Bankenrun durch Fake News? Bundesbankpräsident warnt vor Szenario wie bei Silicon Valley Bank
Eine Taskforce der Bankenaufsicht soll künftig die sozialen Medien überwachen. Das hat Bundesbankpräsident Joachim Nagel in einem Interview mit dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) gefordert. In Südkorea sei ein solches System bereits etabliert, so Nagel, und auch in Deutschland sei es vonnöten. Andernfalls drohe beispielsweise ein Bankenrun aufgrund von Fake News.
Bundesbankpräsident verweist auf Zusammenbruch der Silicon Valley Bank
Nagel verweist auf das Beispiel der Silicon Valley Bank in den USA. Im März hatte die US-Finanzaufsichtsbehörde Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) diese geschlossen und unter sofortige Zwangsverwaltung gestellt. Es handelte sich um die zweitgrößte Bankeninsolvenz der US-Geschichte.
Hintergrund war, dass die Bank durch Anleihegeschäfte nicht realisierte Verluste in einer Höhe angesammelt hatte, die höher lag als ihr Eigenkapital. Allerdings war ein klassischer Bankenrun der unmittelbare Anlass für die Maßnahme. Kunden stürmten in Massen die Bank, mit der Folge, dass dieser die mobilisierbaren Geldbestände auszugehen drohten. Daraufhin schritt die US-Aufsichtsbehörde FDIC ein.
Bundesbankpräsident Nagel sieht jedoch in den sozialen Medien einen Faktor, der die Entwicklung entscheidend beschleunigt hätte. Nagel ist davon überzeugt, dass ein solches Szenario auch in Deutschland möglich wäre. Grund dafür könnte etwa eine professionell durchgeführte Kampagne von Fake News sein.
Zweifel an Bankenrun-Qualität von Twitter & Co
Kritisch sieht das Leibniz-Institut die Äußerungen des Bundesbankpräsidenten. Gegenüber dem MDR äußerte dessen Direktor Florian Heider, die von Nagel angesprochene Gefahr sei gering. Ihm sei kein Fall bekannt, in dem Fake News, die sich über soziale Medien verbreitet hätten, tatsächlich Banken destabilisiert hätten. Die Wahrscheinlichkeit, dass Twitter einen Bankenrun verursachen könnte, sei „zu kurz gegriffen“.
Auch der Ökonom und Verleger Egon W. Kreutzer zeigt sich ob der Aussagen des Bundesbankpräsidenten überrascht. Auf seinem eigenen Blog wirft er Nagel vor, dadurch die seit Jahren im Netz kursierende Crash-Prophetie anzuheizen. Immerhin hätten Äußerungen eines Bundesbankpräsidenten potenziell deutlich stärkere Wirkungen als beliebige Social-Media-Beiträgen.
In der Zeit der Eurokrise Anfang der 2010er-Jahre hatte es in sozialen Medien einige Aufrufe zu Bankenruns gegeben. Die Wirkung blieb jedoch kaum wahrnehmbar.
Kreutzer: Bankenrun eher aufgrund von Real News
Kreuzer sieht weniger in Fake News mögliche Auslöser von Bankenruns als in der tatsächlichen Wirtschaftslage. Viele Kunden hätten die naive Vorstellung, das Geld, das sie auf ihren Bankkonten lagerten, „liege im Tresor der Bank und könne jederzeit wieder herausgegeben werden“.
Tatsächlich schrieben die EZB-Vorschriften über die Haltung einer Mindestreserve lediglich die Vorhaltung liquider Bestände von einem Prozent vor. Verbreite sich dieses Wissen unter einfach gestrickten Kunden, könnten diese schlimmstenfalls tatsächlich auf die Idee kommen, ihr Geld abzuheben. Daraus könne tatsächlich eine Panik entstehen.
Offenbar plagten Nagel jedoch tatsächliche Sorgen, meint Kreutzer, und diese könnten ihn auch zu seinen Aussagen veranlasst haben. Der Ökonom nennt in diesem Zusammenhang den Kapitalabfluss aus Deutschland. Dieser habe schon im Vorjahr einen Saldo von insgesamt 132 Milliarden US-Dollar erreicht.
Gesamtwirtschaftliche Lage eine Gefahr für die Banken
Ein weiterer Faktor sei zudem die prekäre gesamtwirtschaftliche Lage, die geprägt sei von schlechter Stimmung, Inflation, Geschäftsaufgaben, Fachkräftemangel und mangelnder Planungssicherheit. Die Insolvenzen nehmen zu, und mit jeder von ihnen müssten Banken Forderungen gegen Schuldner abschreiben.
Demgegenüber sei das Neugeschäft im Bereich der Kreditvergabe de facto zusammengebrochen. Allein im Bereich der Baufinanzierung sei das Neugeschäft um die Hälfte zurückgegangen. Eine Besserung sei nicht in Sicht. Für Kreutzer ist auch das ein Alarmsignal:
Auch das führt letztlich zu einem Rückgang der Liquidität, zu realisierten Verlusten und damit zum Schrumpfen des Eigenkapitals der Banken.“
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