verboten

Die Große Koalition in Berlin strebt einen schrittweisen Ausstieg spätestens bis 2023 an. Österreich hat als erstes EU-Land den Einsatz verboten. Umstritten ist, ob das mit EU-Recht vereinbar ist.

Beim Umgang der Kommunen mit Glyphosat ist zwischen städtischen Grünflächen, sogenanntem Nichtkulturland und verpachteten Flächen zu unterscheiden.

Auf Grünflächen wenden es die meisten Kommunen längst nicht mehr an. Beim Nichtkulturland – Straßen, Wegen, Gleisanlagen, Betriebsflächen oder Hafengeländen – braucht es für einen Glyphosat-Einsatz laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft eine ausdrückliche Genehmigung.

Diese würden von den Pflanzenschutzdiensten auf Landesebene aber durchaus noch regelmäßig erteilt, sagt Corinna Hölzel. Sie ist beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Deutschland für Pestizidpolitik zuständig.

Trend geht weg vom Glyphosat

Der Deutsche Städtetag teilt mit: „Seit Jahren geht eindeutig der Trend dahin, dass immer weniger Städte Glyphosat einsetzen.“

Das ergab auch eine bundesweite Umfrage der Deutschen Presse-Agentur in Städten. In Stuttgart etwa wird es in Parks, Grünanlagen und auf Friedhöfen seit 2016 nicht mehr verwendet.

„Unsere Erfahrungen zeigen: Der Verzicht auf Glyphosat scheint möglich. Voraussetzung ist die Bereitschaft, mehr Zeit und Geld zu investieren“,

heißt es aus Stuttgart.

Frankfurt am Main versprüht seit Anfang der 1990er Jahre kein Glyphosat mehr, stattdessen wird gebürstet oder gehackt. Auf Pachtflächen gibt es wie in zahlreichen anderen Städten aber kein Verbot.

Allerdings weist die Stadt darauf hin, dass seit 2012 eine Biodiversitätsklausel jeden Landwirt zu einer Maßnahme für den Artenschutz auf mindestens einem Prozent der Fläche für Acker und Erwerbsgartenbau verpflichtet.

Saarbrücken verbietet Gyphosat auf Ackerflächen

Saarbrücken verzichtet nach eigenen Angaben sogar schon seit den 1980er Jahren auf den Einsatz von Herbiziden. Hier wird nach einem Stadtratsbeschluss von 2016 in neuen Pachtverträgen der Einsatz glyphosathaltiger Mittel auf Ackerbauflächen, Wiesen, Weiden und sonstigen Grünflächen untersagt. Anschließend sei auch für fast alle Bestandsverträge ein Verbot vereinbart worden.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) sieht solch kommunales Verhalten kritisch und verweist darauf, dass Glyphosat zugelassen ist.

„In Deutschland zugelassene und zulässige Pflanzenschutzmittel müssen gemäß der guten fachlichen Praxis auch eingesetzt werden können“, sagte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken.

„Eine Einschränkung bedeutet bei bestehenden Pachtverträgen einen unzulässigen Eingriff.“ Bei Neuverpachtungen würden solche Klauseln den Nutzwert der Fläche einschränken, so dass sich der Pachterlös entsprechend reduziere.

Heißes Wasser und Dampf gegen Unkraut

Im Osten der Republik rückt Chemnitz dem Unkraut mit heißem Wasser und Dampf zu Leibe. Bei schwer erreichbaren Flächen komme das Herbizid Finalsan zum Einsatz.

Der Stadtrat beschloss im März 2018, Herbizide bei allen neuen oder zu verlängernden Pachtverträgen für landwirtschaftliche Flächen zu untersagen – bei verlängerten Verträgen gilt eine Übergangsfrist bis Ende 2022. Nachgedacht wird über finanzielle Anreize für einen früheren freiwilligen Verzicht.

Wie unterschiedlich der Umgang mit Pachtflächen allein in einem Bundesland sein kann, zeigt Nordrhein-Westfalen: Düsseldorf nimmt mittlerweile beim Neuabschluss von Pachtverträgen den Verzicht auf Glyphosat als Bestandteil auf. Bei laufenden Verträgen werde mit den Nutzern über eine Änderung gesprochen, bei 70 Prozent sei das geschehen.

Das kleinere Siegen hat den Pestizideinsatz auf verpachteten Äckern oder Feldern schon Mitte der 1990er Jahre vertraglich untersagt.

Auch Dortmund betont, selbst auf verpachtetem städtischem Grund komme kein Glyphosat zum Einsatz – seit einem Beschluss des Umweltausschusses aus dem Dezember 2017, der umgesetzt worden sei.

In Köln sorgt ein Beschluss des Umweltausschusses von Ende Juni 2019 dafür, dass bei der Neuverpachtung diejenigen bevorzugt werden, die sich unter anderem zu einem Glyphosat-Verzicht verpflichten. Ziel ist auch hier die Änderung bestehender Verträge.

Der Mainzer Oberbürgermeister und Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen, Michael Ebling (SPD), sagte, die Diskussion sollte sich nicht nur auf einen Stoff beziehungsweise eine Stoffgruppe konzentrieren. In seiner Heimat gibt es für Pachtflächen noch kein Glyphosat-Verbot.

Milch gegen Blattläuse

In Grünanlagen wird seit 2012 darauf verzichtet, wie Umweltdezernentin Katrin Eder von den Grünen sagte. Das sei etwa bei den empfindlichen Rosen im zentralen Rosengarten nicht einfach gewesen. Mittlerweile werde dort Milch gegen Blattläuse gespritzt. Die werde über Nacht sauer und töte die Tiere.

Allen Bürgern kann es die Kommune aber offenbar nicht recht machen. Wenn wegen des Verzichts auf Herbizide etwas Grün sprieße, fänden das manche ungepflegt, sagte Eder. „Das hat uns viele böse Briefe eingebracht.“ (dpa)



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