Shanghai verliert Glanz: Ausländische Unternehmen und Einwohner wandern ab

Die Null-COVID-Politik Pekings hat Shanghai einen herben Schlag versetzt. Hunderttausende Wanderarbeiter sind aus der Stadt geflohen. Für ausländische Unternehmen wird die Stadt immer unattraktiver.
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Chinesische paramilitärische Polizisten stehen am 10. April 2023 am Bund im Huangpu-Viertel in Shanghai Wache.Foto: HECTOR RETAMAL/AFP via Getty Images
Von und 12. April 2023

Die einst blühende Handelshauptstadt Shanghai ist den neuesten Statistiken zufolge nicht mehr Chinas führende Industriestadt. Nach Angaben der lokalen Behörden hat die Stadt im Zuge der drakonischen COVID-Politik mindestens eine Viertelmillion Wanderarbeiter verloren.

Als bevölkerungsreichste Metropole Chinas war Shanghai ein internationales Drehkreuz, an dem die meisten internationalen Unternehmen ihren Hauptsitz im Land hatten.

Nach der kürzlich veröffentlichten BIP-Rangliste 2022 der zehn größten Industriestädte hat Shenzhen mit einer industriellen Wertschöpfung von etwa 164 Milliarden Dollar (1,13 Billionen Yuan) mittlerweile die Führung übernommen und Shanghai mit etwa 157 Milliarden Dollar (1,08 Billionen Yuan) überholt. Suzhou, nahe bei Shanghai, belegt den dritten Platz.

Null-COVID-Politik für Chinas Finanzzentrum folgenschwer

Für Shanghai, das seit über einem Jahrzehnt führt, ist diese Veränderung von großer Bedeutung.

Obwohl Shanghai das Finanzzentrum des chinesischen Festlands ist, liegt es bei den Einlagen nicht mehr an der Spitze. Insgesamt belaufen sich die Einlagenbestände bei allen Shanghaier Finanzinstituten in Chinas Großstädten (Ende 2022) auf etwa 2,8 Billionen US-Dollar (19,23 Billionen Yuan). Für Peking liegen sie hingegen bei etwa 3,18 Billionen US-Dollar (21,86 Billionen Yuan).

Shanghai verfügt über die meisten Finanzinstitute in China und die Shanghaier Börse. Allerdings befindet sich ein großer Teil des Geldes mittlerweile nicht mehr in der Stadt.

Bruttoinlandsprodukt in Shanghai gesunken

Das offizielle Bruttoinlandsprodukt (BIP) Shanghais betrug im vergangenen Jahr etwa 648,7 Milliarden Dollar (4,456 Billionen Yuan) und lag damit an erster Stelle unter Chinas Städten.

Trotzdem ist die BIP-Wachstumsrate der Stadt Berichten zufolge im Vergleich zum Vorjahr um 0,2 Prozent gesunken. Unter den zehn größten BIP-Städten ist sie als einzige negativ ausgefallen.

Acht Jahre hintereinander (2012 bis 2019) galt Shanghai als die „attraktivste chinesische Stadt“ in den Augen ausländischer Talente oder Auswanderer. In den Jahren 2020 und 2021 ging die Auszeichnung jedoch an Peking.

Shanghais internationale Wettbewerbsfähigkeit erlitt nach mehreren Monaten drakonischer Abriegelungen im vergangenen Jahr einen schweren Schlag.

Shanghai für ausländische Unternehmen zu unsicher

Laut dem jüngsten Jahresbericht der EU-Handelskammer in China („Shanghai Position Paper“) trauen sich viele multinationale Unternehmen nicht mehr, ihren Hauptsitz in Shanghai einzurichten.

In einem Artikel der „Voice of America“ (VOA), der über das Positionspapier berichtet, heißt es, dass nur 12 Prozent der europäischen Unternehmen bereit sind, ihre Asien-Pazifik-Zentrale in Shanghai einzurichten.

Dem Medium nach seien mindestens 500 chinesische Unternehmen aufgrund der Abriegelung Shanghais und den damit verbundenen Störungen in andere Länder umgezogen, um dort ihren Hauptsitz einzurichten.

Deutsche, Franzosen und Italiener verlassen die Stadt

Darüber hinaus sei der Rückgang ausländischer Einwohner in Shanghai ein großes Problem. Etwa 25 Prozent der deutschen Staatsangehörigen hätten laut VOA nach 2022 die Stadt verlassen. Die Zahl der französischen und italienischen Staatsangehörigen ging um jeweils 20 Prozent zurück.

Laut Wirtschaftswissenschaftler Li Songyun sei Shanghai vor allem wegen der vielen ausländischen Investitionen zu einem wirtschaftlichen Kraftzentrum in China geworden.

Die Attraktivität der Stadt habe jedoch nach den drakonischen Corona-Maßnahmen im vergangenen Jahr stark nachgelassen, was zu einer Ausländerflucht aus der Stadt führte.

In Verbindung mit einem negativen Bevölkerungswachstum und einer alternden Bevölkerung ist das, was Shanghai erlebt, wie ein beispielhafter Mikrokosmos für ganz China“, sagte der Experte gegenüber Epoch Times.

Eine aufkommende Bevölkerungskrise

Die jüngste Statistik von Shanghaier Behörden zeigt, dass die Zahl der Wanderarbeiter in der Stadt um eine Viertelmillion gesunken ist. Sie machen einen großen Teil der Fabrikarbeiter in Shanghai aus.

Die Stadt ist inzwischen auch zu einer alternden Gesellschaft geworden. Im Jahr 2022 waren fast 20 Prozent der Gesamtbevölkerung 65 Jahre und älter.

Laut einer Umfrage des Statistikamtes, über die „Yicai Global“ berichtet, wollen rund 60 Prozent der Einwohner Shanghais kein weiteres Kind.

Am 28. März veröffentlichte Shanghais Statistikamt die Bevölkerungsdaten für das Jahr 2022. Daraus geht hervor, dass die Bevölkerung Shanghais im Jahr 2022 etwa 24,759 Millionen betrug.

Davon waren 14,696 Millionen Einheimische und 10,063 Millionen Arbeiter aus anderen chinesischen Provinzen oder aus dem Ausland.

Wanderarbeiterflucht

Im Vergleich zu 2021 verzeichnete die Stadt im Jahr 2022 einen Rückgang von 257.000 Wanderarbeitern. Ein Hauptgrund für den starken Bevölkerungsrückgang.

China erlaubt seinen Bürgern nicht, frei zwischen den Provinzen zu migrieren. In den meisten Fällen behält eine Person ihren Hauptwohnsitz in der Provinz, in der sie geboren wurde. Nur, wenn man gute Gründe hat, kann man seinen Wohnsitz ändern.

Den Daten nach suchen etwa 71 Prozent der Menschen aus anderen Provinzen, die einen langfristigen Wohnsitz in Shanghai anstreben, nach Arbeit. 88,2 Prozent der Zuwanderer sind Arbeitnehmer im Alter zwischen 15 und 64 Jahren.

Trotz „Drei-Kind-Politik“ nicht mehr Kinder

Obwohl die Kommunistische Partei Chinas (KPC) im Jahr 2016 eine „Zwei-Kind-Politik“ und im Jahr 2021 eine „Drei-Kind-Politik“ einführte, entscheiden sich die meisten Familien in Shanghai für nur ein Kind. Das liegt vor allem an den hohen Lebenshaltungskosten in der Stadt.

Laut der Umfrage gaben 58,5 Prozent der Einwohner Shanghais an, dass sie nur ein Kind wollen. Nur 36,7 Prozent wollten zwei Kinder, 2,6 Prozent drei Kinder und über 2 Prozent wollten keine Kinder, berichtet „Yicai Global“.

Auf die Frage nach den Hauptgründen für den Verzicht auf ein weiteres Kind gaben 41,8 Prozent der Befragten an, sie seien „mit dem Status quo zufrieden“, 28,5 Prozent nannten „die hohen Kosten für den Kindesunterhalt und die große finanzielle Belastung“ und 13 Prozent gaben „das Alter oder andere gesundheitliche Gründe“ an.

Erstmals Bevölkerungsrückgang seit 1961

Offizielle Daten zeigen, dass die Geburtenrate in Shanghai im Jahr 2022 bei 6,77 Prozent lag, ein Rückgang gegenüber 7,52 Prozent im Jahr 2021.

Gleichzeitig lag die Sterberate in Shanghai im vergangenen Jahr bei 7,37 Prozent gegenüber 7,18 im Jahr 2021. Somit verzeichnete das Land einen Netto-Bevölkerungsverlust von 850.000 Menschen, der erste Rückgang im Jahresvergleich seit 1961.

Der Anteil der über 60-Jährigen an der Gesamtbevölkerung Shanghais betrug 25,0 Prozent. Damit stieg er im Vergleich zum Vorjahr um 1,0 Prozent. Der Anteil der über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung Chinas lag hingegen bei 18,7 Prozent und stieg damit im Vergleich zum Vorjahr um 1,3 Prozent.

Nach Angaben des Nationalen Statistikamts in China machten die über 60-Jährigen im Jahr 2022 19,8 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes aus, die über 65-Jährigen hingegen 14,9 Prozent. Diese Zahlen sind 5,2 beziehungsweise 3,8 Prozent niedriger als die von Shanghai.

Experte: Chinas Anteil an älteren Menschen wird ab jetzt nur noch schneller wachsen

Gemäß den internationalen Standards für das Altern wird ein Land oder eine Region als „alternde Gesellschaft“ bezeichnet, wenn der Anteil der über 65-Jährigen zwischen 7 und 14 Prozent liegt.

Liegt der Prozentsatz zwischen 15 und 20 Prozent, handelt es sich um eine „gealterte Gesellschaft“. Eine Gesellschaft, in der mindestens 21 Prozent über 65 Jahre alt sind, wird „super-gealterte Gesellschaft“ genannt. Nach diesen Maßstäben ist Shanghai eine „alternde Gesellschaft“.

Peng Xizhe, stellvertretender Vorsitzender des Fudan Entwicklungsinstitut in Shanghai, erklärte kürzlich gegenüber Chinas Staatsmedium „The Paper“, dass China im Jahr 1963 einen Geburtenhöchststand erlebte. Da dieser Teil der Bevölkerung in diesem Jahr 60 Jahre alt werde, würde die ältere Bevölkerung des Landes von nun an nur noch schneller wachsen.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: Shanghai’s Commercial Attractiveness Wanes as a Population Crisis Emerges (deutsche Bearbeitung nh)



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