Von Störchen und ihren Kindersorgen in Hamburg

Die „Storchenpaten“ stellten Ergebnisse der diesjährigen Brutsaison vor
Titelbild
Altstorch mit Nistmaterial (Foto: Florian Iser)
Von 9. August 2007
     

1934 gab es in Hamburg 97 Storchenpaare, die 207 Junge großzogen. Auf Feldern und Wiesen konnte man sie sehen – wie sie manchmal regungslos vor der Öffnung eines Feldmäuseganges warteten um dann blitzschnell zuzuschnappen, wenn das Nagetier hervorkam. Damals konnte man den Kindern auch noch erzählen, dass der Storch die kleinen Babys bringe – das haben die Jungs und Deerns dem 80 bis 100 Zentimeter großen Vogel glatt zugetraut. Würde man den heutigen Hamburger Kindern dieses Märchen auftischen, würden viele wohl fragen: „Was ist ein Storch, Mami?“

„Der Storch? – Also der Weißstorch zum Beispiel ist ein großer weißer Vogel mit schwarzen Schwungfedern“, würden die Eltern dann erklären müssen, auch dass man dieses Tier eigentlich nicht im Zoo sieht, sondern in freier Natur, wo es ausgedehnte feuchte Wiesen gibt und giftfreie Äcker. Wenn der Großstadt-Sprössling dann einen echten Storch sehen will – und wissen möchte, was es mit dem Gift auf den Äckern auf sich hat – denn man tau, das wird nicht einfach sein! Was lernen wir daraus? Immer ehrlich bleiben und mehr für den Naturschutz engagieren. Denn anno 1934 konnten die Kinder Meister Adebar noch vom nächsten Feldweg aus sehen. Jetzt muss man für die Bildung der Familie möglicherweise einen Ausflug machen – in die Elbmarsch, am besten dort, wo Ökobauern die Felder bewirtschaften.

Im Vergleich zu 2005 positive Bilanz

Der Storch in Hamburg hat selbst Kindersorgen, denn jedes Storchenpaar benötigt in Horstnähe circa 20 Hektar feuchtes Grünland, um die Jungstörche satt zu kriegen. An Feuchtigkeit mangelte es in den letzten Wochen in Hamburg nicht, doch die Großstadt dehnt sich auch ins Brutgebiet der Störche aus, so dass es an Feldern und Wiesen mangelt. Zum Glück gibt es dennoch ein paar Störche innerhalb von Hamburgs Stadtgrenzen: 15 Storchenpaare, die insgesamt 33 Junge großzogen, hat der NABU (Naturschutzbund) Hamburg dieses Jahr gezählt.

„Dies ist ein großer Erfolg, welcher der Arbeit des NABU und der ehrenamtlichen Helfer zu verdanken ist“, freut sich Storchenpate und Musiker Rüdiger Wolff, der mit der eigens für den NABU produzierten CD „Segeln mit dem Wind“ den Storchenschutz auch finanziell unterstützt. Denn obwohl dies zu den eben genannten Zahlen eine vergleichsweise niedrige Bilanz ist, ging es seit 2005, als in Hamburg nur elf Jungstörche gezählt wurden, mit dem Storchenbestand bergauf.Storchenschutz ist Schutz für viele Arten

Auch andere Hamburger Naturschutzverbände haben ihren Beitrag dazu geleistet, wie der BUND, der eine 1,6 Hektar große Fläche in Hamburg-Neuland kaufte, wo er eine Grabentasche und eine Überschwemmungswiese anlegte. – Hier gedeihen Frösche und Lurche, und diese schmecken den Störchen. Auch der NABU versucht Flächen zu kaufen oder zu pachten, um den Artenschutz auf lange Sicht sicherzustellen und mahnt immer wieder die zugesicherten Ausgleichsflächen für die zunehmende Bebauung an. Das kommt nicht nur dem Storch zugute, denn an solchen Plätzen fühlen sich auch viele seltene Tier- und Pflanzenarten wohl. „Wo vier Störche sind, ist die Natur in Ordnung“, sagt man in Lettland. Dort leben rund 10.000 Störche – auf einer Fläche, die kleiner ist als Bayern.

Der NABU will noch vor der nächsten Brutsaison zwei neue Storchenhorste am Moorfleeter Deich und am Kirchwerder Hausdeich in den Vier- und Marschlanden aufstellen. Jürgen Pelch, der Referent für Storchenschutz des NABU Hamburg, sagt dazu: „Wir hoffen, damit im nächsten Jahr die Anzahl der Brutpaare erhöhen zu können.“ Pelch wird im Hamburger Umland auch „Storchenvater“ genannt. Seit fast 30 Jahren kümmert er sich um die Errichtung und Pflege von geeigneten Nistmöglichkeiten für die Störche.

Heimweg

Die Störche machen sich in den nächsten Tagen auf den Weg in ihre südlichen Winterquartiere. Andere Zugvögel werden in der Marsch zwischenlanden und ihre Bäuche für die Weiterreise füllen.Und der eigene Nachwuchs wird nach solch einem Ausflug in die Natur, wo es sicher nicht nur einen Storch zu sehen gab, vielleicht auch zufrieden sein, wenn wir ihm sagen: Das mit den kleinen Babys erklären wir ein anderes Mal. Wenn nicht, nehmen wir vielleicht doch das beliebte Beispiel mit den Bienchen und Blümchen – aber da hätten wir schon das nächste (Umwelt-)Problem …

  

 

Infos über Hamburgs Störche und über die CD „Segeln mit dem Wind“ gibt es unter www.NABU-Hamburg.de



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