Angst vor Kostenschock: Deutsche sparen Strom und Gas

Die drohende Kostenexplosion hat den Verbrauch von Gas und Strom in deutschen Haushalten minimiert. Aber nicht überall sind die Potenziale gleich groß.
Strompreisbremse
Überlandleitung für Strom bei Bernburg, Sachsen-Anhalt: Ab 1. Januar 2023 soll nach dem Willen der Bundesregierung die Strompreisbremse in Kraft treten.
Von 11. April 2023

Im März sind rückwirkend zum Jahresbeginn die von der Ampelkoalition beschlossenen Preisbremsen für Gas und Strom in Kraft getreten. Dennoch fürchten deutsche Haushalte, ihre Energie nicht mehr bezahlen zu können. Wie das Vergleichsportal Check24 im Auftrag des „RedaktionsNetzwerks Deutschland“ (RND) erhoben hat, ist der private Verbrauch im Vorjahr deutlich zurückgegangen.

Ein Fünftel weniger Gas verbraucht – und mehr als ein Zehntel weniger Strom

Im Jahr 2021 hatte der durchschnittliche Haushalt im Land demnach noch knapp 19.400 Kilowattstunden (kWh) Gas verbraucht. Im Vorjahr sank dieser Wert um 4.000 kWh und damit etwa 21 Prozent. Beim Strom lag die Einsparung bei 12 Prozent.

Den niedrigsten Verbrauch hatten dabei die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen zu verzeichnen. Dort lag der Durchschnittsverbrauch lediglich bei etwa 11.000 Kilowattstunden. In den Flächenstaaten verwendeten die Haushalte deutlich mehr Gas, wobei es ein starkes Ost-West-Gefälle gibt. Am höchsten lag der durchschnittliche Gasverbrauch in Sachsen mit fast 19.600 kWh.

Modernisierung von Wohngebäuden geht im Osten langsamer voran

Zu den zum Teil gravierenden Unterschieden tragen mehrere Faktoren bei. Einer davon dürfte der Grad der energetischen Sanierung sein, die bereits stattgefunden hat. Die Zahlen, die das Umweltbundesamt auf seiner Seite dazu veröffentlicht, weisen die Modernisierungsrate zwischen 2010 und 2016 aus.

Die Behörde nimmt dabei Bezug auf eine Studie des Instituts Wohnen und Umwelt (IWU) aus dem Jahr 2018. Diese weist für den untersuchten Zeitraum eine jährliche Modernisierungsrate im Wohngebäudebestand von rund einem Prozent im Jahr aus. Im Altbaubestand bis Baujahr 2018 waren es demnach 1,4 Prozent.

Auch in jenem Zeitraum war die Geschwindigkeit des Fortgangs uneinheitlich. Für die wohlhabenden südlichen Bundesländer wie Bayern und Baden-Württemberg wies die Untersuchung ein jährliches Plus von 1,6 Prozent aus. In den nördlichen waren es immerhin noch 1,4 Prozent, in den östlichen hingegen nur 1,2.

Auch bei der aktuellen Erhebung von Check24 lag die Energieersparnis in den nordwestlichen und nördlichen Bundesländern im Durchschnitt. Von den östlichen Bundesländern erreichte diesen nur Brandenburg.

Vollumfängliche energetische Sanierung ist die Ausnahme

Eine aktuellere Studie stammt von der „Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V.“ und hat die aktuelle Bewertung des Wohngebäudebestands mit Stand Februar 2022 zum Inhalt. Sie geht davon aus, dass sich die jährliche energetische Ist-Modernisierungsrate darin auf etwa vier Prozent erhöht hat.

Die Modernisierungseffizienz insgesamt liege bei etwa 8,8 Prozent. Es finden demnach zwar energetische Modernisierungen an einer verhältnismäßig hohen Zahl von Gebäuden statt. Allerdings handele es sich im Regelfall um Teilflächen und nicht um umfassende Sanierungen.

Die Bundesregierung definiert eine energetische Sanierungsrate von mindestens 2-2,5 Prozent auf den Standard des „Effizienzhauses 55“ als ihre Zielvorstellung. Dies sei erforderlich, um die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes im Sinne einer Klimaneutralität bis 2045 zu erfüllen.

Dichtere Besiedelung und Mehrfamilienhäuser in den Stadtstaaten

Neben dem energetischen Modernisierungsgrad spielen aber noch weitere Faktoren eine Rolle bezüglich des Einsparungspotenzials bei Strom und Gas. Dazu gehört die Häufigkeit tieferer Temperaturen, aber auch die Anzahl an Sonnenstunden. Was diese anbelangt, sind der Südwesten des Landes und Länder wie Sachsen-Anhalt und Thüringen in der Spitzengruppe.

Auch Wohnform und Etage der Wohnstätte beeinflussen das Potenzial zur Einsparung von Strom und Gas. Ein Einfamilienhaus erhöht die Kontrolle über die eigenen Energieverbrauchsgewohnheiten, da die Abhängigkeit vom Verbrauch anderer Bewohner geringer ist. Auch lässt sich der Verbrauch über die Fläche besser kontrollieren – etwa durch geringeres Beheizen einzelner Räume oder Bereiche.

Demgegenüber profitieren Bewohner höherer Etagen von Mehrfamilienhäusern davon, dass die Wärme der darunterliegenden Einheiten nach oben steigt. Dieser Effekt hat mutmaßlich in den dicht besiedelten Stadtstaaten einen Beitrag zum geringeren Energieverbrauch geleistet.

Einsparpotenziale beim Strom schneller ausgereizt als beim Gas?

Weitere Einsparungspotenziale eröffnen die Verwendung energieeffizienter Geräte, der Verzicht auf Standby oder das Abschalten von Lichtern beim Verlassen eines Raums. Perspektivisch kann auch künstliche Intelligenz noch weitere Möglichkeiten auftun, Energie im Haushalt zu sparen.

KI-gesteuerte Systeme zum Energiemanagement sind jedoch zum einen eine Frage des Geldbeutels. Zum anderen setzen sie vielfach bereits das Bestehen einer darauf ausgerichteten Wohneinheit voraus. Das geerbte Altbauhaus auf dem Dorf im Salzlandkreis stellt dies im Regelfall nicht dar. Dass die Einsparung von Strom trotz des Preisdrucks geringer ausfiel als jene beim Gas, deutet zudem an, dass die Potenziale dort schneller ausgereizt sein könnten.

(Mit Material von dts und AFP)



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