Laborfleisch drängt auf den Markt – Ökobilanz jedoch noch nicht absehbar
Der Fleischkonsum in Deutschland ist rückläufig – als Gründe dafür gelten gesundheitliche und ökologische Erwägungen ebenso wie die hohe Inflation. Über wachsende Marktanteile konnten sich zuletzt Anbieter von Fleischersatzprodukten freuen. Unterdessen wittern Unternehmen Potenzial für neue Verfahren in der Fleischproduktion. In diesem Kontext kommt auch sogenanntes Laborfleisch ins Spiel. Dieses könnte perspektivisch eine Alternative zur Massentierhaltung darstellen und soll die Ökobilanz verbessern.
Hochschule in Bernburg forscht in Deutschland zu Laborfleisch
In Deutschland fördert die Bundesregierung die Forschung an der Herstellung von Laborfleisch. Wie der MDR berichtete, fließen beispielsweise 1,2 Millionen Euro in ein Forschungsprojekt an der Hochschule Anhalt in Bernburg (Sachsen-Anhalt).
Dessen Ziel sei es, eine „ethisch einwandfreie, gesunde und klimafreundliche Alternative“ zu herkömmlich produziertem Fleisch zu schaffen. Neben der Hochschule Anhalt sind auch Forscher aus Bayern und Mecklenburg-Vorpommern an dem Projekt beteiligt. Der Forschungsverbund „Cellzero Meat“ arbeitet derzeit an einer Machbarkeitsstudie.
Man will die Gewinnung von sogenanntem In-vitro-Fleisch aus den Zellen von Nutztieren untersuchen. Projektleiterin Monika Röntgen erklärt, dass die Versorgung einer derzeit noch wachsenden Weltbevölkerung neue Verfahren in der Fleischproduktion erfordere. Erste Ergebnisse will das Projekt spätestens 2025 vorstellen.
EU muss neuartige Lebensmittel erst genehmigen
In den Niederlanden wagt sich das Unternehmen „Mosa Meat“ bereits mit Laborfleisch auf den Markt. Wie „Ruhr 24“ informiert, will man in einer Anlage bei Maastricht jährlich Zehntausende Burger aus sogenanntem kultiviertem Fleisch herstellen. Sollte die Nachfrage steigen, sei man in der Lage, die Produktion in den sechsstelligen Bereich auszuweiten. Das neuartige Lebensmittel muss in der EU allerdings erst zugelassen werden. Auch ein Export nach Singapur sei geplant.
Man werde, so das Unternehmen, den Tieren, die das Fleisch liefern sollen, unter Narkose Muskelgewebe entnehmen. Auf diese Weise komme man an dessen Stammzellen – und könne aus einer Probe von lediglich 0,5 Gramm nicht weniger als 80.000 Pattys herstellen. Aus dem Unternehmen heißt es dazu:
Die Kühe können frei über die Felder streifen, sobald wir eine Zellprobe in der Größe eines Pfefferkorns gesammelt haben.“
Die Probe werde in ein Gel eingelegt, das zu 99 Prozent aus Wasser bestehe. Daraus sollen Fasern mit bis zu etwa 800 Millionen Gewebssträngen wachsen. Der Geschmack sei kräftig, auch von der Konsistenz her sei kein signifikanter Unterschied zu herkömmlichem Fleisch auszumachen.
Laborfleisch soll Treibhausgasemissionen aus der Tierhaltung reduzieren
Die Forschung an Laborfleisch hat mittlerweile zahlreiche Bereiche erfasst. In den Niederlanden präsentierte das Unternehmen „Meatable“ bereits vor Monaten Wurst aus In-vitro-Fleisch. In Australien hat ein Unternehmen jüngst sogar einen „Mammutburger“ aus Laborfleisch entwickelt.
Bezüglich der Ökobilanz von kultiviertem Fleisch erhoffen sich dessen Befürworter eine Reduzierung von Treibhausgasemissionen aus der Tierhaltung. Die Abholzung von Wald für Weideflächen will man auf diese Weise ebenso eindämmen wie den Methanausstoß von Tieren und den Energieverbrauch. Die Produktion im Labor sei weniger land- und wasserintensiv.
Da deutlich weniger Tiere gezüchtet werden müssten, so die Überlegung, ließe sich auch der Bedarf an Nutzfläche, Wasser und Futtermitteln verringern. Außerdem werde das Tierwohl verbessert, weil die Notwendigkeit zur Massentierhaltung wegfiele.
Über gesamten Produktionsprozess möglicherweise keine bessere Ökobilanz
Allerdings bleiben bezüglich der Ökobilanz von Laborfleisch noch viele Fragen unbeantwortet. Dessen tatsächliche Umweltauswirkungen können stark von den spezifischen Produktionsmethoden, der Energiequelle des Labors und anderen Faktoren abhängen.
Zwei Studien eines Forschungsteams unter der Leitung von Derrick Risner von der University of California warnen vor zu großen Erwartungen. Der gesamte Produktionsprozess von Laborfleisch sei unter Zugrundelegung der verwendeten Szenarien und Annahmen ressourcenintensiv. Bestehende Ökobilanzen seien „unzureichend für die Bewertung der Umweltauswirkungen dieser neuen Lebensmitteltechnologie“.
Es spreche sogar vieles dafür, dass „die Umweltauswirkungen von kultiviertem Fleisch wahrscheinlich größer sind als die von konventionellem Rindfleisch“. Es bedürfe unter anderem erst der Entwicklung einer umweltfreundlichen Methode zur Entfernung von Endotoxinen. Gleiches gelte für die Alternative einer Anpassung von Zelllinien, die gegen Endotoxine resistent seien. Endotoxine sind Zerfallsprodukte von Bakterien, die im Menschen zahlreiche physiologische Reaktionen auslösen können.
Viehzucht als „integraler Bestandteil des globalen Nahrungsmittelsystems“
Zudem untergrabe die „starke Veredelung der Komponenten des Wachstumsmediums wahrscheinlich die potenzielle Nachhaltigkeit“, so die Forscher. Zwei mögliche Wachstumsmedien, die in der Produktion von Laborfleisch zur Anwendung kommen könnten, habe man untersucht.
Die Forscher geben auch zu bedenken, dass die Viehzucht einen „integralen Bestandteil des globalen Nahrungsmittelsystems“ darstelle. Sie liefere Grundnahrungsmittel wie Milch, Eier und Fleisch und trage durch die Nutzung von Dung als Dünger zur Produktivität der Pflanzen bei. Dies biete insbesondere unterprivilegierten Haushalten in Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen wichtige Nahrungsmittel und Einkommen.
Einige Länder wie Italien haben die Produktion und den Vertrieb von Laborfleisch auf ihrem Territorium sogar untersagt.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion