BaFin-Präsident: Turbulenzen im Bankenmarkt nicht ausgestanden

Die deutschen Banken haben die jüngsten Schockwellen an den internationalen Finanzmärkten bislang in Summe gut überstanden. Doch Entwarnung wollen die hiesigen Aufseher nicht geben.
Der Sitz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) in Frankfurt am Main.
Am Sitz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Frankfurt am Main.Foto: Boris Roessler/dpa
Epoch Times9. Mai 2023

Die Finanzaufsicht BaFin warnt nach den jüngsten Turbulenzen im internationalen Bankenmarkt die Institute in Deutschland vor Sorglosigkeit. „Das deutsche Bankensystem erweist sich bisher als stabil und widerstandsfähig“, sagte der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Mark Branson, in Frankfurt am Main. „Trotzdem müssen wir wachsam sein.“ Es sei insgesamt „nicht sicher, dass diese schwierige Phase hinter uns liegt. Stressphasen entwickeln sich oft in Schüben“.

In den USA waren seit Anfang März drei Regionalbanken nach enormen Mittelabzügen aufgrund von Liquiditätssorgen kollabiert. In Europa war die Großbank Credit Suisse, die bereits vorher Probleme hatte, dank einer staatlich organisierten Notübernahme durch die größere UBS vor dem Untergang gerettet worden. Ein Problem für die Institute: Die rasant gestiegenen Zinsen nach Jahren von Null- und Negativzinsen.

„Stresstest in Echtzeit“

„Seit März durchlebt das weltweite Finanzsystem eine Art Stresstest in Echtzeit“, sagte Branson und mahnte die Finanzbranche in Deutschland: „Eine Haltung „so etwas könnte in Europa nicht passieren“ wäre aus meiner Sicht total fehl am Platz.“

Insgesamt wirkten sich die steigenden Zinsen zwar positiv auf die Ertragslage der Banken aus, sagte Branson. Mehrere kleinere Institute in Deutschland hätten jedoch ihre stillen Reserven zum Abfedern der Zinsrisiken aufgebraucht. „Eine Handvoll kleiner Institute mit geringen Reserven und Kapitalpuffern und aktuell hohen Zinsänderungsrisiken begleiten wir besonders eng“, sagte Branson. Es habe aber keinen „großen Zuwachs in der Anzahl von notleidenden Banken“ hierzulande gegeben. Der BaFin-Präsident betonte mit Blick auf den gesamten deutschen Bankenmarkt: „Bisher sehen wir hier keine Gefahr für eine systemische Krise.“

Soziale Netzwerke als Brandbeschleuniger

Als Brandbeschleuniger für Krisen erweisen sich nach Einschätzung der BaFin soziale Netzwerke: „Bank-Runs und Liquiditätskrisen entstehen heutzutage viel schneller als früher“, stellte Branson fest. „Binnen Sekunden lassen sich über die sozialen Medien Informationen und Gerüchte verbreiten. Und übers Online-Banking Einlagen abziehen. Zu jeder Tageszeit und an fast jedem Ort der Welt. So gerieten einige Banken in kurzer Zeit in eine Liquiditätskrise.“

Bei deutschen Instituten gebe es „keine rationalen Gründe für eine Liquiditätskrise“, betonte der BaFin-Chef. „Aber es gibt auch irrationale Ängste“, sagte Branson: „Gegen die Ansteckungsgefahren aus der Nervosität in den Märkten, da ist kein System immun.“

Seit der Finanzkrise 2007/2008 sei das globale Finanzsystem stabiler geworden. „Wir haben bereits vieles geschafft, doch wir sind noch lange nicht fertig“, sagte Branson. „Aus meiner Sicht müssen wir es schaffen, dass die Schieflage eines kleineren oder mittelgroßen Instituts keine unnötigen Ansteckungsängste mehr auslöst.“

Auch große systemrelevante Banken müssten im Fall einer Schieflage abgewickelt werden können. „Das war ein zentrales Anliegen der Reformen nach der Krise 2007/2008. Nie wieder sollte ein Institut zu groß zum Scheitern sein. Dieses Ziel dürfen wir nicht aufgeben“, forderte Branson. (dpa/red)



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