Zum Schutz der Bienen: Experten fordern Imkerei-Schein
Zum besseren Schutz von Honigbienen fordern Experten einen verpflichtenden Wissens-Nachweis für Imker.
„Bienen sind Lebewesen, die viel Pflege benötigen. Wer Fische angeln will, braucht auch einen Fischereischein“, sagte der Vorsitzende des Berliner Imkerverbands, Benedikt Polaczek, der Deutschen Presse-Agentur. „Ein Qualifikationsnachweis ist längst überfällig“, betont auch der Mitbegründer der Initiative „Deutschland summt“, Cornelis Hemmer.
„Wir müssen den Mut dazu aufbringen und notfalls in Kauf nehmen, die Hälfte der Hobbyimker zu verlieren. Das sind wir der Gesellschaft und den Bienen schuldig“, so Hemmer. Auch in anderen Bereichen der Nutztierhaltung müsse man Nachweise erbringen. Nur für die Haltung hochkomplexer Bienenvölker nicht. Dieses Thema müsse bundesweit geregelt werden. „Berlin könnte hier aber eine Vorreiterrolle spielen und ein Zeichen für hohe Standards setzen.“
Der Deutsche Imkerbund lehne die Idee zwar nicht ab, setze derzeit aber noch auf Freiwilligkeit, sagt Sprecherin Petra Friedrich. Die Infrastruktur für die starke Nachfrage nach Imkerkursen sei noch nicht ausreichend. „Die Kapazitäten müssen da sein, nicht jeder bekommt einen Platz in einem Imkerei-Kurs“, so Friedrich.
Seit etwa acht Jahren erlebe die Hauptstadt einen regelrechten Bienen-Boom, berichtet Polaczek. Doch nicht jeder Bienenhalter informiere sich ausreichend. „Alle wollen etwas für die Bienen tun. Viele wollen sogar selber Bienen halten, aber bei den Völkern nichts machen“, kritisiert der Experte von der Freien Universität.
Die Berliner Umweltverwaltung will die Tiere nun auch mit einer „Bienenstrategie“ fördern. Dazu hat sie angekündigt, „Mindeststandards für die imkerliche Qualifikation“ zu entwickeln.
Die Folgen des Nichtwissens sind laut Polaczek mitunter verheerend. „Manche Halter wundern sich darüber, dass ihre Völker so schnell wachsen und haben plötzlich Angst vor den Bienen, wenn aus 5000 auf einmal 40.000 bis 50.000 geworden sind“, erklärt er. Durch die inzwischen sehr hohe Bienendichte in der Stadt sei auch der Nahrungsmangel ein Problem. „Bienen fangen an, bei anderen Völkern zu räubern, wenn sie keinen Nektar mehr finden“, so der Imkermeister. Auch die Vorbeugung gegen Krankheiten werde mitunter vernachlässigt. Diese könnten sich dann schnell ausbreiten.
Der Entwicklung stünden viel zu wenige Veterinärmediziner gegenüber, die sich mit Bienenkrankheiten auskennen. „Pro Bezirk gibt es etwa nur ein bis zwei Amtstierärzte, die die Bienenvölker mitbetreuen müssen“, ergänzt Cornelis Hemmer. Umso wichtiger sei es, dass die Imker selbst über genügend Fachwissen verfügten. „Aber kaum jemand wagt sich, Nachweise von den Imkern zu fordern“, kritisiert der Biologe.
Polaczek bietet an der Freien Universität Berlin seit Jahren Theorie-Kurse für Imker an. „Allein 2018 gab es 864 Teilnehmer“, berichtet er. Die Kurse dienten als Vorbereitung für ein praxisorientiertes Lernen in den Vereinen. Darüber hinaus gibt es weitere Anbieter von Imker-Kursen. Verpflichtend sind sie allerdings nicht. „Es gibt Imker, die sind sehr um Fachwissen bemüht, aber es gibt auch solche mit viel Luft nach oben“, kritisiert Hemmer.
Im Berliner Imkerverband sind aktuell rund 1300 Imker mit rund 7100 Völkern organisiert. „Außerhalb der Vereine werden etwa 2000 bis 3000 Bienenvölker, oft auf Dächern oder Balkonen gehalten“, so Polaczek. Im Sommer wanderten darüber hinaus regelmäßig Berufsimker aus anderen Regionen Deutschland mit etwa 3000 bis 5000 weiteren Völkern in die Stadt. Die sei attraktiv für Imker: „Es gibt ein kontinuierlicheres und vielfältigeres Nahrungsangebot, wenig Pestizide, günstige klimatische Bedingungen und keine Monokulturen“, so der Experte.
Allein bei den Bienen der Verbandsimker müssten sich im Schnitt fast acht Völker einen Quadratkilometer teilen. Im Jahr 2007, als es noch weniger als 500 Verbandsimker mit rund 2500 Völkern gab, lag die Dichte bei rund 2,8 Völkern pro Quadratkilometer. „Die Bienendichte in Berlin ist viel zu hoch“, sagt Bundessprecherin Petra Friedrich. Es müsse nicht jeder Imker werden, um Bienen zu helfen. Viel wichtiger ist es, für die Tiere – vor allem auch für Wildbienen – eine Nahrungsgrundlage zu schaffen mit entsprechenden Pflanzen auf den Balkonen und in den Gärten. „So hilft man den Bienen eher“, sagt Friedrich. Die Berliner Bienenstrategie will auch hier ansetzen und mehr Grünflächen mit bienenfreundlichen Pflanzen versehen.
Initiativen wie „Berlin summt“, ein Vorreiter von „Deutschland summt“, haben dazu beigetragen, dass das Imkern wieder so populär wurde. Seit Frühjahr 2011 haben Berufsimker auf mittlerweile mehr als einem Dutzend bekannter Standorte der Hauptstadt Bienenstöcke aufgestellt und unterhalten – unter anderem auf den Dächern des Berliner Doms, des Abgeordnetenhauses oder von Mensen. Anbieter von sogenannten Bienenboxen suggerieren, dass das Imkern ganz einfach und flexibel möglich sie – im Garten, auf Dächern oder am Balkon. Doch so einfach ist es den Imkerei-Experten zufolge aber eben nicht. (dpa)
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